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TTempolimit in Wiepenkathen: Bürgermeister will Raser ausbremsen

Sieht eng aus – ist es auch. Auf der Alten Dorfstraße passen Lieferwagen und KVG-Bus kaum aneinander vorbei.

Sieht eng aus – ist es auch. Auf der Alten Dorfstraße passen Lieferwagen und KVG-Bus kaum aneinander vorbei. Foto: Alexandra Bisping

Die Alte Dorfstraße in Wiepenkathen ist eng, kurvig – und wird schnell befahren. Aktuell gilt Tempo 50. Ortsbürgermeister Deede möchte das ändern. Was sagt die Stadt?

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Von Alexandra Bisping
Dienstag, 07.11.2023, 16:00 Uhr

Stade. Horst Deede, Ortsbürgermeister in Wiepenkathen, weiß nicht mehr genau, wann er zum ersten Mal Tempo 30 auf der Alten Dorfstraße gefordert hat. Auf jeden Fall ist es schon viele Jahre her, sagt er. Damals wurde in Hagen und Haddorf Tempo 30 eingeführt. Und damals hatte er auch einen Antrag für Wiepenkathen eingereicht. „Ich wurde aber von meinen Parteikollegen zurückgepfiffen“, sagt er. Horst Deede gehört der Partei UBLS (Unabhängige Bürger Liste Stade) an. Vor zwei Jahren hat er Akten vernichtet. Der Antrag war auch dabei. „Schade, dass ich den nicht mehr habe“, sagt Deede. Denn für sein Anliegen gibt es neue Hoffnung.

Planungsbüro hat Tempo 30 vorgeschlagen

Jetzt sind andere Zeiten. Jetzt gibt es ISEK Stade 2040, das Integrierte Stadtentwicklungskonzept. Das Planungsbüro PGT Umwelt und Verkehr GmbH aus Hannover, das für die Stadt das Konzept erarbeitet hat, schlägt für die Alte Dorfstraße Tempo 30 vor. Für die eng getakteten Fahrpläne der KVG-Busse könnte das problematisch werden. Sie kämen möglicherweise später an. Darunter würden wiederum Pendler leiden, die ihre Anschlüsse nicht mehr erreichen. Doch auch da gebe es einen Vorschlag, sagt Deede. Für die KVG war nämlich Tempo 40 im Gespräch. „Da hätten sie zugestimmt.“ Dem Ortsbürgermeister ist Tempo 30 ein ernstes Anliegen. „Es wird immer schlimmer“, sagt er.

Im Ort ändert sich die Altersstruktur. Ältere Menschen seien weggezogen, jüngere zugezogen. Deede findet: „Es wird immer mehr gerast.“ Er nennt Verschwenkungen, mit denen versucht wurde, gegenzusteuern. Oder Schweller, beispielweise in der Lindenstraße. Mit ihnen wurde versucht, Tempo rauszunehmen. Doch die wurden nach ein paar Wochen wieder abgebaut, sagt Deede. Dort ist jetzt Tempo 30, auch am Schwingeacker. Und dort, wo Buslinien entlangfahren, sei weiter Tempo 50. Dazu zählt eben auch die mehr als zwei Kilometer lange Alte Dorfstraße – obwohl da schon mit mehr als dem doppelten Tempo gefahren worden sein soll.

In der Alten Dorfstraße wird gerast

Horst Deede erinnert sich an Geschwindigkeitsmessungen. Ein Fahrer sei mit 120 km/h an der dort ansässigen Grundschule vorbeigerast. Und Blitzer zur Hauptverkehrszeit hätten einmal 30 Fahrzeuge in einer halben Stunde erwischt – ein zu schnelles Fahrzeug pro Minute. „Es gab schon mehrere Unfälle bei den Fahrbahnverschwenkungen. Autofahrer waren einfach zu schnell und sind dann gegen Bäume gefahren.“

Einen schweren Unfall im Februar 2020 gab es auch: Ein junger Mann war vor einer Polizeikontrolle geflüchtet. Auf der Alten Dorfstraße hatte er in einer Linkskurve den Bordstein überfahren und war ins Schlingern geraten. Nach zweimaligem Überschlagen war er frontal gegen einen Baum geprallt.

Für Deede ein weiterer Grund, „dass sie Radfahrer auch schon auf die Straße geholt haben“. An anderen Stellen in Stade begrüßt der Ortsbürgermeister ebenfalls ein Tempolimit. Zum Beispiel am Hafen: Dort hat das Planungsbüro Tempo 20 im Blick. Für Deede macht das Sinn, „vor allem, wenn der Tourismus ausgeweitet wird“.

Eine Novellierung und was die Stadt Stade dazu sagt

Horst Deede könnte eine Novellierung der Straßenverkehrsordnung in die Hände spielen. Die Bundesregierung hatte im Oktober angekündigt, dass sie Ländern und Kommunen mehr Spielraum für die Verkehrsplanung geben will. „Der Schutz von Umwelt, Klima und Gesundheit sowie Vorteile für den Städtebau sollen stärker berücksichtigt werden“, ist auf ihrer Website zu lesen.

Und weiter: „Die vorgesehene Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften eröffnet insbesondere neue Handlungsspielräume für Länder und Kommunen. Verkehrsbehörden könnten künftig leichter eine Tempobeschränkung von 30 km/h anordnen, in Bezug auf Vorfahrtstraßen, Spielplätze und viel genutzte Schulwege“, heißt es. Diese und weitere Änderungen im Verkehrsrecht habe das Bundeskabinett auf den Weg gebracht.

Die Verkehrsbehörde der Stadt Stade sieht derzeit keine Gründe, Tempo 30 in Wiepenkathen auszuweiten. Wohngebiete um die Alte Dorfstraße hätten fast alle eine entsprechende Tempo-30-Regelung. Auf der Alten Dorfstraße gebe es sie abschnittsweise im Bereich der Grundschule. Die gemessenen Geschwindigkeiten seien ebenso unauffällig wie die Unfallstatistiken, so dass vor einigen Jahren die Straße für Radfahrer freigegeben worden sei. Nicht zu vergessen, dass – anders als in Haddorf und Hagen - durch die Busse der KVG die Straße eine „übergeordnete Verkehrsbedeutung“ habe.

Für die Einrichtung einer Tempo-30-Zone sei eine umfängliche Prüfung vorzunehmen. Dafür ist eine konkrete Gesetzesänderung erforderlich beziehungsweise ein Erlass konkreter Handlungsanweisungen vom Ministerium.

Die Alte Dorfstraße zweigt von der B74 ab, führt durch Wiepenkathen und auf die B74 zurück.

Die Alte Dorfstraße zweigt von der B74 ab, führt durch Wiepenkathen und auf die B74 zurück. Foto: Google Maps

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