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Dauerlauf

TVom Laufanfänger zum Ultraläufer: Ein Hobbysportler beim Fitnesscheck

Robert Ebner, Volontär bei der Nordsee-Zeitung, bei der Spiroergometrie im Ameos-Klinikum in Bremerhaven.

Robert Ebner, Volontär bei der Nordsee-Zeitung, bei der Spiroergometrie im Ameos-Klinikum in Bremerhaven. Foto: Scheschonka

737 Kilometer am Stück laufen. Für einen Hobbysportler ein ambitioniertes Vorhaben. Spielt der Körper mit? Vorab-Check beim Arzt.

Von Robert Ebner Samstag, 08.03.2025, 08:00 Uhr

737 Kilometer ohne echte Unterbrechung laufen. Viereinhalb Tage ohne richtigen Schlaf. Diesen Weltrekord stellten im vergangenen Jahr Merijn Geerts, Frank Gielen und Ivo Steyaert aus Belgien auf, die diese Distanz jeweils zurücklegten und sich damit auch die Team-Weltmeisterschaft in einem ganz besonderen Ultralauf sicherten: dem „Backyard Ultra“, auch bekannt als „Last Man Standing Ultramarathon“.

Dabei wird so lange gelaufen, bis nur noch ein Läufer übrig bleibt. Am Ende gibt es nur einen Sieger. Da die drei Belgier das Rennen gemeinsam beendeten, gibt es den Regeln entsprechend offiziell keinen Sieger. Das Rennen kann mehrere Tage dauern – ein Wettkampf für Menschen, für die sich ein Marathon anfühlt wie der kurze Weg über die Straße, um Brötchen zu holen.

Ein solches Rennen findet am Samstag, 10. Mai, in Bremen statt: der „Katzen Sprung‘s Backyard Ultra (KSBU)“.

Vom Laufanfänger zum Ultraläufer in kurzer Zeit

Vor sieben Monaten habe ich mit dem Laufen angefangen. Nach drei Kilometern kam ich mit brennender Lunge und flehend um ein Sauerstoffzelt wieder an meiner Wohnungstür an. Ich war nie ein Läufer und empfand es immer als Qual. Doch mit dem Ziel, fitter zu werden, blieb ich dran.

Nach zwei Monaten lief ich meinen ersten Marathon. Nach fünf Monaten folgte mein erster Ultramarathon: 51 Kilometer mit 1350 Höhenmetern in weniger als sieben Stunden. Jetzt nehme ich am KSBU teil, um meine eigenen körperlichen Grenzen auszuloten.

Bei dem Extremlauf müssen Runden von 6,706 Kilometern Länge gelaufen werden – jede innerhalb einer Stunde. Die verbleibende Zeit bis zur vollen Stunde kann zur Erholung, zum Essen und Trinken genutzt werden. Pünktlich zur nächsten Stunde muss der Läufer wieder am Start stehen.

Ausdauersportler sind schon bei Wettkämpfen gestorben

Für eine Bestandsaufnahme meines körperlichen Zustands lasse ich mich einmal von einem Experten durchchecken. Grund dafür ist, dass ich mir der körperlichen Strapazen bewusst bin. Viele Stunden am Stück zu laufen, hat starke Effekte auf uns. Die Belastung für den Körper ist extrem. Es ist in der Vergangenheit schon mehrfach vorgekommen, dass Ausdauersportler bei einem Rennen kollabieren oder sogar verstorben sind.

Beispielhaft sind hier die Todesfälle des Ultramarathonläufers Micah True und des bekannten US-amerikanischen Marathonläufers Ryan Shay, die jeweils an Herzrhythmusstörungen verstorben sind. Diese sind bei beiden Athleten auf ein vergrößertes und vernarbtes Herz zurückzuführen. Das Herz muss bei extremen Ausdauersportarten eine bis zu fünfmal größere Blutmenge verarbeiten und das kann aufgrund der hohen Belastung zu Schäden führen, die zu Narben werden können.

Das Herz wird auf Herz und Nieren geprüft

Die Anspannung ist da. Denn eine solche Untersuchung habe ich bisher noch nicht gemacht. Harald Trautmann, Oberarzt am Ameos-Klinikum am Bürgerpark in Bremerhaven, nimmt sich der Sache an.

Bei der ersten Untersuchung wirft Harald Trautmann einen Blick auf mein Herz. Ziel ist es, angeborene Herzfehler auszuschließen und die Funktionstüchtigkeit der Herzklappen zu überprüfen. Dazu wird eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt.

