Zähl Pixel
Justiz

TWie Stades neuer Landgerichtspräsident tickt

Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann (Mitte) führte Oliver Sporré in sein Amt als Landgerichtspräsident ein und verabschiedete dessen Vorgängerin Ingrid Stelling in den Ruhestand. In der ersten Reihe mit dabei waren auch Sporrés Ehefrau Ulrike (links) und Stefanie Otte, Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle.

Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann (Mitte) führte Oliver Sporré in sein Amt als Landgerichtspräsident ein und verabschiedete dessen Vorgängerin Ingrid Stelling in den Ruhestand. In der ersten Reihe mit dabei waren auch Sporrés Ehefrau Ulrike (links) und Stefanie Otte, Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle. Foto: Helfferich

Oliver Sporré ist neuer Landgerichtspräsident in Stade. Er wurde jetzt offiziell in sein Amt eingeführt und folgt auf Ingrid Stelling. Was der 58-Jährige vorhat.

author
Von Susanne Helfferich
Donnerstag, 15.05.2025, 17:50 Uhr

Stade. Eigentlich ist er gar nicht mehr der Neue. Oliver Sporré hat bereits zum 1. Dezember 2024 sein Amt von seiner Vorgängerin Ingrid Stelling übernommen. Sie ging vor gut sechs Monaten im Alter von 67 Jahren in den Ruhestand, tauschte den Gerichtssaal gegen die Schafweide und betreibt seither gemeinsam mit ihrer Frau bei Lamstedt eine Hobbylandwirtschaft mit neun Schafen und zwei Pferden.

An sie richtete sich die Niedersächsische Justizministerin Kathrin Wahlmann zunächst. Sie erinnerte sich an ihre erste bewusste Begegnung, bei der Ingrid Stelling von einem Mentoringprogramm für Frauen in der niedersächsischen Justiz erzählte. Die Ministerin gab zu, ein ambivalentes Verhältnis zu speziellen Frauenförderprogrammen zu haben. Doch Ingrid Stelling habe ihr Projekt entschlossen vertreten. Das Programm geht 2026 in die nächste Runde.

Ministerin sieht Frauenförderprogramme ambivalent

Wahlmann bezeichnete Stelling mit Blick auf deren Vita als „echtes Kind des Landgerichtsbezirks“. Sie ist in Oberndorf aufgewachsen, als Tochter des Hasenfleeter Molkereimeisters. Nach Abitur in Hemmoor, Jurastudium in Hamburg, Referendariat im Bezirk Celle und zweitem Staatsexamen in Hannover wurde sie im November 1985 Richterin im Oberlandesgerichtsbezirk in Celle. Es folgten mehrere Stationen, zwischenzeitlich auch die Staatsanwaltschaft, bis Ingrid Stelling Ende 2013 die Vizepräsidentschaft beim Landgericht Stade antrat.

Mit Augenzwinkern zitierte die Ministerin aus Beurteilungen der Richterin: Sie beeindrucke durch eine selten anzutreffende kühle Gelassenheit, sei engagiert, selbstbewusst, trete eher leise auf und manchmal mit milder Ironie, die gut in die Gegend passe, in der sie arbeitet. Als sie sich 2012 auf die Stader Stelle bewarb, wurde Stelling ein scharfer logischer Verstand bescheinigt. Sie durchblicke „völlig mühelos jeden noch so komplizierten Vortrag, jede rhetorische Kunstfigur und ebenso jede noch so verworrene Gesprächssituation“.

Vorgängerin ging Ende 2024 in den Ruhestand

Am 30. Dezember 2020 sei sie daher „folgerichtig“ zur Präsidentin des Landgerichtsbezirks Stade ernannt worden. Sie habe das Landgericht Stade durch eine besondere Art der Führung geprägt, „immer mit Blick darauf, wie Rechtsprechung bestmöglich funktioniert und Akzeptanz in der Gesellschaft findet“. Ende 2024 ging Ingrid Stelling nach 39 Dienstjahren in den Ruhestand.

