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Beförderungsgewerbe

TVon kurios bis dreist: Was fünf Taxifahrer aus Bremerhaven erlebt haben

Taxifahrer erleben viele kuriose Dinge in ihrem Berufsalltag: Bremerhavener Taxifahrer erzählen von besonderen Erlebnissen.

Taxifahrer erleben viele kuriose Dinge in ihrem Berufsalltag: Bremerhavener Taxifahrer erzählen von besonderen Erlebnissen. Foto: Federico Gambarini/dpa

Taxifahrer treffen täglich auf die unterschiedlichsten Menschen. Dabei geraten sie oft in Situationen, die kurios oder auch emotional sein können. Fünf von ihnen erzählen von ihren Erlebnissen.

Von Robert Ebner Montag, 04.08.2025, 06:50 Uhr

Bremerhaven. Rund 250.000 Taxifahrerinnen und Taxifahrer sind in Deutschland im Einsatz. In Bremerhaven sind etwa 100 Taxis zugelassen. Sie befördern Menschen aus aller Welt, mit den unterschiedlichsten Berufen, zu jeder Uhrzeit, von einem Ort zum nächsten. Das Potenzial für viele Geschichten ist also groß. Und fast jeder ist schon mal in einem Taxi gewesen und erinnert sich noch Jahre später an die ein oder andere kuriose Situation.

Hier folgt nun eine kleine Sammlung von Geschichten Bremerhavener Taxifahrer.

Vermeintliche Ausländer im Taxi

Dietmar „Didi“ Dröge (73): Seit 15 Jahren arbeitet Dietmar „Didi“ Dröge mittlerweile als Taxifahrer in Bremerhaven. In dieser Zeit ist ihm eine besonders lustige Geschichte im Gedächtnis geblieben. Fahrgäste waren mit dem Schiff am Columbusbahnhof angekommen und stiegen bei ihm ins Taxi.

Seit 15 Jahren ist Dietmar Dröge (73) Taxifahrer: In dieser Zeit hat er viele besondere Geschichten erlebt.

Seit 15 Jahren ist Dietmar Dröge (73) Taxifahrer: In dieser Zeit hat er viele besondere Geschichten erlebt. Foto: Ebner

„Die Leute waren nicht von hier“, erzählt Dröge. Das habe er daran gemerkt, dass sie eine Sprache sprachen, die er nicht verstand. Deshalb sprach er sie auf Englisch an. Im Hafen brachte er sie zu einem Autoimporteur. Beim Aussteigen und der Verabschiedung stellte sich dann heraus, dass die Gäste aus Bayern kamen. „Das war natürlich sehr lustig. Die haben sich auch gefragt, warum hier ein englischer Taxifahrer unterwegs ist“, erzählt Dröge schmunzelnd. Ein englischsprachiger Taxifahrer kam den Bayern dann wohl doch spanisch vor.

Der Urlaubsretter aus dem Taxi

Hartmut Nikoley (69): Dass nicht nur Polizisten „Freund und Helfer“ sein können, sondern auch Taxifahrer, weiß Hartmut Nikoley. Als der Bremerhavener Taxifahrer eines Tages die Koffer eines Paares in sein Fahrzeug lädt, fällt ihm sofort auf: Die beiden wirken sehr unglücklich. Schnell ist klar, sie stehen vor einer Katastrophe. Eigentlich wollten sie mit einem Kreuzfahrtschiff nach England reisen, doch daraus wird nichts. Sie haben ihre Reisepässe vergessen. Und kein Reisepass bedeutet kein bon voyage.

Hartmut Nikoley hat Fahrgästen mit einem Tipp schon einmal die Kreuzfahrt gerettet.

Hartmut Nikoley hat Fahrgästen mit einem Tipp schon einmal die Kreuzfahrt gerettet. Foto: Ebner

Doch Nikoley kennt solche Situationen und beruhigt das Paar. „Das ist doch kein Problem“, sagt er. Denn er weiß: Am Alten Hafen kann ein Behelfspass ausgestellt werden. Also rein ins Taxi, Passfoto gemacht und ab zur Passstelle. Dann ging es im Eiltempo weiter zum Kreuzfahrtschiff.

„Ich habe den Leuten die Kreuzfahrt gerettet“, erzählt Nikoley stolz. Ob ihm das Paar eine Postkarte geschickt hat, ist nicht bekannt – verdient hätte er sie allemal.

Großer Vertrauensbeweis für den Taxifahrer

Mohamad Abo Arshed (30): Im Juli 2023 erhielt Mohamad Abo Arshed einen besonderen Auftrag. „Ich sollte eine ältere Dame vom Krankenhaus in Bremerhaven nach Löchgau in Baden-Württemberg bringen – rund 675 Kilometer“, erzählt er.

Die Frau war zuvor mit ihren Enkeln auf einer Kreuzfahrt gewesen. Wegen gesundheitlicher Probleme musste sie ins Krankenhaus. Ihre Enkel reisten nach Hause, sie blieb zurück. Beim Abholen erfuhr Abo Arshed, dass sie vollständig blind war. Er half ihr ins Auto und verstaute das Gepäck.

Eine blinde Frau hat bei Abo Arshed einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Eine blinde Frau hat bei Abo Arshed einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Foto: Privat

„Sie war warmherzig und erinnerte mich an meine Großmutter“, erzählt er. Plötzlich bemerkte die Frau, dass ihr Portemonnaie fehlte – vermutlich war es gestohlen worden. Viel Bargeld sei nicht darin gewesen. An einer Tankstelle kauften sie Wasser. Abo Arshed legte das Geld aus.

