TAltländer Pionier heizte schon in den 70er Jahren mit Wärmepumpe

Ob früher im Betrieb oder im Eigenheim: Dirk Thobaben kennt sich bestens mit Wärmepumpen aus. Foto: Buchmann
Wärmepumpen sind nach 40 Jahren wieder ein Energietrend. Dirk Thobaben erkannte schon früh das Potenzial der Technik - trotz der Skepsis von Heizungsbauern.
Hollern-Twielenfleth. Wer heute sein Haus beheizen will, für den ist die Option Wärmepumpe selbstverständlich. Die Heiztechnik ist jedoch keineswegs eine neue Erfindung. Bereits 1938 wurde im Züricher Rathaus die erste Wärmepumpe in Betrieb genommen. Bereits in den 70er Jahren wagte der Altländer Dirk Thobaben den Schritt weg von der Ölheizung zur Wärmepumpe.
„Die Wärmepumpe ist der einzige Weg, um vom Öl wegzukommen“, sagt Thobaben auch heute noch. Dass sich der Elektrotechnikmeister aus Hollern-Twielenfleth bereits 1973 mit der Technik auseinandersetzte, hatte einen Grund: die weltweite Ölpreiskrise. Im Oktober 1973 drosselten arabische Ölstaaten die Förderung des Rohstoffs, um westliche Länder wegen der Unterstützung Israels im Jom-Kippur-Krieg unter Druck zu setzen. Die explodierenden Ölpreise sorgten nicht nur für Sparmaßnahmen wie autofreie Sonntage, sondern führten auch zu einem Umdenken der Menschen beim Energieverbrauch.
Der umgekehrte Kühlschrank
Thobaben selbst hatte zu dieser Zeit gerade seine Meisterprüfung abgeschlossen, seine Eltern planten einen Hausbau in Hollern. „Da kam die Frage auf, wie wir das Haus beheizen wollen“, sagt der 75-Jährige. Bei seiner Recherche sei er auf die junge Heizungsfirma Terigen aus Herne gestoßen, die mit Wärmepumpen warb. „Die Technik war damals nicht weit verbreitet“, sagt Thobaben. Die Altländer hätten ihre Bauernhäuser fast ausschließlich mit Ölheizungen warmgehalten, Warmwasser bekamen sie rein elektrisch über große Elektrospeicher.

Ende der 70er Jahre boomte das Wärmepumpen-Geschäft in Deutschland für Hersteller wie Stiebel Eltron. Foto: Stiebel Eltron
Die Wärmepumpe funktioniert wie ein Kühlschrank, nur dass sie Wärme statt Kälte erzeugt. Sie entzieht Luft, Wasser oder Erde aus der Umgebung die Wärme und überträgt sie auf ein Kältemittel. Das Kältemittel verdampft, verdichtet und erhitzt sich in einem Kompressor und gibt diese Hitze dann in den Heizungskreislauf ab, bevor sich das Kühlmittel wieder verflüssigt. Anders als bei der Ölheizung, muss die Wärmepumpe daher keinen Rohstoff verbrennen, um Wärme zu gewinnen. Für den Betrieb braucht sie lediglich noch Strom.
Wärmepumpe lief nachts wegen des günstigen Stroms
Was in den 70er Jahren neu war: Die damaligen Wärmepumpen funktionierten nur über eine Fußbodenheizung vernünftig. „Heute ist das Standard, aber wer Heizkörper hatte, musste sich umgewöhnen“, sagt Thobaben, einst Chef der Firma Elektro-Thobaben aus Hollern-Twielenfleth, wo der Rentner Bürgermeister ist.
Vor allem Heizungsbauer hätten die Wärmepumpe sehr skeptisch betrachtet und bezweifelt, dass eine Fußbodenheizung ein ganzes Haus beheizen könne, berichtet Thobaben. „Die trauten sich damals nur gemeinsam mit einem Elektriker an die Wärmepumpen ran“, sagt er und lacht.
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Letztlich verbaute Thobaben ein Wasser-Wärmepumpen-System mit zwei Brunnen im Elternhaus. Die Familie profitierte vom Nachtstromtarif, der wegen des günstigeren Strompreises etwa für Nachtspeicheröfen genutzt worden war. „Wir haben ab 2 Uhr nachts dann das Haus vorgeheizt“, sagt er. Damit sich die Wärme über den Tag auch hielt, war eine Dämmung der Hauswände mit Mineralwolle und Wellpappe notwendig.
Elternhaus war Musterhaus für Wärmepumpen-Bau
Bis 1978 etablierte sich das Wärmepumpen-System auch in Deutschland. Innerhalb von fünf Jahren hatte sein Betrieb 120 Wärmepumpen in der Region verbaut, von Neubauten bis in alten Bauernhäusern. „Das war ein richtiger Wärmepumpen-Boom“, sagt Thobaben. Bei Neubauten sei die Installation einfacher gewesen, da die Hausbauer etwa die Dämmung oder die Rohrleitungen für die Fußbodenheizung direkt einplanen konnten. Sein Elternhaus diente damals als Musterhaus für Interessierte, sagt er.
Umweltbewusste Menschen gab es auch schon 1975.
Dirk Thobaben, Eletrotechnikmeister aus Hollern
Mitte der 80er Jahre flachte die Nachfrage nach Wärmepumpen wieder ab, da der Ölpreis sich erholte. Im Verhältnis zur Ölheizung seien Wärmepumpen damals etwa doppelt so teuer gewesen, dafür fast wartungsfrei. „Rund 30.000 bis 35.000 DM musste man kalkulieren“, sagt Thobaben. Seitdem habe sich vieles verändert. Kühlmittel wie giftiges Ammoniak ist inzwischen durch Propan ersetzt worden, statt Stahlrohren kommen bei Fußbodenheizungen PE-Kunststoffrohre zum Einsatz.
Heute seien Monoblock-Wärmepumpen eine günstige Möglichkeit, jedoch zum Nachteil der Laufzeit. „Die Technik damals war robust, da lief eine Wärmepumpe 40 bis 50 Jahre“, sagt Thobaben. Dass die Wärmepumpe heute wieder im Fokus steht, verwundert den Altländer nicht. „Der Weg, von fossilen Rohstoffen wegzukommen, ist nicht umkehrbar“, sagt er. Umweltfreundliches Heizen sei jedoch keine neue Idee. Thobaben: „Umweltbewusste Menschen gab es auch schon 1975.“
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