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„Höhle der Löwen“-Investor Ralf Dümmel: So schafft es jeder zum Start-up

Unternehmer Ralf Dümmel hat aufregende Monate hinter und vor sich. Der langjährige Chef einer Handelsgesellschaft spricht im Interview über seine jüngste Großfusion und gibt Einblicke in seine Rolle als Investor der erfolgreichen TV-Sendung „Höhle der Löwen“.

Sonntag, 16.01.2022, 09:00 Uhr
Der aus „Die Höhle der Löwen“ bekannte Investor Ralf Dümmel sieht Probleme grundsätzlich als eine Herausforderung an. Foto: Stefan Groenveld

Der aus „Die Höhle der Löwen“ bekannte Investor Ralf Dümmel sieht Probleme grundsätzlich als eine Herausforderung an. Foto: Stefan Groenveld

TAGEBLATT: Herr Dümmel, zu welchen Wertanlagen raten Sie Ihren drei heranwachsenden Kindern?

Ralf Dümmel: Ich rate ihnen natürlich, die neue Aktie der Social Chain AG zu kaufen, mit der meine Firma DS Produkte im Oktober zusammengegangen ist. Sie sollten da aber gar nicht so viel auf den Papa hören, sondern selber lernen. Sie haben auch nicht so viel Geld zum Anlegen. Das müssen sie sich erst mal verdienen. Zu Politik und Geldanlagen äußere ich mich öffentlich sonst nicht. Das steht mir zum einen nicht zu, außerdem will ich nicht den Schlaumeier spielen, und jeder sollte sein eigenes Konzept verfolgen.

Sie haben selber klein bei Möbel Kraft in Bad Segeberg angefangen. Was waren damals die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie mittlerweile zu einem erfolgreichen Unternehmer gemacht haben.

Ich wollte unbedingt dorthin. Mein Vater hat da auch 36 Jahre gearbeitet. Er ging immer früh los und kam abends spät nach Hause. Bis zu meinem elften Lebensjahr habe ich gedacht, Möbel Kraft gehört uns. Was mich an der Ausbildung dann begeistert hat, war die Vielseitigkeit. Ich bin alle Abteilungen durchlaufen. Ich habe nicht nur die Halle ausgefegt, sondern wurde echt weitergebildet. Wir hatten sogar Schulungen in Verkaufspsychologie. Ich habe extrem viel gelernt in den drei Jahren.

Sie hatten zunächst nur den Hauptschulabschluss. Was hat Sie entscheidend angespornt?

Ich hatte in der Schule das Gefühl, wenn ich den Zirkel rausgeholt habe oder eine Wurzel ziehen sollte, dass ich das für mein Leben nicht wirklich brauche. Mir war die Schule zu praxisfremd.

Mit gerade einmal 30 Jahren wurden Sie Geschäftsführer von DS Produkte. Was waren die entscheidenden Entwicklungsschritte in Ihrer beruflichen Karriere?

Es war erst einmal meine Ausbildung, die mich geprägt hat. Das Zweite war mein beruflicher Ziehvater, der Gründer und Namensgeber der DS Produkte Dieter Schwarz. Von Möbel Kraft kam ich in die nächste Lehre, wir waren mit mir elf Mitarbeiter mit einem Jahresumsatz von zunächst drei Millionen Mark. Ich habe von ihm wahnsinnig viel über Handel gelernt. Ich hatte schon extrem viel Ehrgeiz. Mir macht der Beruf heute noch Spaß. Auch wenn auf meinem Schreibtisch nicht nur positive Dinge landen. Ich sehe Probleme grundsätzlich als Herausforderung an.

Heute ist DS Produkte ein riesiges, international tätiges Handelshaus. Wie schlimm hat Sie Corona erwischt?

Wir haben 2020/21 unser bestes Geschäftsjahr gehabt. Wir hatten den Vorteil, omnichannel aufgestellt zu sein. Wir beliefern Teleshopping und sind auch online sehr stark. Wir haben zudem im Handel beim Lockdown den Vorteil gehabt, dass wir den Lebensmitteleinzelhandel und Drogeriemärkte beliefern, die aufhatten. Auch durch den Internethandel konnten wir Defizite, die es in anderen Bereichen gab, ausgleichen.

Gibt es eine Umkehr, weg vom chinesischen Markt, wo Sie vor Corona rund 75 Prozent produziert haben, hin zum heimischen?

