Hamburg

Cum-Ex-Skandal: 200.000 Euro in Schließfach von Johannes Kahrs gefunden?

Ein hoher Geldbetrag ist laut Medienberichten in einem Schließfach eines ehemaligen Hamburger SPD-Politikers gefunden worden. Gibt es eine Verbindung zum Cum-Ex-Fall? Wusste Bundeskanzler Scholz davon?

Montag, 08.08.2022, 15:57 Uhr
Der ehemalige SPD-Politiker Johannes Kahrs im Bundestag während einer Generaldebatte 2020.

Der ehemalige SPD-Politiker Johannes Kahrs im Bundestag während einer Generaldebatte 2020.

Bei einer Durchsuchung im Rahmen der Cum-Ex-Ermittlungen in Hamburg sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft "keine etwaig aufgefundenen Bargeldbeträge" sichergestellt worden. Darüber, ob überhaupt Bargeld gefunden wurde, machte die Kölner Strafverfolgungsbehörde am Montag keine Angaben.

Aus den Ermittlungsakten geht nach Angaben des Linken-Obmanns im Hamburger Untersuchungsausschuss aber eindeutig hervor, dass in einem Schließfach des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs mehr als 200.000 Euro in bar gefunden wurden. Zuerst hatte die "Bild"-Zeitung darüber berichtet.

Staatsanwaltschaft: Die Ermittlungen dauern an

Ein Zusammenhang zum Skandal um die Warburg-Bank sei daraus zunächst nicht abzuleiten, sagte der Abgeordnete Norbert Hackbusch der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings hätten die bisherigen Erkenntnisse im Ausschuss deutlich gemacht, dass sich Kahrs für die Bank eingesetzt habe.

Die Staatsanwaltschaft erklärte, Geld könne generell nur dann sichergestellt werden, wenn es den konkreten Verdacht gebe, dass es aus einer Straftat stamme - und wenn damit gerechnet werde, dass es später vom Gericht eingezogen werde, erklärte die Behörde pauschal.

Die Ermittlungen dauerten an, so die Staatsanwaltschaft. "Gegenwärtig werden noch beweisrelevante Unterlagen und Datenträger ausgewertet." Wann man damit fertig sei, sei noch nicht abzusehen. Kahrs war bislang für eine Stellungnahme nicht erreichbar und reagierte nicht auf Anfragen.

Razzia bei Johannes Kahrs

Bei Kahrs in Hamburg hatte es im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Skandal im vergangenen Jahr eine Razzia gegeben, wie dpa damals aus informierten Kreisen erfahren hatte. Wegen des Anfangsverdachts auf Begünstigung gegen drei Beschuldigte hätten Ermittler neben Privaträumen auch die Räumlichkeiten der Hamburger Finanzbehörde durchsucht, teilte die Staatsanwaltschaft Köln damals mit. Bisherige Ermittlungen hätten "Anhaltspunkte für strafrechtlich relevantes Verhalten der Beschuldigten im Zusammenhang mit verfahrensgegenständlichen ,Cum/Ex-Geschäften' eines in Hamburg ansässigen Kreditinstituts ergeben".

Kahrs galt als Bundestagsabgeordneter in Berlin als versierter Strippenzieher. Als Sprecher seiner Fraktion im mächtigen Haushaltsausschuss lenkte er regelmäßig öffentlichkeitswirksam Mittel in seinen Hamburger Wahlkreis. Nachdem er im Rennen um das Amt des Wehrbeauftragten scheiterte, legte der Sprecher der konservativeren SPD-Strömung Seeheimer Kreis sämtliche politischen Ämter nieder.

Sprecher: Scholz wusste nichts von Bargeld-Summe bei Kahrs

Bundeskanzler Olaf Scholz wusste nach Angaben seines Sprechers nichts von einer möglichen größeren Bargeld-Summe im Besitz von Kahrs. Das könne er ausschließen, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Scholz werde sich Ende kommender Woche erneut den Fragen des Untersuchungsausschusses zum sogenannten Cum-Ex-Skandal um die Hamburger Warburg-Bank stellen. "Auch dort wird alles, was sachdienlich zu sagen ist, behandelt werden", sagte Hebestreit.

In der Steueraffäre war der Druck auf Scholz in den vergangenen Tagen gestiegen. Er müsse Stellung zu den neusten Ermittlungserkenntnissen nehmen, forderten Oppositionspolitiker von Union und Linker am Montag.

CDU und Linke sehen SPD unter Druck

"Es ist überhaupt nicht klar, woher Kahrs das Geld bekommen und inwiefern das sozialdemokratische Netzwerk in Hamburg von diesen Vorgängen profitiert hat", sagte Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß dem "Spiegel". "Hier ist auch die SPD auf Bundesebene in der Pflicht, die Dinge endlich aufzuklären. Olaf Scholz und (Hamburgs Bürgermeister) Peter Tschentscher müssen zur Aufklärung beitragen. Beide dürfen nicht länger abtauchen», forderte er.

Der frühere Linken-Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi schrieb auf Twitter: "Entweder Kahrs weist die Herkunft des Geldes nach oder er beruft sich auf sein Recht zu schweigen aufgrund der gegen ihn laufenden Cum-Ex-Ermittlungen." In letzterem Fall, so schloss De Masi, liege es nahe, dass das Geld mit dem Cum-Ex-Fall in Verbindung stehe "und auch der Bundeskanzler hat ein Problem".

Bei Cum-Ex-Geschäften verschoben Finanzakteure Aktienpakete mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch rund um den Dividenden-Stichtag in einem vertrackten System und ließen sich dann Steuern mehrfach erstatten. Der Hamburger Untersuchungsausschuss soll eine mögliche Einflussnahme führender SPD-Politiker auf Steuerentscheidungen bei der in den Skandal verstrickten Warburg Bank klären. Hintergrund sind unter anderem Treffen des damaligen Bürgermeisters Scholz mit den Gesellschaftern der Bank, Christian Olearius und Max Warburg, 2016 und 2017. Scholz hatte ausgesagt, sich an die Treffen nicht erinnern zu können, eine politische Einflussnahme aber kategorisch ausgeschlossen. (dpa)

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