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Kultur

TDiese beiden Jorker lieben es klassisch

Chantal Fathije Mohsenian und Karl Schineis sind Klassik-Fans.

Chantal Fathije Mohsenian und Karl Schineis sind Klassik-Fans. Foto: Felsch

Sie ist Ärztin, er eigentlich Handwerker: Zusammengeführt hat sie die Musik: Klassik bestimmt das Leben von Chantal Fathije Mohsenian und Karl Schineis.

Von Franziska Felsch Sonntag, 13.07.2025, 18:29 Uhr

Jork. Viele Mediziner widmen sich der Musik, erzählt Dr. Chantal Fathije Mohsenian. In ihrem Fall trifft das hundertprozentig zu, die Psychiaterin mit eigener Sachverständigenpraxis in Wandsbek spielt leidenschaftlich gern Klavier. Und mehr als das.

Psychiaterin, Pianistin und Balletttänzerin

Sie ist eine ausgezeichnete Pianistin und will sich in naher Zukunft ausschließlich der Musik widmen. Damit erfüllt sich die gebürtige Hamburgerin mit iranischen Wurzeln einen großen Traum.

Ein Onkel, der wie ihre Eltern ausgewandert war, schenkte ihr die neun Sinfonien von Beethoven - einen Schatz, den sie heute noch hütet. Als junges Mädchen interessierte sie sich mehr für Ballett und Oper als für die Beatles. Pianistin wollte sie werden, Balletttänzerin und Schriftstellerin.

„Das deckte sich aber nicht mit den Vorstellungen meiner Eltern, die einen Teppichhandel führten“, erinnert sich die Psychiaterin, die im Alter von fünf Jahren ihren ersten Klavier- und Ballettunterricht erhielt. Passionen, die sie beibehielt, obwohl sie dann doch Medizin studierte.

„Meine Mutter war eine Nachfahrin der Kadscharen-Dynastie, dem letzten Kaisergeschlecht des Iran, erst später verstand ich ihre tief sitzende Trauer, durch die Auswirkungen des erlittenen Verlustes.“ Sie vermutet, dass ihr Interesse für Psychologie daher stamme.

Über ihre Gerichtsfälle hat die Gutachterin Bücher geschrieben, mit geänderten Namen und Orten. „Gerichtsurteile und ihre Folgen“ erschien 2016 im Shaker Verlag und enthält auch ihre eigene Biografie, die Fortsetzung „Gefangen“ schildert Beispiele aus der Praxis.

Nachfahrin des letzten Kaisergeschlechts des Iran

Mit ihrem Mann zog sie vor gut einem Jahr nach Jork und gab für die Nachbarn ein Hauskonzert. Ein Besucher war derart begeistert und sprach von Elbphilharmonie-Niveau, er empfahl seiner neuen Nachbarin unbedingt öffentlich aufzutreten und den Kontakt zur Kulturszene im Alten Land zu suchen. Erste Schritte hat sie bereits unternommen.

Chantal Fathije Mohsenian an ihrem Flügel in Jork.

Chantal Fathije Mohsenian an ihrem Flügel in Jork. Foto: Felsch

Ein ähnliches Format wie das etablierte „Klassik auf dem Lande“ ist angedacht - auf Spendenbasis. Ins Auge gefasst sind Termine Mitte November im Museum in Jork wegen des Steinway Flügels. Dort wird sie gemeinsam mit einem Ärzteorchester aus Hamburg auftreten.

Viele ihrer Kollegen haben zusätzlich Musik studiert, einige von ihnen sind in Rente und haben mehr Zeit für das, was bisher eher Hobby war, aber durchaus eine hohe Professionalität erreicht hat, wie die Konzerte in großen Häusern beweisen.

Um professionell zu spielen, sei regelmäßiges Üben unerlässlich, sagt die 66-Jährige, weshalb sie sich in Zukunft ganz auf die Musik konzentrieren will. „Klavier ist anspruchsvoll“, bestätigt sie, die bereits Erfahrung mitbringt durch Auftritte mit Orchestern und als Solistin.

Das Klassikthema begleitet sie ihr ganzes Leben. Um einige Stationen zu nennen: Hamburger Konservatorium, Centre International de Dance, Academy of Dance Hamburg, Theaterärztin in der Hamburger Musikhalle, Klavierkonzertpreisträgerin in Köln.

Vom Schlosser zum Sänger - was für eine Karriere

Durch die Musik lernte sie 2005 ihren Mann kennen, den Tenor Karl Schineis. Der hat seine Berufung erst spät entdeckt. Vor 26 Jahren, 1999. „Mich hat meine Gesangslehrerin animiert, den Beruf zu wechseln“, erzählt der Installateur- und Schlossermeister mit ehemals eigenem Geschäft in Bayern.

Chantal Fathije Mohsenian und Karl Schineis sind vor einem Jahr nach Jork gezogen.

Chantal Fathije Mohsenian und Karl Schineis sind vor einem Jahr nach Jork gezogen. Foto: Felsch

Ein Jahr später sang der damalige Mitdreißiger für den Sonderchor in Bayreuth vor. 2001 konnte er in den Hauptchor wechseln. Drei Jahre arbeitete er zweigleisig - als Handwerker und als Künstler - dann gab er die Schlosserei auf und machte das Singen zu seinem Hauptjob.

Der führte ihn 2005 in den Chor der Hamburgischen Staatsoper, wo er bis 2011 blieb. Von Hamburg aus arbeitet der 62-Jährige heute bei vielen Aufführungen und Projekten mit. „Es gibt immer wieder Engagements wie in München, Bonn oder Amsterdam, dadurch dass man in der Szene gut etabliert ist“, erklärt der freischaffende Sänger. Wie viele seiner Kollegen singt er nicht nur im Chor, sondern auch Solopartien.

Chantal Fathije Mohsenian hat im Haus ein kleines Ballettstudio einrichten lassen.

Chantal Fathije Mohsenian hat im Haus ein kleines Ballettstudio einrichten lassen. Foto: Felsch

Seit dem Umzug in das neue Haus hat er weniger Zeit für die Musik. Der gelernte Handwerker macht innen und außen fast alles selbst. Im Wohnzimmer mit Blick auf den großen Garten mit schattigen Bäumen stehen zwei Klaviere. Hier sitzt Chantal Fathije Mohsenian und probt fast täglich.

Im Sportraum im Keller ist eine Ballettstange vor einem großen Spiegel eingerichtet. Um fit zu bleiben, schwimmt sie auch gern. Aber das Üben darf nicht zu kurz kommen. Denn sie hat sich für den Auftritt im Herbst für Schumann Klavierkonzert in A-Moll entschieden, das gilt als eines der anspruchsvollsten Klavierstücke überhaupt.

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