Winter-Effekt

Warum der Hexenberg nicht am Hexenberg war

Manchmal finden sich schreckliche Schicksale hinter einfachen Straßennamen. Wie in Moisburg bei der Straße Am Hexenberg. Hinter dem Namen stecken dramatische Lebensgeschichten.

Mittwoch, 11.11.2020, 06:02 Uhr
Echte H exen gab und gibt es Am Hexenberg nicht.

Echte H exen gab und gibt es Am Hexenberg nicht.

Wie die von Catharina Gerkens, einer Frau aus Elstorf, die im 17. Jahrhundert in Moisburg wegen Hexerei angeklagt und 1612 bei lebendigem Leib verbrannt wurde – auf dem Moisburger Hexenberg. Doch dort, wo die idyllische Straße Am Hexenberg verläuft, befand sich der grausige Tatort gar nicht. Es war der Weg Paaschbarg, wenige Hundert Meter weiter, wo nach historischen Quellen mehrere als Hexen diffamierte Frauen verbrannt wurden und wo später ein Galgen stand, der bis ins 18. Jahrhundert von der Gerichtsbarkeit genutzt wurde.

Gehört heute zu Moisburgs schönsten Wohnlagen: die Straße Am Hexenberg. Fotos: Lepél

Gehört heute zu Moisburgs schönsten Wohnlagen: die Straße Am Hexenberg. Fotos: Lepél

Gleich drei Bezeichnungen erinnern in Moisburg an das schreckliche Kapitel: Neben den Straßennamen Am Hexenberg und Catharina-Gerkens-Weg wird auch das neue Wohngebiet am Ortsausgang nach Buxtehude „Hexenberg“ genannt.

Herzogin mit brutalen Urteilen

Moisburg war vor rund 400 Jahren Wohnsitz einer Fürstin. Herzogin Hedwig war eine geborene Gräfin von Ostfriesland und verheiratet mit Otto II., Herzog von Braunschweig-Lüneburg-Harburg. Nach dem Tod ihres Ehemanns im Oktober 1603 zog Hedwig aus dem Harburger Schloss aus, von dem heute nur noch Reste im Binnenhafen existieren. Sie wählte die Moisburger Burg als ihren Witwensitz. Auf dem Fundament dieser Burg wurde 1711 das Amtshaus errichtet. Das heutige Dorf war zu Hedwigs Zeiten ein relativ bedeutender Ort mit Sitz des Amtsvogts und der Gerichtsbarkeit.

Bei Gerichtsverfahren sorgte Hedwig für damals zeitgemäße, aber aus heutiger Sicht brutale Urteile. Die „Wahrheitsfindung“ mittels Folter und Wasserprobe galt zu ihrer Zeit keineswegs als unmoralisch. Todesurteile fällte an sich die Herrschaft in Harburg. Für Hinrichtungen von Dieben wurde ein Henker aus Buxtehude verpflichtet, der sein Werk dann auf dem Hexenberg verrichtete, wie Wolfhard Wagener in einem Artikel für den „Estetaler“ darlegt, die Publikation des Heimat- und Verkehrsvereins Estetal.

Elstorferin als Hexe verbrannt

Aus dem Jahr 1612 ist eine Hexenverbrennung nachzuweisen, weshalb das Schicksal von Catharina Gerkens aus Elstorf auch heute noch bekannt ist. Sie wurde wegen Hexerei angeklagt und für schuldig befunden.

Nach den Quellen musste Catharina Gerkens einen langen Leidensweg hinter sich bringen: Über viele Jahre hinweg galt sie als eine Frau, die Mensch und Tier Unglück und Verderben brachte. Die angeschwärzte Catharina wurde schließlich zum Amtmann nach Moisburg bestellt, wie Heimatforscher Erich Tauber in seinem Buch „Moisburg, unser Dorf“ darstellt. Beim Prozess gegen Catharina Gerkens im Moisburger Amtshaus wurden Bauern, Knechte und Mägde als Zeugen vernommen. „Aber Catharina konnte nichts zugeben und eingestehen, wofür man sie beschuldigte“, so Tauber weiter. „In so einem Fall besann man sich auf die Folter. Und als Catharina auf den wie Feuer glühenden Steinen stand, konnte sie es vor Schmerzen nicht mehr aushalten und gestand die gegen sie erhobenen Vorwürfe.“ Das Urteil gegen die Elstorferin wurde schließlich vollzogen: Catharina Gerkens wurde bei lebendigem Leib verbrannt.

Serie

Sie können ganz sachlich daherkommen wie Bahnhofsstraße oder eher lustig klingen wie Op de Lust. Jeder Straßenname hat eine eigene Geschichte, über die das TAGEBLATT in loser Reihenfolge informiert.

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