TMittelalterliche Wurfmaschine fasziniert tausende Besucher
Beim Abwurf der Kugel durfte keiner in der Nähe der Blide sein. Foto: Laudien
Erstaunlich, was im Mittelalter konzipiert wurde: Die Blide wurde früher als Geschütz eingesetzt. In Beckdorf ging keine Gefahr von ihr aus. Die Sicherheitsvorkehrungen waren streng.
Beckdorf. Sie ist die größte und präziseste Wurfmaschine unter den mittelalterlichen Belagerungsgeräten - und begeistert bis heute: 15 Meter hoch ist der Blide-Nachbau auf dem Beekhoff in Beckdorf, der eine 30 Kilogramm schwere Kugel mit der Geschwindigkeit von bis zu 200 Kilometern pro Stunde bis zu 200 Meter weit schleudern kann.
Beim diesjährigen Blidenfest am Wochenende war die Wurfmaschine wieder der buchstäbliche Höhepunkt und faszinierte bei mehreren Vorführungen tausende Besucher - neben vielen Aktionen wie Schwertkampf, Bogenturnier, Musik-Darbietungen und dem Weitwurf mit einer Mini-Blide für Kinder.
Vorbereitungen zum Abwurf: Der neun Meter lange Wurfarm wurde mit einer Winde nach unten geholt. Foto: Laudien
Blidenfest zwei Jahre lang ohne Geschoss
Blide-Meister Patrick Busch, genannt Paddy, hatte kurz vor dem ersten Blide-Abwurf am Samstagmittag seine Crew um sich geschart, damit bei dem nicht ungefährlichen Unterfangen alles reibungslos läuft. Ein Vorfall ist dem Blide-Meister noch in bleibender Erinnerung.
„Ich wurde in Schockstarre versetzt, als der hölzerne Wurfarm der Blide während des Wurfvorgangs 2021 auseinanderbrach. Zum Glück wurde niemand der vielen Zuschauer von der Kugel getroffen“, sagt Patrick Busch. Zwei Jahre lang musste das Blidenfest ohne das Geschoss stattfinden. Die neue Blide wurde von Experten gebaut, die auch die Holzachterbahn im Heidepark konzipiert hatten.
Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen
Beim diesjährigen Blidenfest galten verschärfte Sicherheitsbedingungen mit weitreichender Absperrung bei den Wurfvorführungen. Auch im Hinblick auf Waffen und Schwerter, die bei den Show-Kämpfen eingesetzt wurden, gab es höhere Auflagen. „Alles wurde kontrolliert. Es gibt hier lediglich Sportgeräte“, teilte Melanie Vollmert mit, die mit Patrick Busch vom Ruf der Ritter die Organisation des Blidenfestes für die Kranzbinder Beckdorf als Veranstalter übernommen hat.

Melanie Vollmert und Patrick Busch vom Ruf der Ritter organsierten das Blidenfest in Beckdorf. Foto: Laudien
23 Gruppen vor Ort
23 Heerlager-Gruppen schlugen ihre Zelte auf und sorgten für lebendige Einblicke in das Leben im Mittelalter. Beim Aufmarsch der Blidenfest-Akteure gab es einen äußerst emotionalen Moment.
Gemeinsam riefen sie „Alles Gute Siggi!“ als Gruß an Siegfried Stresow, langjähriger Vorsitzender der Kranzbinder Beckdorf, der wie berichtet aufgrund seiner Erkrankung den Vorsitz an Thomas Kröck abgegeben hat und erstmals nicht am Blidenfest teilnehmen konnte.
Eine Schweißnaht wurde noch kurzfristig repariert
Danach stieg die Spannung für den ersten Blidewurf bei den Besuchern sowie die Anspannung bei Blide-Meister Paddy und seiner Crew. Bereits am Vortag hatten sie die Wurfmaschine auf Herz und Nieren geprüft, Schrauben und hölzerne Nagelstifte inspiziert und die Winde gefettet. Beim Probewurf fiel eine gebrochene Schweißnaht auf, die kurzfristig geschweißt wurde. „Die Naht trägt keine Last, sodass von dem Bruch keine Gefahr ausgegangen wäre, aber wir reparieren hier alles ordentlich“, sagte einer der Hobbyschmiede. Dann ging es los.

Eine Mini-Blide gab es eigens für Kinder. Foto: Laudien
Neun-Meter-Wurfarm katapultiert 30-Kilo-Kugel
Blide-Meister und Helfer beluden den Gegengewichtskasten mit Steinen, die für die Hebelkraft und den nötigen Schwung beim Wurfvorgang sorgen. Die Männer kurbelten mit der Winde das Seil und brachten den neun Meter langen Wurfarm nach unten. Sie packten die 30 Kilogramm schwere Wurfkugel in die Schleudertasche. Nach dem Auslösen ging alles ganz schnell.
Finally.
Der Wurfarm drehte sich um die Hauptachse. Die Kugel wurde aus der Geschossrinne gezogen. Die Schleuder nahm mit zunehmender Höhe des Wurfarmes immer mehr Geschwindigkeit auf. Der Wurfarm wurde durch das Gewicht im Gegengewichtskasten immer schneller nach oben in die Senkrechte gezogen und die Kugel sauste im hohen Bogen durch die Luft.

Die 30 Kilogramm schwere Kugel wird platziert. Foto: Laudien
Erschütterung beim Einschlag der Kugel
Das angepeilte Ziel, eine aufgestellte Palisade in rund 50 Metern Entfernung, wurde haushoch überflogen. Die Wurfkugel schlug dahinter in den morastigen Boden ein. Viele Zuschauer liefen sofort zur Einschlagstelle, wo die Kugel tief vergraben im Erdreich steckte.

Beim Schwert-Show-Kampf wurde Isern Hinnerk (rechts) besiegt. Foto: Laudien
„Wir spürten sogar eine Erschütterung beim Einschlag“, sagte das Ehepaar Hölling aus Tostedt. Blide-Meister Paddy zeigte sich nach dem ersten Wurf zufrieden. Allerdings hatte sich das Seil am oberen Ende des Wurfarmes verheddert und musste vor den nächsten Vorführungen, die im 90 Minuten-Takt folgten - am Samstagabend sogar mit Feuershow - wieder geordnet werden. Für Paddy und sein Team kein Problem.

Die Akteure des Mittelalter-Spektakels auf dem Beekhoff in Beckdorf. Foto: Laudien
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