
Hier die Bekanntmachung des Niedersachsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 22. März im Wortlaut:
Die rasante Verbreitung des Coronavirus (SARS-COV-2) in den vergangenen Tagen in Deutschland ist besorgniserregend. Wir müssen alles dafür tun, um einen unkontrollierten Anstieg der Fallzahlen zu verhindern und unser Gesundheitssystem leistungsfähig zu halten. Nur so werden wir in der Lage sein, diejenigen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben und medizinischer Betreuung bedürfen, gut zu versorgen. Vor allem müssen wir die Menschen in unserem Land schützen, die ein besonderes Risiko fur schwere Krankheitsverlaufe haben.
Ziel muss es sein, die Infektionskurve zu verlangsamen, damit auch bei hohen Krankheitsfällen stets genügend Intensivpiatze zur Verfügung stehen und die gesundheitliche Versorgung weiterhin gesichert bleibt. Die Vermeidung sozialer Kontakte wird die Übertragungsgeschwindigkeit des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 verringern und ist daher wirkungsvoller als eine pauschale Ausgangssperre.
Denn nicht das Verlassen der Wohnungen ist die Gefahr. Die Gefahr ist der häufige unmittelbare soziale Kontakt, der dem Virus eine unkontrollierte Verbreitung ermöglicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kontakt im öffentlichen Raum oder im häuslichen Umfeld stattfindet. Wissenschaftliche Erkenninisse belegen: es ist wichtig, auch in dieser Zeit Bewegung im Freien an der frischen Luft zu ermöglichen. Aus medizinischer Sicht ist daher diese Bewegung sogar zu empfehien.
Deshalb kommt es jetzt darauf an, nicht die individuelle Bewegungsfreiheit einzuschränken. Geboten ist es vielmehr, Kontakte zu verhindern.
Vor diesem Hintergrund erlässt das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes (lfSG) in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 NGöGD vom 24. März 2006 zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2019, in Verbindung mit § 102 Absatz 1 Satz 1 Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz in der Fassung vom 19. Januar 2005 zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2019 auf dem Gebiet des Landes folgende
A L L G E M E I N V E R F Ü G U N G
Die Polizei ist angehalten, die Einhaltung dieser Regelungen zu kontrollieren.
Weiter gehende Anordnungen der örtlich zuständigen Behörden bleiben unberührt.
Diese Allgemeinverfügung ist nach § 28 Abs. 3, § 16 Abs. 8 des Infektionsschutzgesetzes sofort vollziehbar. Nach § 28 Abs. 1 Satz 4 des Infektionsschutzgesetzes werden die Grundrechte auf Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetz), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 Grundgesetz) eingeschränkt.
Die in dieser Allgemeinverfügung geregelten Beschränkungen der Sozialen Kontakte gelten ab sofort, erforderlichenfalls werden diese Regelungen im Einzelfall durch die zuständigen Behörden, durch die Polizei oder durch die Ordnungsbehörden auch vor dem Inkrafttreten der Allgemeinverfügung durch jeweilige Einzelfallregelungen umgesetzt werden.
Diese Allgemeinverfügung wird hiermit öffentlich bekannt gemacht und tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft und mit Ablauf des 18.04.2020 außer Kraft. Die Kontaktbeschränkungen enden damit am 18.04.2020, 24:00 Uhr. Eine Verlängerung bleibt vorbehalten.
Begründung
Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 stellt die gesamte Gesellschaft und das Gesundheitssystem vor enorme Herausforderungen. Es besteht weltweit, deutschland- und niedersachsenweit eine sehr dynamische und ernstzunehmende Situation mit starker Zunahme der Fallzahlen innerhalb weniger Tage. Die Weltgesundheitsorganisation hat die Ausbreitung des Virus und der dadurch hervorgerufenen Erkrankung COVID-19 am 11. März 2020 als Pandemie eingestuft.
Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird derzeit insgesamt als hoch eingeschätzt. COVID-19 ist sehr infektiös. Besonders ältere Menschen und solche mit vorbestehenden Grunderkrankungen sind von schweren Krankheitsverläufen betroffen und können an der Krankheit sterben.
Da derzeit weder eine Impfung noch eine spezifische Therapie zur Verfügung stehen, müssen alle Maßnahmen ergriffen werden, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verzögern. Ziel ist es, durch eine Verlangsamung des Infektionsgeschehens die Belastung für das Gesundheitswesen insgesamt zu reduzieren, Belastungsspitzen zu vermeiden und die medizinische Versorgung sicherzustellen. In Niedersachsen sind dazu bereits zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, die aber in der Summe noch nicht ausreichen, um die Geschwindigkeit der Infektionsketten in dem erforderlichen Maß abzubremsen.
Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 IfSG kann die zuständige Behörde Personen verpflichten, den Ort an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.
Vor dem Hintergrund der äußerst dynamischen Verbreitung von Infektionen mit dem SARS- CoV-2 Virus und Erkrankungen an COVID-19 müssen unverzüglich weitere umfänglich wirksame Maßnahmen zur Verzögerung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbrechung von Infektionsketten ergriffen werden. Weitreichende effektive Maßnahmen sind dazu dringend notwendig, um im Interesse der Bevölkerung und des Gesundheitsschutzes die dauerhafte Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems in Niedersachsen sicherzustellen.
Das Ziel einer Entschleunigung und Unterbrechung der Infektionsketten, lässt sich nur mit weiteren Maßnahmen zur Einschränkung sozialer Kontakte und damit zur Unterbrechung der Infektionsketten erreichen.
Die hier geregelten weiteren Beschränkungen stellen im Kontext der übrigen Maßnahmen zur Kontaktreduzierung ein wirksames und angemessenes Vorgehen dar.
Die Regelungen gewährleisten weiterhin insbesondere eine Teilnahme am beruflichen Leben, die Versorgung mit medizinischen Leistungen und eine soziale Teilhabe. Das Alltagsleben wird nur so weit eingeschränkt, wie es zur Zielerreichung nach derzeitigen fachlichen Risikoeinschätzungen erforderlich ist.
Die Beschränkungen der Sozialen Kontakte sind zur Eindämmung der Verbreitungsrisiken angesichts des angestrebten Ziels der Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung für die Gesamtbevölkerung auch verhältnismäßig. Die notwendigen und differenzierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung in besonderen Bereichen der Gesellschaft dienen der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des derzeit durch das Influenza-Geschehen hoch beanspruchten Gesundheitssystems über einen absehbar längeren Zeitraum hinaus.
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