TVon Fritten und Friedhöfen: Salut Salon begeistern in Buxtehude

Voller Körpereinsatz: Die Musikerinnen von Salut Salon begeistern mit ihrer Show an zwei Abenden das Buxtehuder Publikum. Foto: Stehr
Das weltbekannte Frauen-Quartett Salut Salon begeisterte mit vollem Körpereinsatz an zwei Abenden auf der Halepaghen-Bühne - und legte einen ungewöhnlichen Abgang hin.
Buxtehude. Vorpremiere für Salut Salon und ihr neues Programm „Heimat“ - und Premiere für den gemeinnützigen Kleinkunst-Igel e.V., der seit fast 50 Jahren das kulturelle Leben in der Hansestadt Buxtehude mit hochwertigen Veranstaltungen bereichert. „Dass zwei Konzerte im Handumdrehen ausverkauft waren, hatten wir noch nie“, sagt Dr. Achim von Arciszewski, Vorsitzender des ehrenamtlich organisierten Vereins. Zusammen mit dem 2. Vorsitzenden Burkhard Seidel schaut er kurz vor Einlass an der Bühne nach dem Rechten.

Dr. Achim von Arciszewski (links) und Burkhard Seidel vom Buxtehuder Kleinkunst-Igel e.V. haben Salut Salon auf die Halepaghen-Bühne geholt. Im Hintergrund bereitet sich Angelika Bachmann auf das Konzert vor. Foto: Stehr
Hier spielt Angelika Bachmann, Gründerin und erste Geigerin von Salut Salon, gerade ihr Instrument ein. „Hast du alles, was du brauchst?“, fragt von Arciszewski und gibt der Musikerin die Hand. Die Hamburgerin wirkt entspannt, ist vorher noch an der Este spazieren gegangen und findet Buxtehude einfach schön, verrät sie.
Mit insgesamt neun anderen Frauen tritt Angelika Bachmann inzwischen seit 23 Jahren abwechselnd als kammermusikalisches Quartett auf der ganzen Welt auf und füllt große Säle. Im September spielen Salut Salon im großen Saal der Elbphilharmonie vor mehr als 2000 Menschen.
Steinway-Flügel und rühriger Verein locken auf die Halpaghen-Bühne
Dass sie ihr neues Programm vorab in Buxtehude vor knapp 600 Zuhörern pro Abend präsentieren, ist dem Engagement des Kleinkunst-Igel-Vereins geschuldet, der das Konzert in Kooperation mit dem Buxtehuder Kulturbüro veranstaltet. „Alle Künstler bekommen ein spitze Catering von uns und werden im Hotel Navigare untergebracht“, sagt von Arciszewski.
Auch ein Fahrdienst wird von den Ehrenamtlichen organisiert. Aus finanzieller Sicht sei das für den Verein, der keine öffentliche Förderung erhält, schon eine Hausnummer. Die Kosten müssen durch die Einnahmen gedeckt werden.
Ohne den Steinway-Flügel auf der Halepaghen-Bühne wären Konzerte wie von Salut Salon übrigens ebenfalls undenkbar, betont Achim von Arciszewski. So könnten die Künstler hier realistisch für ihre ganz großen Auftritte üben.

Salut Salon mit Oskar, der Handpuppe. Angeblich liebt er spanische Musik. Foto: Stehr
Dabei ist auch der Auftritt auf der Halepaghen-Bühne ganz großes Konzert-Kino, und das nicht nur für Klassik-Fans. Von der ersten Minute reißen die vier Frauen die Zuhörer mit ihrer lebhaften Performance mit, animieren zum Mitklatschen und versprühen pure Lebensfreude.
Dann wird es düster. Totentanz von Saint-Saëns. Alle Frauen tragen Schwarz, die beiden Violinistinnen Angelika Bachmann und Alvina Lahyani zeigen Bein, ein bisschen sexy darf es schon sein. Am Violoncello sitzt Joke Flecijn, am Piano Kristiina Rokashevich.