Der Wunsch wäre 100 Prozent heimischer Markt. Gerade jetzt, wo man durch Frachtpreiserhöhung und Containerknappheit unter Druck steht. Mehr in Deutschland und in Europa zu produzieren, steht auch bei uns in der Strategie. Das ist wettbewerbsseitig nicht immer leicht. Wir arbeiten daran. Schwerpunkt ist aber immer noch der asiatische Markt.

Welche Produkte laufen in Corona-Zeiten, außer Masken?

Unser Maskenverkauf war ein Zusatzgeschäft. Wir haben viele Artikel im Bereich Deko und Garten verkauft. Dadurch, dass die Leute nicht reisen konnten, sahen die Häuser und Gärten in Deutschland noch nie so schön aus wie in den letzten zwei Jahren. Auch Fitnessgeräte für zu Hause liefen gut, weil die Fitnesscenter zuhatten. Es ist ein Vorteil, dass wir vom Sortiment her so breit aufgestellt sind.

Zur Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“, wo Sie seit 2016 Investor sind: Was war das erfolgreichste Projekt, das Sie unterstützt haben?

Ich tue mich immer schwer mit dem Begriff. Was ist denn erfolgreich? Die größte verkaufte Menge, der größte Firmenwert oder die meiste Kohle privat auf dem Konto? Man freut sich immer sehr, wenn es Leute zunächst schwer gehabt haben. In der letzten Staffel war einer, der wirtschaftlich am Ende war. Den unterstütze ich jetzt mit 49.000 Euro und 49 Prozent für ein Projekt mit der schnellen Currywurst im Glas. Dem ins lachende Auge zu sehen, ist auch ein Erfolg. Es gibt viele, die würden es so nicht schaffen, für die ist DHDL eine Chance, um ihr Produkt flächendeckend zu platzieren.

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Welche Hauptkriterien muss ein Start-up heute erfüllen?

Ich würde nie in ein Start-up investieren, wenn ich der Meinung bin, dass es menschlich nicht passt. Ich bin davon überzeugt, dass man nur erfolgreich wird, wenn man auch Spaß bei der Arbeit hat. Spaß hat man nur mit Menschen, wenn man sich respektiert, sich freut, wenn der andere anruft oder man sich sieht. Es kann dir aber menschlich der tollste Charakter gegenüberstehen, es taugt alles nichts, wenn es das Produkt nicht bringt. Ich gucke zudem eher auf die Artikel, die massenfähig sind. In eine totale Nische zu investieren, fällt mir eher schwer, auch wenn Nischenprodukte eine Berechtigung haben.

Welche Rolle spielen Sie genau als Investor?

Es gibt Firmen, die machen sehr viel selbstständig, es gibt aber auch Beispiele, wie das genannte, die Unterstützung brauchen. Rudolf Wild war, als er in die Sendung kam, 79 Jahre alt. Er wollte mit seiner multifunktionalen Gartenharke kein Unternehmen aufbauen, sondern die Idee, die er in der Garage entwickelt hatte, im Handel sehen. Er brauchte ein Rundum-sorglos-Paket: Einkauf, Finanzierung, Vertrieb, Qualitätskontrolle, Rechtsberatung, das volle Programm eben. Wir bauen das Unternehmen mit auf und achten darauf, dass die Gründer nicht zu sehr ins Risiko gehen müssen. Es kommt ja leider auch bei „Die Höhle der Löwen“ vor, dass ein Produkt nicht funktioniert. Bei uns hat aber noch nie jemand Geld verloren.

Oft geht es bei Ihren Produkten um sogenannte Problemlöser. Was ist das genau?

Zum einen müssen die Produkte für den Alltag brauchbar sein. So wie der Rostschreck, ein Metallmagnet, den man in den Geschirrspüler legt und der Rostflecken an Geschirr und Pfannenböden verhindert. Das kann jeder Haushalt gebrauchen, der einen Geschirrspüler hat.

Sie haben Ihr Unternehmen an die Firma Social Chain Ihres DHDL-Mit-Juroren Georg Kofler verkauft, sitzen weiter im Vorstand. Was versprechen Sie sich von diesem Zusammenschluss?

