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Beförderungsbranche

TWildwest-Szenen an Taxi-Ständen: „Geht hier um Straftaten“

Die Konkurrenz um Fahrgäste ist groß in der Beförderungsbranche (Symbolbild).

Die Konkurrenz um Fahrgäste ist groß in der Beförderungsbranche (Symbolbild). Foto: dpa

Die Atmosphäre sei von Angst und Aggression geprägt. So sagt es ein Taxiunternehmer aus dem Kreis Cuxhaven. Einige Mietwagenfirmen machen ihm das Leben schwer.

Von Ulrich Rohde Sonntag, 08.09.2024, 09:50 Uhr

Cuxhaven. Der Taxiunternehmer will aus Rücksicht auf seine Familie anonym bleiben, aber er ist der Redaktion bekannt. „Die Mietwagen stehen überall, meistens da, wo sie nicht stehen dürfen“, sagt der Taxiunternehmer. „Und die Behörden, Ordnungsämter und Polizei, unternehmen nichts dagegen.“ (Anm. der Redaktion: Mit Mietwagen sind hier rufbereite Wagen mit Fahrer, ähnlich dem Taxi, gemeint.)

Grundsätzlich ist es so, dass Taxen eine Beförderungspflicht haben, in aller Regel 24 Stunden lang, und von Fahrgästen direkt am Taxistand, zum Beispiel am Bahnhof, angesprochen werden dürfen. Taxen unterliegen einer Beförderungspflicht, sie dürfen nur mit ganz wenigen Ausnahmen einen Fahrgast abweisen. Auch wenn der nur eine sehr kurze Strecke fahren möchte, sind sie in der Pflicht. Taxis sind Teil des öffentlichen Personennahverkehrs.

Für Mietwagen gilt die Rückkehrpflicht

Für sogenannte Mietwagen gelten die meisten Taxi-Regeln nicht. Allerdings können sie nur telefonisch gerufen werden. Aufträge dürfen nur am Betriebssitz entgegengenommen werden und sie müssen nach der Fahrt zu ihrem Standort, dem Betriebssitz, zurückkehren, bevor sie die nächste Fahrt antreten. Es gilt also die Rückkehrpflicht. Allein per Zuruf vom Straßenrand darf ein solcher Mietwagen keinen Fahrgast aufnehmen. Soweit die Theorie.

In Wirklichkeit, beklagt der Taxiunternehmer, der darin von einem ebenfalls nicht mit Namen genannt werden wollenden Kollegen bestätigt wird, gibt es mehrere Mietwagenfirmen, die diese Regeln nicht einhalten. Zum Beispiel postierten sie sich bei Großveranstaltungen wie dem am Sonnabend stattgefundenen „Elbstrand Festival“ in Otterndorf oder auch vor Diskotheken und holten Fahrgäste direkt von der Veranstaltung ab, ohne dass diese den Wagen vorher telefonisch angefordert hätten. „Dabei handelt es sich auch um unsere Fahrgäste, die sie uns Taxifahrern vor der Nase wegschnappen.“ Dabei könne es durchaus zu heiklen Situationen kommen.

Das Taxigewerbe und die Mitarbeiter schützen

Der Taxiunternehmer beklagt das aggressive Vorgehen einiger Mietwagenfahrer. Er fordert härteres Durchgreifen gegen unseriöse Unternehmen. „Ich möchte, dass unser Gewerbe und unsere Mitarbeiter geschützt werden.“ Sowohl die Ordnungsbehörden als auch die Polizei wüssten um die Zustände. Allein, es geschehe zu wenig. Auf Nachfrage beim Landkreis erhielten wir zu möglichen Kontrollen von Pressesprecherin Stephanie Bachmann folgende Erklärung: „Wir werden Kontrollen grundsätzlich nicht vor Veranstaltungen ankündigen, um die gewünschte Wirkung einer Kontrolle auch erzielen zu können. Das Überraschungsmoment muss da sein; insofern würden wir die Kontrollen nie ankündigen.“

Es gehe um Ordnungswidrigkeiten, aber auch um Straftaten

Den Taxiunternehmer beruhigt das dennoch nicht. „Es geht hier nicht nur um Ordnungswidrigkeiten, sondern vereinzelt auch um Straftaten.“ Es müsse dafür gesorgt werden, dass „schwarzen Schafen“ konsequent die Konzession entzogen werde. Doch solche Verfahren ziehen sich oft lange hin. Dabei hat der Taxiunternehmer auch selbst Mietwagen, etwa für Behindertenfahrten. Die Fahrten für Rollstuhlfahrer nehmen zu. „Vor einem Jahr hatten wir 94 Fahrten mit selbstzahlenden Rollstuhlfahrern, in diesem Jahr bereits 104, Tendenz steigend.“

Die Umrüstung zu einem rollstuhlgerechten Fahrzeug koste knapp 10.000 Euro. Die Kassen übernehmen bei ausgewiesenen Krankenfahrten zum Arzt oder ins Krankenhaus 70 Prozent der Fahrtkosten. Bei Privatfahrten zahlen sie nichts. Die Stadt Cuxhaven gibt einen Zuschuss, der Landkreis nicht, weil er der Ansicht ist, dass private Fahrten von Rollstuhlfahrern nur eine geringfügige Ausnahme darstellen. Der früher gezahlte Zuschlag von 7 Euro soll gestrichen bleiben. Aus Sicht des Taxiunternehmers ein Trugschluss, denn der Landkreis betrachte lediglich Taxis. Aber die machen bei länger geplanten und angemeldeten Fahrten mit Rollstuhlfahrern keinen Sinn.

Tarifanhebung gleicht Betriebskosten nicht aus

Insgesamt sei das Taxigeschäft von Jahr zu Jahr schwieriger geworden, sagt der Taxiunternehmer. Die Anhebung der Gebühren um sieben Prozent zum 1. März 2025 gleiche die betrieblichen Kosten nicht aus. Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe, dem im Bezirk Stade ohnehin nur noch wenige Mitglieder angehören, hatte 30 Prozent gefordert. Hinzu komme, dass es immer weniger Leute gebe, die die Arbeit als Taxifahrer machen wollen. Trotz allem: „Wir versuchen, unseren Dienst aufrechtzuerhalten, auch nachts“, so der Taxiunternehmer.

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