TWarum eine Kutenholzerin italienische Bio-Orangen in den Landkreis holt

Der Slogan der bio und fair gehandelten Orangen aus Italien heißt "Süß statt bitter". Marina Vollmann hat das Projekt in Westfalen entdeckt. Foto: privat
Seit 2022 engagiert sich Marina Vollmann für Fairen Handel. Sie bestellt in Italien Orangen aus nachhaltigem Anbau. Was steckt dahinter?
Kutenholz. Die erste Bestellrunde für die Aktion „Orangen ohne Gift und Sklaverei“ lief im November 2022. Anwohner aus den Landkreisen Stade und Rotenburg bestellten eine Tonne Orangen bei Marina Vollmann. Im November 2023 waren es schon sechs Tonnen.
„Im vergangenen November lagen wir bei ganzen elf Tonnen“, berichtet Marina Vollmann begeistert von der Bestellung 2024. Die Kutenholzerin gehört zur Weltgruppe Stade. Sie ist die Anlaufstelle, wenn es um bio und fair gehandelte Orangen geht. Und sie ist diejenige, die dafür gesorgt hat, dass die süßen Früchte aus dem italienischen Rosarno ihren Weg in die Region finden.
Solidaritätskampagne in Italien sorgt für bessere Bedingungen
„Süß statt bitter“ lautet der Slogan für die besondere Orange. Sie wird in Kalabrien ökologisch angebaut und geerntet, überwiegend gepflückt von afrikanischen Migranten. „In der Regel werden die Erntehelfer von italienischen Kleinbauern, die selbst unter Preisdruck stehen, ausgebeutet“, weiß Marina Vollmann.

Überwiegend afrikanische Migranten arbeiten in Kalabrien als Erntehelfer - dank SOS Rosarno unter fairen Bedingungen. Foto: SOS Rosarno
Dieses Projekt funktioniert anders, nämlich fair. Dafür sorgt „SOS Rosarno“, eine italienische Solidaritätskampagne, die 2011 ins Leben gerufen wurde. Ihr Ziel ist es, Produktionsketten nach dem Prinzip des Fairen Handels aufzubauen - menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Erntehelfer und Bauern, eine faire Bezahlung, nachhaltige Anbaumethoden.
Wie kommt die Kutenholzerin auf ein Projekt, das gut 2300 Kilometer entfernt seinen Ursprung hat? Marina Vollmann berichtet von einer Tour durch das nordrhein-westfälische Wuppertal und einem Weltladen in Schwelm.
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„Dort gab es diese bio und fair gehandelten Orangen aus Rosarno“, erzählt sie. Mit der leckeren Frucht wird ihr auch ein Flyer der Aktion „Orangen ohne Gift und Sklaverei“ in die Hand gedrückt. Die Vorstellung, mit einer Sammelbestellung aus dem Landkreis Stade Gutes in Kalabrien zu tun, begeistert sie.
Eine gute Idee unterstützt Erntehelfer in italien
Zurück im Norden fragt sich Marina Vollmann von der Landeskirche Hannover über die Nordkirche bis zum kirchlichen Entwicklungsdienst in Hannover durch - vergebens. „Ich musste bei meiner Suche nach einem Anbieter feststellen, dass es hier so etwas nicht gab.“
Ihre Kollegin und ehemalige Regionaldiakonin Susanne Decker-Michalek, mit der sie auch den Weltladenanteil in der christlichen Stader Buchhandlung Kapitel 17 leitet, habe ganz pragmatisch vorgeschlagen: „Dann mach es doch selbst.“ Gesagt, getan: Die Weltgruppe Stade führt im November 2022 erstmalig eine Sammelbestellung durch.
„Italien ist eines der Länder weltweit, das die meisten Asylanträge erhält“, informiert das oikos-Institut für Mission und Ökumene der Evangelischen Kirche Westfalen. 2020 erreichten 34.154 Geflüchtete mit dem Boot italienisches Staatsgebiet. 2022 waren es 105.000 Menschen, im ersten Quartal 2023 circa 30.000 Menschen.

Drei malische junge Männer bereiten ihr Essen in einer Zeltstadt zu. Foto: FCEI/Valerio Muscella
Durch die Spenden, die in dem Kauf der Orangen enthalten sind, wird das Projekt „Mediterranean Hope“ unterstützt - ein Migranten- und Flüchtlingsprogramm der Föderation evangelischer Kirchen in Italien. Und damit auch das Haus der Würde in Rosarno. Es bietet menschenwürdige Unterkünfte für circa 40 Erntehelfer, die sonst beispielsweise in Zelten oder verfallenen Hütten leben müssen.

Am Rande von Rosarno leben circa 40 Menschen in einer abgelegenen Hütte - ohne Strom und fließend Wasser. Foto: Valerio Muscella
Im Landkreis Stade laufen Bestellung und Lieferung über Marina Vollmann und Kapitel 17. Interessierte ordern die Orangen kistenweise (zehn Kilo pro Kiste), gefüllt mit 40 bis 50 Orangen.
Die fünfte Bestellrunde läuft
Vollmann gibt, nachdem sie bis zu einem Stichtag alle Kundenwünsche erhalten hat, in Italien eine Sammelbestellung auf. „Es muss immer eine ganze Palette sein, sonst wird die Spedition zu teuer“, erklärt sie. Eine Palette bedeutet 560 Kilo, also 56 Kisten.
Eine Kiste kostet 32 Euro. Davon fließen 17 Euro in den Orangenkauf durch SOS Rosarno, 7 Euro in die Spedition, 2,20 Euro sind Steuern, 0,80 Euro geht für Infomaterial ab und 1,80 Euro für Buchhaltung und Qualitätsausfall. Die verbleibenden 3,20 Euro sind Spenden.
Bestellfrist für die Orangen ist der 23. Februar
Inzwischen läuft die fünfte Bestellrunde. Annahmeende ist am 23. Februar, die Lieferung ist für den 19. März geplant. Weitere Infos unter weltlaeden.de/stade/orangen-2023.
Am Montag, 17. Februar, wird im Rahmen eines Infoabends um 18 Uhr im Mehrgenerationenhaus in Horneburg (Lange Straße 38) der Dokumentarfilm „Bittere Orangen“ gezeigt. Er behandelt das Ausmaß der Ausbeutung in Süditalien und lässt Betroffene zu Wort kommen. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erbeten.