Es ist eher durch Zufall entstanden. Wir saßen zusammen und haben festgestellt, wie komplementär unsere Unternehmen eigentlich sind. Beide sind erfolgreich, umsatzmäßig nicht weit auseinander und ähnlich groß. Wir haben festgestellt, was die DS Gruppe kann, kann die Social Chain nicht und andersherum. Da haben wir gemerkt, welche Synergien hier möglich sind. Wir hatten keinen wirtschaftlichen Druck und haben aus einer ganz starken Position heraus verkauft. Es ist sehr langfristig gedacht, und wir haben gemerkt, dass Social Media und E-Commerce immer relevanter werden. Dafür hätten wir Abteilungen aufbauen müssen. Wir haben das große Ziel, in den nächsten zwei Jahren einen Milliardenkonzern zu entwickeln. Es war auch weniger ein Verkauf, als mehr ein Zusammenschluss. Ein Großteil des Kaufpreises wurde in Aktien bezahlt, weil wir an die gemeinsame Geschichte glauben.

Sie haben einen traditionellen, aber auch extravaganten Kleidungsstil. Wer berät Sie da?

Das suche ich schon selber aus. Man fragt immer mal jemanden im Büro. Ich sitze mit dem Schneider zusammen und gucke, welche Anzüge es gibt und was für Farben. Es wird aber immer schwieriger, eine neue Farbe zu finden. Mal gucken, was für die neuen Drehtage noch für ein Anzug möglich ist. Dass Kleider Leute machen, da glaube ich aber nicht dran. Ich habe gerade mit dem Inhaber eines Milliardenkonzerns zusammengesessen. Der trug Jeans und T-Shirt, und er hat, glaube ich, gar kein Sakko.

Geben Sie doch unseren Lesern mal den entscheidenden Tipp, wie man am besten ein Produkt verkauft.

Das ist in ein, zwei Sätzen nicht einfach. Erst mal muss Bedarf für dein Produkt vorhanden sein. Dann musst du dein Umfeld und deine Wettbewerber kennen. Gibt es Ähnliche? Wie ist das Umfeld preislich aufgestellt? Du musst für dein Produkt brennen und darfst gleichzeitig nicht abheben. Am Ende entscheiden es die 80 Millionen Menschen draußen, ob dein Produkt erfolgreich wird. Es ist nicht einfach, mit seinen Produkten, gerade in die großen Handelshäuser, reinzukommen. Es gibt da aber gute Start-up-Programme von Großkonzernen. Ich habe immer gesagt: Suche dir einen Sparringspartner für Diskussionen. Schaue nach strategischen Partnern. Ich bin auch nicht schlauer als andere, ich habe nur das ganze Lehrgeld schon gezahlt, das andere zahlen müssen, wenn sie neu anfangen.

Sie wären fast Fußball-Profi-Schiedsrichter geworden. Umtreibt Sie auch bei Ihren Geschäften immer noch die Gerechtigkeit?

Es ist schon so, dass ich mit Lügen und Ungerechtigkeit nicht umgehen kann. Bei allem harten Business, ist das Menschliche sehr wichtig. Ich versuche, das allen meinen Mitarbeitern mitzugeben: Bei uns sind die Putzleute und der Hausmeister genauso viel wert wie die Führungskräfte. Wir sind ein Team, und jeder trägt seinen Teil zum Erfolg bei.

Bitte ergänzen Sie...

Hamburg ist für mich... die schönste Stadt der Welt.

Mein Lieblings-Fußballverein ist... HSV und VfB Lübeck.

Wäre ich nicht Investor geworden, wäre ich... ein glücklicher Geschäftsführer bei der DS Gruppe.

Mein Traum-Investment wäre... eine Pille, von der man abnimmt, nachdem man Currywurst/Pommes gegessen hat.

Mein Lieblingsort in der Welt ist... zu Hause ganz in Ruhe.

Zur Person

Ralf Dümmel, 55, ist ein klassischer Selfmademan. Nach der Schule machte er zunächst eine Ausbildung bei Möbel Kraft in seiner Heimatstadt Bad Segeberg. 1988 fing er als Verkaufsassistent beim Handelsunternehmen DS Produkte an und wurde 1996 Gesellschafter des Unternehmens. Seit 2000 war Dümmel Geschäftsführer von DS. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Gruppe zum international tätigen Handelshaus. Im Oktober 2021 übernahm das Social-Commerce-Unternehmen The Social Chain AG, Dümmel sitzt im Vorstand. Als Fußballschiedsrichter schaffte er es bis in den C-Kader des DFB. Seit 2016 ist Dümmel einer der Investoren der VOX-Gründershow „Die Höhle der Löwen“. Seit 2013 ist er mit der TV-Moderatorin Anna Heesch liiert.

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