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Das Fenster zum Hof

TKrimi mit einem der drei ???: Fesselnde Spannung im Schloss Agathenburg

Die Spannung steigt: Jens Wawrczek (rechts), gerade in der Rolle des bedrohten Protagonisten, und Vincent Dombrowski am Saxofon.

Die Spannung steigt: Jens Wawrczek (rechts), gerade in der Rolle des bedrohten Protagonisten, und Vincent Dombrowski am Saxofon. Foto: Bisping

Es ging um Mord. Jens Wawrczek, bekannt als Schauspieler und Sprecher von den drei Fragezeichen, brachte in Agathenburg Hitchcock-Atmosphäre auf die Bühne. Damit nicht genug: Am Ende war er auch noch Grace Kelly. Was war da los im Schloss?

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Von Alexandra Bisping
Samstag, 20.04.2024, 13:50 Uhr

Agathenburg. Es ist dunkel. Und mucksmäuschenstill. Nur die kleine Bühne ist erleuchtet. Die Spannung steigt, denn Peter Shaw ist da. Eines der drei Fragezeichen, gesprochen von Jens Wawrczek.

Mit ihm zieht viel Nostalgie in den Pferdestall von Schloss Agathenburg. Denn Wawrczek spricht seit 1976 in der Kult-Hörspielreihe „Die drei ???“ die Rolle des zweiten Detektivs Peter Shaw. Und auch heute Abend wird es kriminell, im besten Sinne.

Aus einer kurzen Story machte Hitchcock einen Thriller

Vor vollem Haus liest der erklärte Hitchcock-Fan Wawrczek - unter anderem hat er das Buch „How to Hitchcock: Meine Reise durch das Hitchcock-Universum“ geschrieben - Auszüge aus dem Roman „Das Fenster zum Hof“ (im Englischen: „It had to be Murder“) von Cornell Woolrich.

Die Kurzgeschichte hatte der britische Regisseur Alfred Hitchcock 1954 erfolgreich verfilmt und zu den wenigen Figuren ein paar Frauenrollen erfunden.

Im Original ist es einem Kammerspiel ähnlich. Der Schauspieler und Synchronsprecher Wawrczek kurbelt das Kino im Kopf an, musikalisch unterstützt von Vincent Dombrowski am Saxofon. In Ich-Form gibt Wawrczek den gehandicapten Protagonisten Hal Jeffries, der in nörgeligem Ton von seinen Nachbarn erzählt.

Gefangen zwischen Sofa und Fensterfront

Wawrczeks Darbietung ist eindrücklich. Die beklemmende Situation ist zu spüren. Jeffries, gelangweilt und bei brütender Hitze in einem winzigen Aktionsradius zwischen Sofa und Fenster gefangen, bleibt kaum etwas anderes, als sich die Zeit mit dem Beobachten der Nachbarn und Spekulationen zu vertreiben. Wawrczek ist Jeffries, dessen Blicke über das Publikum schweifen, als sei es die Nachbarschaft.

Sam, sein leicht phlegmatisch wirkender Pfleger, bietet in seinen kurzen Visiten kaum Abwechslung. Die Stunden schleppen sich dahin. Bis Jeffries hinter einem Fenster einen Mord vermutet.

War der Sprecher bisher sparsam mit seinen Gesten, kommt nun viel Leben in den Pferdestall. Er gestikuliert, zeigt, wie zunehmend verzweifelt Jeffries ist bei dem Versuch, den skeptischen Kriminalbeamten Boyne zu überzeugen.

Schwarzer Humor und eine beeindruckende Gesangseinlage

Makabren Humor transportiert der Künstler gekonnt. So lachen die Zuschauer bei Sätzen wie „Wenn eine Grille zirpt, ist das ein Zeichen, dass der Tod in der Nähe ist“ oder kichern bei „Ich musste ihnen von meinem Fenster aus eine Leiche liefern“. Als es dem Protagonisten selbst fast an den Kragen geht, wird Wawrczeks Stimme panisch und atemlos. Und das Publikum scheint mit ihm die Luft anzuhalten.

Der Held überlebt - Zeit für Jens Wawrczek, ein weiteres seiner vielen Talente unter Beweis zu stellen. „Sie müssen jetzt ganz stark sein und sich vorstellen, ich sehe aus wie Grace Kelly“, bittet er das lachende Publikum.

Er singt „Lisa“, komponiert von Franz Waxman. Es ist die Erkennungsmelodie für die weibliche Protagonistin in Hitchcocks Thriller, gespielt von Grace Kelly. Auch das kann Wawrczek.

Der Applaus war ihnen sicher: Saxofonist Vincent Dombrowski und Sprecher Jens Wawrczek.

Der Applaus war ihnen sicher: Saxofonist Vincent Dombrowski und Sprecher Jens Wawrczek. Foto: Bisping

Kurz-Interview mit Jens Wawrczek

Lieber eine Lesung geben oder ein Hörspiel aufnehmen?

Lieber lesen.

Vor großem Publikum oder in kleiner Runde?

In kleiner Runde, das ist intimer.

Ihre Lieblingsfigur aus den Hitchcock-Filmen?

Marnie (aus dem gleichnamigen Film). Weil mich ihre Geschichte so rührt und weil sie sich selbst aus dem Trauma befreien kann.

Welche Figur wären Sie gerne in einem Hitchcock-Film?

Mr. Memory aus „Die 39 Stufen“. Eine skurrile Figur, eine Nebenrolle, aber wichtig für die Handlung.

Vor welcher Hitchcock-Figur hätten Sie am meisten Angst?

(scherzhaft) Vor der dritten Krähe von links aus „Die Vögel“.

Sie sind über 60. Wie lange sprechen Sie noch den jugendlichen Peter Shaw?

Noch ist kein Ende abzusehen, mal schauen, was ist, wenn ich 70 bin.

Ihr nächstes Projekt?

Gerade habe ich die Rechte an einem Hörbuch zu „Psycho“ erworben und hoffe, das auch auf die Bühne zu bringen.

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