Anschließend wandte sich Kathrin Wahlmann dem neuen Landgerichtspräsidenten zu: „Mit dir hat das Landgericht Stade nun einen erfahrenen Modernisierungsexperten und echten Netzwerker an der Spitze“, so die Ministerin zu Oliver Sporré. Sie prophezeite: „Mit diesem Netzwerk (...) wirst du mühelos in der Lage sein, Großartiges für ,dein‘ neues Landgericht Stade zu erreichen.“

Einstellungsstopp bremste Sporré zunächst aus

Der gebürtige Emdener wollte nach Jurastudium, Referendariat und erfolgreichem zweitem Staatsexamen 1995 im Richterberuf durchstarten. Doch dann bremste ihn ein Einstellungsstopp aus. Er arbeitete zunächst als Rechtsanwalt, bis er 1997 in die niedersächsische Justiz eintrat. Nach seiner Ernennung zum Richter am Landgericht Osnabrück im Jahr 2003 und Abordnungen an das Niedersächsische Justizministerium und das Oberlandesgericht Oldenburg wurde Sporré 2008 zum Direktor des Amtsgerichts Bersenbrück ernannt. Zudem wurde er stellvertretendes Mitglied des Staatsgerichtshofs Bückeburg und stellvertretender Vorsitzender des Niedersächsischen Richterbundes.

Justizministerin Wahlmann lobte Sporrés offene Art sowie die faire und zugleich zielorientierte Verhandlungsführung, „immer mit Blick auf die Lebensumstände der Betroffenen“. In einer Beurteilung von 2017 heißt es: „In besonderem Maße hat sich Herr Sporré immer wieder für die Modernisierung des Gerichts und eine bürgernahe Justiz eingesetzt.“ Parallel zur juristischen Laufbahn nahm er sich Zeit für Nebentätigkeiten und weitere Qualifikation. Ein Thema habe ihn besonders beschäftigt: die Mediation, zu der er auch ein Buch geschrieben hat. Und er punktet offensichtlich mit seiner großen Affinität fürs Digitale. „Die wirst du hier in Stade ganz bestimmt besonders in den nächsten Monaten brauchen“, so die Ministerin, denn die Einführung der elektronischen Akte ist für die Justiz eine große Herausforderung. Kathrin Walberg ist sich sicher: Der neue Landgerichtspräsident wird sie schon meistern.

Landgerichtspräsident mit Affinität fürs Digitale

Als Mammutaufgabe bezeichnete die Digitalisierung auch Stefanie Otte, Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle. Der Einsatz digitaler Lösungen, wie Automatisierung und KI, könne sicherlich dazu beitragen, die Justiz moderner und effizienter zu machen und Rechtsuchenden den Zugang zu Gerichten erleichtern, so Otte. Die Justiz sei ein starkes Bollwerk gegen willkürliche Machtausübung und schütze vor ungerechtfertigten Sanktionen. Dem schwindenden Vertrauen in die Rechtsprechung müsse allerdings mit Transparenz begegnet werden.

Das forderte auch Oliver Sporré: „Wir müssen die Justiz für die Bevölkerung noch sichtbarer und transparenter machen.“ Sie müsse Bürgerinnen und Bürgern Vertrauen in ein transparentes und faires Gerichtsverfahren geben, ihnen erläutern, dass sie auch mit wenig Geld zu ihrem Recht kommen können, und Gesetze müssten verständlich formuliert werden. „Wenn ein Jurist den Gesetzestext dreimal lesen muss, um den Inhalt zu verstehen, ist das Gesetz ungeeignet und gehört geändert“, so der Landgerichtspräsident.

Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann (Mitte) führte Oliver Sporré in sein Amt als Landgerichtspräsident ein und verabschiedete dessen Vorgängerin Ingrid Stelling in den Ruhestand. In der ersten Reihe mit dabei waren auch Sporrés Ehefrau Ulrike (links) und Stefanie Otte, Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle.

Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann (Mitte) führte Oliver Sporré in sein Amt als Landgerichtspräsident ein und verabschiedete dessen Vorgängerin Ingrid Stelling in den Ruhestand. In der ersten Reihe mit dabei waren auch Sporrés Ehefrau Ulrike (links) und Stefanie Otte, Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle. Foto: Helfferich

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.

Weitere Artikel