Zähl Pixel
Gastronomie

TDas Sterben geht weiter: Letzte Kneipe in Apensen schließt

Anette und Ulli Benecke haben neue Pläne für eine gemeinsame Zukunft.

Anette und Ulli Benecke haben neue Pläne für eine gemeinsame Zukunft. Foto: Laudien

Zum Jahresende ist Schluss: Annette und Ulli Benecke mache ihre Bahnhofsgaststätte dicht. Was die Gründe sind und welche Pläne das Ehepaar jetzt anpackt.

Von Susanne Laudien Freitag, 27.12.2024, 17:50 Uhr

Apensen. Die Tage sind gezählt. Zum Jahresende geht in Apensen eine Ära zu Ende: Die Bahnhofsgaststätte schließt nach fast 43 Jahren. Künftig gibt es keine Speisekarte mehr, kein legendäres Marcel-Schnitzel und auch kein frisch gezapftes Feierabend-Bierchen in geselliger Runde am Tresen.

Mühle, Waage, Delmer Hof und das Fofftein

Damit wird auch die letzte Kneipe im Ort zu Grabe getragen. Zuerst war es die Mühle, dann die Waage, der Delmer Hof, das Fofftein und jetzt als Letzte die Bahnhofsgaststätte. „Das Fofftein macht auch nicht wieder auf, trotz anderslautender Gerüchte“, weiß Ulli Benecke aus verlässlicher Quelle von der Inhaberin.

Der Delmer Hof ist längst Geschichte. Anette Benecke kann sich noch gut an viele schöne Familienfeiern in der legendären Gaststätte mit großem Saal und Kegelbahn erinnern. Am letzten Tag habe sie Tränen vergossen, sagt die 64-Jährige. Jetzt schließen sie und ihr 67-jähriger Ehemann Ulli die Türen ihrer Bahnhofsgaststätte - ihre Stammgäste hatten angesichts dieser Mitteilung ebenfalls Tränen in den Augen.

Gaststätte ist bis zum letzten Tag ausgebucht

„Das ist der Wandel der Zeit“, sagt Gastwirt Ulli Benecke zum Kneipensterben. Vorherrschende Gründe in der Branche wie Corona-Pandemie, Inflation und Personalmangel liegen bei der Bahnhofsgaststätte in Apensen nicht vor. Bis zum letzten Tag am 31. Dezember ist die Gaststätte direkt am Bahnhof ausgebucht.

Bewertungen waren stets voll des Lobes für die rustikale Atmosphäre und das leckere und günstige Essen. Auch über Personalmangel kann das Ehepaar nicht klagen. „Simone und Svenja sind unsere beiden langjährigen Mitarbeiterinnen, die uns immer treu zur Seite gestanden haben.“ Dennoch steht ihr Entschluss fest. „Wir gehen aufs Alter zu. Irgendwann muss auch mal Schluss sein“, sagt Ulli Benecke.

In einem Fotobuch hat Anette Benecke etliche Erinnerungen festgehalten.

In einem Fotobuch hat Anette Benecke etliche Erinnerungen festgehalten. Foto: Laudien

Als frisch verheiratetes Ehepaar, Anette war damals 22, Ulli 25, hatten die beiden 1982 den Schritt in die Selbstständigkeit mit Übernahme der Bahnhofsgaststätte gewagt. „Ich rief damals bei der Gemeinde an, die die Gaststätte verpachtete“, erinnert sich die Gastronomin. Ihr Konzept mit einer kleinen Speisekarte und zwei Sorten Fassbier kam gut an und wurde im Laufe der Zeit weiterentwickelt.

Bahnhofsschuppen wurde zum Clubhaus ausgebaut

1984 bauten sie den alten Bahnhofsschuppen zum Clubhaus aus. 1990 kaufte das Ehepaar das Haus und wohnte mit den drei kleinen Kindern über der Gaststätte. Die älteste Tochter ist mittlerweile 40 Jahre alt. „Trotz 65-Stunden-Woche und stressigem Betrieb bis spät in die Nacht haben wir mit unseren Kindern immer viel unternommen“, sagt das Ehepaar, das mittlerweile sieben Enkelkinder im Alter von 2 bis 13 Jahren hat, die alle in Apensen wohnen.

Im ehemaligen Bahnhofsschuppen wurde ein rustikaler Clubraum eingerichtet.

Im ehemaligen Bahnhofsschuppen wurde ein rustikaler Clubraum eingerichtet. Foto: Laudien

Einbrüche, das Rauchverbot ab 2013 und die Corona-Pandemie sorgten immer wieder für neue Herausforderungen. Von 1982 bis 2012 hatte das Ehepaar eine Sechs-Tage-Woche. Danach wurde ein Ruhetag eingeführt und schließlich öffneten sie von Donnerstag bis Sonntag ab 16 Uhr. Zusätzlich mussten Einkäufe, Buchhaltung und zunehmende Bürokratie erledigt werden. „Wir haben immer günstig eingekauft und konnten dadurch entsprechende Preise an die Gäste weitergeben. Das hat sich herumgesprochen“, verrät Ulli Benecke ihr Erfolgsrezept.

Auch bei Sportlern vom TSV Apensen und aus der Umgebung war die Bahnhofsgaststätte als Vereinskneipe sehr beliebt. Großes Glück hatten sie auch mit ihren verständnisvollen Nachbarn. „Selbst wenn die Gäste mal lauter waren, haben sie sich nicht beschwert oder die Polizei alarmiert.“

Island - Die Beneckes erfüllen sich einen Traum

So ganz möchten sich die Beneckes aber nicht von ihrer Bahnhofsgaststätte verabschieden. Ab 2025 öffnen sie noch für Gesellschaften ab etwa 18 bis 20 Personen. Dann werden ihnen bei den Veranstaltungen ihre treuen Mitarbeiterinnen weiterhin zur Seite stehen. Auch ein Frühstücksbüfett oder einen Dämmerschoppen könnte es eventuell mal geben, schmiedet Anette Benecke bereits neue Pläne für die Zukunft.

Ulli und Anett Benecke standen fast 43 Jahre hinter dem Tresen.

Ulli und Anett Benecke standen fast 43 Jahre hinter dem Tresen. Foto: Laudien

Eines steht aber fest: Im nächsten Sommer schließt das Ehepaar die Bahnhofsgaststätte mehrere Monate komplett und macht mit dem Wohnmobil eine längere Reise nach Island. „Damit erfüllen wir uns einen lang gehegten Traum. Wir wollen unser Leben genießen und sind jetzt noch fit genug dafür.“

Weitere Artikel