Hier teilen sich drei Frauen ein Instrument. Insgesamt gehören zu Salut Salon zehn Musikerinnen, die sich vier Instrumente teilen. Foto: Stehr
Im Laufe des Abends gibt es sanfte und dramatische, melancholische und fröhliche, bekannte und selbst komponierte Klänge auf die Ohren. Keine Musikerin verharrt auf ihrem Platz, alle sind immer in Bewegung. In ihrer unkonventionellen Art, klassische Musik zu präsentieren und neu zu interpretieren, wirbeln die Frauen musizierend und singend über die Bühne, Haare fliegen, Rauch steigt auf, einmal fängt sogar der Bogen von Joke Feuer.
Bei Misirlou, dem hauptsächlich aus Pulp Fiction bekannten Lied, schwebt der Bogen wie von Zauberhand durch die Luft. Zwischendurch unterstützt auch Handpuppe Oskar das Quartett am Violoncello.
Streitgespräch: Was bedeutet eigentlich Heimat?
Im zweiten Teil kommt das Quartett in Outfits in Blau, Grün, Gelb und Rot auf die Bühne und zündet erneut ein Feuerwerk für Augen und Ohren - inklusive türkischer Tanzeinlage von Alvina, irischem Stepptanz und finnischer Polka. Dann gibt es Streit darüber, was Heimat ist, denn darum geht es im Programm. „Für mich sind es Fritten“, sagt Joke, die aus Belgien stammt. Am liebsten mit Hähnchen, Apfelmus und ganz viel Mayo.
Kristiina mit estnischen Wurzeln bezeichnet den Friedhof, auf dem ihre Vorfahren liegen, als Heimat. Für die Ukrainerin Alvina ist Heimat gar nicht an einen Ort gebunden, sondern an Menschen. Vielleicht sei Heimat eine ewige Suche, sagt Angelika Bachmann. Ein Mosaik aus Ankommen und Weiterziehen. Auch Musik könne eine Heimat sein.

Für Klassik-Fan Angelika Deden (links) aus Ottendorf bei Ahlerstedt war Salut Salon eine ganz neue Erfahrung. Claudia Müller aus Hamburg kannte die Gruppe schon. Beide waren restlos begeistert. Foto: Stehr
Mit dieser musikalisch-schauspielerischen Mischung aus Leichtigkeit, Humor und Tiefgründigkeit treffen Salut Salon offenbar einen Nerv. Restlos begeistert ist Angelika Deden aus Ottendorf bei Ahlerstedt.
Für sie als Klassik-Fan sei das Konzert etwas ganz Neues und einfach großartig gewesen. Ihre Begleiterin Claudia Müller aus Hamburg hat Salut Salon vor gut zehn Jahren schon einmal gesehen und war heute ganz angetan von den schönen Stimmen der Frauen.

Paula (links) und Lina Pichelmann kamen mit ihrer Oma Charlotte Pichelmann extra aus Hamburg nach Buxtehude. Foto: Stehr
Extra aus Hamburg reisten auch Lina (15) und Paula (19) Pichelmann mit ihrer Großmutter Charlotte Pichelmann an. „So was hätte ich von klassischer Musik nicht erwartet“, sagt Paula.
Die Buxtehuder Ute Milke sowie Helmut und Karin Desor waren neugierig und am Ende restlos begeistert von der spritzigen Show. „Man merkt den Frauen an, dass sie großen Spaß haben, gleichzeitig haben sie mich zum Nachdenken angeregt“, sagt Karin Desor.

Ute Milke (rechts) hatte gemeinsam mit Helmut und Karin Desor einen kurzweiligen Abend. Alle drei waren begeistert von der mitreißenden und lebhaften Vorstellung. Foto: Stehr
Am Ende gibt es stehende Ovationen und einen ungewöhnlichen Abgang. Das Quartett verlässt spielend den Saal und führt das Publikum ins Foyer.
Hier sammeln die Frauen noch Spenden für soziale Projekte für Kinder in aller Welt - und musizieren dabei fröhlich weiter.