Prozess

Tod einer Vierjährigen: Landgericht spricht Eltern frei

Leah wurde vier Jahre alt. Hätten die Eltern ihren Tod verhindern können? Im Prozess vor dem Landgericht Verden hat die Kammer eine Antwort gefunden.

Mittwoch, 25.05.2022, 01:00 Uhr
Die angeklagten Eltern sitzen mit ihren Anwälten (Mitte) in einem Saal im Landgericht. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Die angeklagten Eltern sitzen mit ihren Anwälten (Mitte) in einem Saal im Landgericht. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Der Prozess gegen die Eltern der gestorbenen vierjährigen Leah ist am Dienstag vor dem Landgericht Verden mit Freisprüchen zu Ende gegangen. Die Kammer sah es als bewiesen an, dass der 36-jährige Vater und die 37-jährige Mutter keine Schuld am Tod ihrer Tochter haben. Die Verhandlung habe gezeigt, wie sehr die Eltern unter dem Tod ihrer Tochter leiden.

„Das ist ein schicksalhaftes Ereignis“, sagte der Vorsitzende Richter mit Blick auf den Tod des Mädchens. Demnach konnten die Eltern als medizinische Laien nicht wissen, dass sich Leah in einem lebensbedrohlichen Zustand befand.

Tochter wird mit Wasserkopf geboren

Die Tochter der beiden Deutschen kam mit einem sogenannten Wasserkopf zur Welt und hatte deshalb einen Shunt implantiert - ein Schlauchsystem mit zwischengeschaltetem Ventil. Ein Defekt führte im August 2019 dazu, dass Hirnwasser nicht abfließen konnte. Leah starb. Laut Anklage hätte das Paar in Scheeßel im Kreis Rotenburg früher medizinische Hilfe holen müssen.

Nach den Aussagen der Eltern war das Kind in den Stunden vor seinem Tod sehr müde, hatte Bauchweh und wollte nichts essen. Mehrfach schlief Leah auf dem Sofa ein, zwischendurch trank sie und telefonierte mit der Oma. An Probleme mit dem Shunt-System dachten die Eltern demnach nicht. Sie dachten, Leahs Befinden sei die Folge eines trubeligen Geburtstagsfestes mit vielen Süßigkeiten. Als die Mutter ihre Tochter am Abend zudecken wollte, atmete Leah nicht mehr. Sie rief den Notarzt, der die Vierjährige nicht mehr retten konnte.

Eltern liebten ihre Tochter trotz Behinderung

Während des Prozesses wurde deutlich, dass die Angeklagten ihrer Tochter liebten und sich um sie kümmerten. Mehrfach flossen Tränen. Die 37-Jährige berichtete davon, dass Ärzte ihr wegen der Behinderung ihrer Tochter während der Schwangerschaft zu einem Abbruch geraten hatten. Dies sei für sie nicht in Frage gekommen. „Von der ersten Sekunde, in der sie in meinem Bauch war, habe ich sie geliebt.“ Der Mann sagte: „Ich liebe meine Kinder über alles. Ich würde für meine Kinder in den Tod gehen.“ Die Beiden sind eigenen Angaben zufolge seit 22 Jahren ein Paar und haben sechs weitere gemeinsame Kinder.

Mehrere Zeugen berichteten, wie verzweifelt die beiden am Todestag ihrer Tochter waren. „Ich kann mich erinnern, dass viel geweint wurde, dass viel geschrien und geklagt wurde“, sagte etwa ein Polizist, der an dem Abend zu der Familie kam. Unklar blieb in der Verhandlung, ob sich Leah in den Stunden vor ihrem Tod mehrfach übergeben hatte. Laut Protokoll des Notrufes sagte die Mutter bei ihrem verzweifelten Anruf: „Sie hat sich den ganzen Tag übergeben“. In der Verhandlung sagte die Frau, ihre Tochter habe morgens ein Mal gewürgt, schwallartiges oder mehrfaches Erbrechen habe es nicht gegeben.

Staatsanwaltschaft forderte Bewährungsstrafen

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Paar in der Anklage Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen vorgeworfen. Dieser Tatvorwurf habe sich nicht bestätigt, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer am Dienstag. Er forderte eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und verlangte eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung ohne Auflagen. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch.

Die Freisprüche sind noch nicht rechtskräftig. Eine Revision ist möglich. (dpa)

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