Alles scheint einwandfrei zu funktionieren. Mein Herz ist mit 57 Millimetern jedoch recht groß. „Das liegt über der Norm, ist aber unproblematisch. Es handelt sich um ein Sportlerherz“, erklärt Harald Trautmann.

Der Herzmuskel wird bei Ausdauersportlern stärker beansprucht, wodurch er als Anpassungsreaktion wächst. Die obere Norm der Herzgröße liegt eigentlich bei 55 Millimetern. Ich liege zwei Millimeter darüber.

Lungenfunktionstest: „Da geht mehr“

Als Nächstes steht ein umfangreicher Lungenfunktionstest an, die sogenannte Bodyplethysmografie. Dafür sitze ich in einer luftdichten Kammer und atme nach Anleitung von Krankenschwester Sinikka Trautmann in ein Mundstück. Sie überwacht die Durchführung und wertet die Ergebnisse aus.

Meine Lungenfunktion zeigt keine Mängel. Die Vitalkapazität – also die Differenz zwischen maximaler Ein- und maximaler Ausatmung – ist eine der wichtigsten Kennzahlen. Mein Wert liegt bei 7,62 Litern, während der Soll-Wert bei 6,43 Litern liegt.

Bei einer weiteren Messung wird mir ein Wert von 91 Prozent mitgeteilt. Erschöpft von den Atemübungen und überzeugt, dass dies ein guter Wert ist, frage ich nach einer Einschätzung. Sinikka Trautmann meint trocken: „Da geht mehr.“

Auf dem Fahrrad bis ans Limit strampeln

Nach einem Diffusionstest zur Überprüfung der Gasaustauschfähigkeit der Lunge – ohne Auffälligkeiten – folgt eine Belastungsprüfung von Lunge und Herz-Kreislauf-System: eine Spiroergometrie auf dem Fahrrad.

Harald Trautmann merkt an, dass diese Untersuchung für mich nicht optimal ist, da mein Wettkampf ein Laufevent und kein Radrennen ist. Dennoch lassen sich Rückschlüsse auf meinen Fitnesszustand ziehen.

Ich werde verkabelt und atme durch eine spezielle Maske. Dann heißt es: treten, bis der Arzt kommt – mit dem Unterschied, dass der Arzt bereits da ist. Zum Glück. Die Belastung dauert mehrere Minuten, es geht bis ans absolute Limit. Schweiß tropft mir von der Stirn, ich bin völlig erschöpft und atme schwer. Sinikka Trautmann reicht mir ein dringend benötigtes Handtuch.

Ich erreiche eine maximale Belastung von 388 Watt. Damit könnte ich 15 Glühbirnen betreiben. Wirtschaftlich ist diese Idee wahrscheinlich nicht. Da Harald Trautmann seit 2018 auch die Spieler der Fischtown Pinguins untersucht, frage ich, wie meine Werte im Vergleich zu den Profis der DEL abschneiden. „Der Wert ist im Vergleich mit manchen Spielern sogar höher“, meint er. Insgesamt bescheinigt mir Harald Trautmann eine gute physische Verfassung.

Das Gewicht könnte auf Dauer zum Problem werden

Mich interessiert, wie sich ein so langer Lauf wie der im Mai auf meine Gelenke auswirkt. Ein einzelnes Rennen sei kein Problem, erklärt der Arzt. Wer jedoch über Jahre hinweg eine hohe Belastung aufrechterhält, müsse mit Verschleißerscheinungen rechnen. „Als Leistungssportler muss man auch mit den Konsequenzen klarkommen“, macht Harald Trautmann deutlich.

Zum Abschluss gibt mir der Oberarzt noch einen vorsichtigen Rat: „Sie könnten ein paar Kilo loswerden …“ Ich bin erleichtert, als ich merke, dass sein Satz noch nicht zu Ende ist: „… wenn Sie die maximale Leistung abrufen wollen.“

Mit meinen 100 Kilogramm bei einer Größe von 1,95 Metern entspreche ich nicht dem idealen Läufertyp. „Das hohe Gewicht zu tragen, kostet einfach Energie“, erklärt er. Harald Trautmann selbst ist übrigens kein Läufer. Früher spielte er Fußball. „Gib einem Mann einen Ball, und er ist glücklich“, scherzt Sinikka Trautmann.

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