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Nachbarkreise

TWarten auf Tag X: Adoption in Simbabwe geglückt, doch Visa fehlen

Frisch gebackener Adoptivvater: Uwe Kudlick mit seinen drei Adoptivkindern, nachdem das Familiengericht in Harare dem Antrag zugestimmt hat.

Frisch gebackener Adoptivvater: Uwe Kudlick mit seinen drei Adoptivkindern, nachdem das Familiengericht in Harare dem Antrag zugestimmt hat. Foto: Privat

Uwe Kudlick und seine Frau sind mit ihren Gedanken in Simbabwe - bei ihrer Nichte und deren beiden Brüdern. Die Adoption ist geglückt, es gibt aber neue Hürden.

Von Thorsten Kratzmann Montag, 25.08.2025, 14:50 Uhr

Zeven. Seit mehr als einem Jahr läuft der Prozess. Das Leben der Kudlicks kreist um die drei Kinder im Alter von fünf, acht und zehn Jahren, um die sich deren Mutter bis zu ihrem Tod allein gekümmert hatte.

Mehrmals sind die Eheleute nach Harare, der Hauptstadt Simbabwes, geflogen. Mehrmals war die Tante allein angereist, um sich der Kinder anzunehmen, um deren Alltag zu organisieren, deren Betreuung sicherzustellen, Behördentermine wahrzunehmen.

Kudlicks reiben sich auf

All das kostet über die Maßen Kraft. Die Kudlicks reiben sich auf. In kleinen Schritten kommen sie dem Ziel näher, die Nichte und die jüngeren beiden Neffen zu sich zu holen. Sie müssen Rückschläge einstecken.

Und dann sind da noch die finanziellen Sorgen als ständige Begleiter. Für Kleidung, Nahrung, das Dach über dem Kopf, die Nanny, Versicherungen, Schulgeld und mehr sind Monat für Monat an die 2000 US-Dollar fällig. Für Tante und Onkel ohne Hilfe nicht zu stemmen. Sie sind auf Spenden angewiesen.

Die drei Geschwister in Harare. Sie tragen nun den Namen ihrer Adoptiveltern, doch zu ihren nach Zeven umsiedeln dürfen sie noch nicht.

Die drei Geschwister in Harare. Sie tragen nun den Namen ihrer Adoptiveltern, doch zu ihren nach Zeven umsiedeln dürfen sie noch nicht. Foto: Privat

Seit Ende 2024 stehen die Behörden in Deutschland und Simbabwe in Kontakt. Anfang dieses Jahres wurden die Kudlicks und ihr Lebensumfeld in Zeven einer Begutachtung von Mitarbeitern des Rotenburger Jugendamtes unterzogen.

Das Gutachten musste übersetzt und in Harare vorgelegt werden. Da daraus hervorging, dass den Kindern im Haus Kudlick keine Gefahren drohen, konnten die Eheleute im Frühjahr beim Familiengericht in Harare einen Antrag auf Adoption ihrer Neffen und der Nichte stellen.

Mentale Aufbauarbeit am Handy notwendig

Zwischenzeitlich war der leibliche Vater von P. E. und A., nachdem er sich Jahre nicht hatte blicken lassen, aufgetaucht, um Ansprüche geltend zu machen.

Ein weiteres Hindernis - dazu angetan, den Fortgang des Verfahrens in Deutschland wie Simbabwe zu hemmen. Derweil stehen die drei Geschwister in Harare wie auch Tante und Onkel in Zeven unter permanenter Anspannung.

Im neuen Outfit: Die drei Geschwister posieren für ein Foto in ihrer neuen Sportkleidung.

Im neuen Outfit: Die drei Geschwister posieren für ein Foto in ihrer neuen Sportkleidung. Foto: Privat

Die Ungewissheit und das Warten beanspruchen das Nervenkostüm hier wie dort. Uwe Kudlick und insbesondere seine Frau haben allerhand Aufbauarbeit am Handybildschirm zu leisten, damit die Kinder die Hoffnung nicht fahren lassen, mit Tante und Onkel bald eine Familie bilden und zusammenleben zu können.

Vor einem halben Jahr war eine Unterbrechung der Fernbeziehung notwendig, um Kraft zu tanken und frischen Mut zu schöpfen. Die Tante setzte sich ins Flugzeug gen Südostafrika, buchte ein Ferienhaus und verlebte vier gemeinsame Wochen mit „ihren“ Kindern.

Derweil bemühte sich Uwe Kudlick im heimischen Zeven, die zerrütteten Finanzen ins Lot zu bringen. Er warb im Netz, bei Stiftungen, in Medien, in seinem Umfeld um Unterstützung.

Ein Erfolg: „Die Kinder tragen nun offiziell unseren Namen“

Im Juni mussten die Eheleute gemeinsam in Harare erscheinen. Die Kudlicks und der leibliche Vater der drei Kinder waren vor das Familiengericht geladen.