In Löchgau angekommen, brachte er ihr Gepäck in die Wohnung. Die blinde Frau holte eine kleine Schachtel mit Geldscheinen aus der Kommode und bat ihn, ihr beim Erkennen der Beträge zu helfen. „Sie war mit mir – einem Fremden – durch halb Deutschland gefahren, hatte mich in ihre Wohnung gelassen und sich ganz auf meine Ehrlichkeit verlassen. Diese Frau hat mir vollkommen vertraut“, sagt er beeindruckt. Und er fügt hinzu: „Für viele mag es nur eine Fahrt gewesen sein – für mich war es eine bleibende Erinnerung.“

Taxifahrt in sechs Episoden

Joachim Halbig (44): Bei einer Fahrt hatte Joachim Halbig einen mysteriösen Gast. Ein Mann, jugendlich gekleidet, stieg in sein Fahrzeug. Er trug eine Flasche Sekt und eine Packung Gummibärchen bei sich. Zu Halbig sagte er: „Wir werden jetzt sehr viel Zeit miteinander verbringen.“

Joachim Halbig ist Teil des Unternehmens Taxi Halbig: In seiner Zeit als Fahrer hat er viele kuriose Dinge erlebt.

Joachim Halbig ist Teil des Unternehmens Taxi Halbig: In seiner Zeit als Fahrer hat er viele kuriose Dinge erlebt. Foto: Ebner

  • 1. Fahrt: Es ging vom Haus des Gasts zu einer Gärtnerei. Dort stornierte der ominöse Fahrgast eine Bestellung von Palmen, weil ihm die Lieferung zu lange gedauert habe. „Der Mann hatte Geld – das konnte man an seiner Kleidung, seinem Verhalten und seinem Haus erkennen“, erzählt Halbig.
  • 2. Fahrt: Es ging zu einer Tankstelle. Der Mann wollte mehr Sekt kaufen. Sein Auftreten war sehr bestimmt. „Das hat mir auch ganz schön Angst gemacht“, sagt Halbig – vor allem wegen seines Satzes zu Beginn. Von wegen viel Zeit miteinander verbringen. Gleichzeitig bedeutet viel Zeit im Taxi auch hohe Kosten für den Gast. Halbig hatte deshalb Zweifel, ob die Fahrt am Ende überhaupt bezahlt würde. Immer wieder passiert es, dass Fahrgäste ohne zu bezahlen abhauen.
  • 3. Fahrt: Es ging zu einem Sportartikelhändler. Dort ließ der Mann sich unter anderem ein kleines Fußballtor, Fußbälle, Basketbälle und Hula-Hoop-Reifen von den Angestellten des Geschäfts ins Auto laden.
  • 4. Fahrt: Es ging zum Fischbahnhof. „Dort hat er Fischbrötchen geholt und mir auch eins mitgebracht“, erzählt Halbig. In einem nahegelegenen Restaurant reservierte er sich außerdem einen Tisch.
  • 5. Fahrt: Es ging zur Stadtbibliothek. Als der Gast das Auto verließ, beschloss Halbig, den Namen des Mannes zu recherchieren. Er fand heraus, dass es sich um einen bekannten Filmemacher und Kameramann handelte. Während er sich Bilder von ihm ansah, kehrte der Fahrgast bereits zurück, lachte und sagte: „Na, haste mich erkannt?“. Halbig bejahte, obwohl er den Mann nicht kannte. Er freute sich und setzte sich zu Halbig nach vorn auf den Beifahrersitz.
  • 6. Fahrt: Es ging zurück zum Haus des speziellen Gasts. „Dort habe ich noch ein üppiges Trinkgeld bekommen“, berichtet Halbig zufrieden. Die anfängliche Angst hat sich am Ende zum Guten gewandt. Eine hollywoodreife Episodentour.

Fahrgast versucht es auf die Mitleidstour

Michael Neumann: Michael Neumann lebt in Bremerhaven. Er heißt eigentlich anders. Seinen Namen möchte er nicht öffentlich machen. Seit 15 Jahren ist er Taxifahrer. In dieser Zeit hat er viele Geschichten erlebt. Zehn Jahre davon war er hauptsächlich nachts unterwegs. „Da muss man schon vorsichtig sein“, erzählt er.

Ein Erlebnis hat ihn besonders enttäuscht. Am Theodor-Heuss-Platz, kam eine junge Frau aus der Diskothek Nachtschicht. Der Laden ist mittlerweile Geschichte, seine Story nicht. Das Mädchen war völlig aufgelöst und weinte.

Der Taxifahrer fragte, ob er ihr helfen könne. Ihr Freund habe fremdgeküsst, erzählte sie. Sie wolle nach Leherheide – habe aber nur 15 Euro dabei. Die Fahrt würde vermutlich mehr kosten. „Deshalb habe ich entschieden, die Differenz aus eigener Tasche zu übernehmen“, berichtet Neumann.

Als es ans Bezahlen ging, sah er ihr Portemonnaie. Es war prall gefüllt mit Geldscheinen. Neumann drohte, die Polizei zu rufen. „Die Gutmütigkeit anderer auszunutzen, ist einfach nur schlimm“, sagt er.

Die junge Frau zahlte schließlich den vollen Fahrpreis und fing erneut an zu weinen, diesmal, weil sie bei ihrer Lüge ertappt worden war. Anschließend ging sie, wie Neumann beschreibt, „wie eine Katze, die die Milch umgekippt hat“, zu ihrer Haustür.

„Als Taxifahrer lernt man sehr viel über Menschen“, sagt Neumann. „Vom Arzt bis zum Zoowärter – alle landen mal im Taxi. Und ich habe gelernt: Nicht jeder, der weint, sagt auch die Wahrheit.“ Lügen haben kurze Beine. Beim nächsten Mal wird die Frau sie wohl benutzen müssen, wenn sie nach Hause möchte.

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