Der Gerichtstermin sei „ganz gut gelaufen, aber danach mussten wir noch vier Wochen auf die Unterschrift vom Sozialminister persönlich warten“, berichtet Uwe Kudlick dieser Tage.

Das Signet des Ministers sei erforderlich gewesen, weil er als Antragsteller deutscher Staatsangehöriger ist, fährt Kudlick fort.

Ende Juli war die Freude groß im Hause Kudlick: Der Beschluss des Familiengerichts in Harare traf ein. „Die Kinder sind nun offiziell unsere Adoptivkinder, und sie tragen unseren Namen“, frohlockt der Adoptivvater.

Der leibliche Vater ist raus. „Der Jubel bei den Kindern war groß, als sie davon hörten, dass sie nun einen neuen Nachnamen haben“, berichtet Uwe Kudlick.

Doch es ist zu früh, um die Koffer zu packen. Der Gerichtsbeschluss geht aus Harare per Post an die Adoptionsbehörde nach Hamburg. Weitere Stationen sind die Ausländerbehörde des Landkreises, die Deutsche Botschaft in Harare und das Familiengericht in Celle.

Die Ausländerbehörde ist zuständig, so schildert es Uwe Kudlick, damit die drei Kinder einen Aufenthaltstitel zuerkannt bekommen. Der ist unerlässlich, um bei der Deutschen Botschaft in Harare Einreisevisa für die Kinder beantragen zu können.

Seinen Abschluss findet das Verfahren erst vor dem Familiengericht in Celle mit der Einbürgerung - wenn aus P. E. und A. Deutsche geworden sind.

Uwe Kudlick rechnet mit weiteren Ausgaben von rund 20.000 Euro

Hinter dem Hindernis ist vor dem Hindernis - diese Erfahrung machen die Eheleute Kudlick dieser Tage zum wiederholten Mal. Denn Mitte August stellt sich heraus, dass die Nanny der Kinder, obgleich sie über eine Vollmacht der Adoptiveltern verfügt, nicht befugt ist, für P., E. und A. Pässe zu beantragen.

Die Adoptivmutter hat leibhaftig zu erscheinen. Seine Frau habe sich am 21. August also wiederum auf den Weg nach Simbabwe zu machen, teilt Uwe Kudlick mit. Eine ungeplante Ausgabe, die ins Geld geht.

Die Adoptiveltern gehen auf dem Zahnfleisch. Die Kräfte schwinden - mental wie monetär. „Finanziell sind es turbulente Zeiten“, bekennt Uwe Kudlick. Er hat für den „Endspurt“ Ausgaben von rund 20.000 Euro geschätzt.

Und so rührt er unablässig die „Werbetrommel“. Seine Frau und er sind dankbar für jede Unterstützung. Die Eheleute planen, Großspenderinnen und -spender später gemeinsam mit ihren Kindern aufzusuchen und sich persönlich für die Hilfe zu bedanken.

Auf der Besuchsliste dürfte ein Ehepaar aus dem Kreis Stade stehen, das seine Gäste anlässlich der Feier ihrer Goldenen Hochzeit im Juli darum gebeten hatte, eine Spende für die Familienzusammenführung zu geben, statt sie mit Geschenken zu bedenken. 1250 Euro betrug die Spendensumme.

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„Deutsch für clevere Kids“: Vokabeln lernen an den Wochenenden

Zu alledem bereiten sich die Adoptiveltern auf den herbeigesehnten Tag X vor. „Wir stehen in Kontakt mit der Aue-Mehde-Grundschule und der DRK-Kita in Zeven, wo wir die Kinder anmelden möchten“, berichtet Uwe Kudlick. Er hofft, dass Tag X in den Herbst fällt.

Seit den Sommerferien erteilt er den Kindern Deutschunterricht. Er hat eine Whats-App-Gruppe erstellt, in der die Schüler und der Lehrer spätnachmittags und an Wochenenden virtuell zusammenkommen, um Vokabeln zu lernen.

Uwe Kudlick gibt regelmäßig eine Seite des Buches „Deutsch für clevere Kids“ als Hausaufgabe auf und sendet Hörbeispiele nach Harare, damit die Kinder die Aussprache üben können. Die Schüler sind mit Eifer dabei. „Die Kinder haben gesagt, dass sie keine Lust mehr haben, ihre Muttersprache Shona zu lernen“, berichtet Uwe Kudlick.

Währenddessen besteigt seine Frau das Flugzeug, das sie zu den Kindern bringen wird. 8200 Kilometer liegen zwischen ihnen.

Einen halben Tag wird sie unterwegs sein. Sie wird die Kinder sehen, sie in den Arm nehmen und Pässe für sie beantragen - damit sie an Tag X gemeinsam 8200 Kilometer gen Norden fliegen können.

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