TSauerstoffloch: Fische sterben in der Elbe - die Möwen freut es

Fischsterben in der Elbe: Elbfischer Lothar Buckow aus Jork hat seine Reusen eingeholt. Foto: Vasel
Elbfischer Lothar Buckow aus Jork ist entsetzt: Derzeit sterben wieder Tausende Fische in der Elbe. Der Wissenschaftler Dr. Veit Henning kennt die Gründe.
Jork. Vögel wie die Lachmöwe schlagen sich in der Elbe derzeit den Magen voll. Grund: Unzählige Fische treiben leblos im Wasser. Zwischen Hamburg und Grünendeich ist die Elbe teilweise tot - im wahrsten Sinne des Wortes.
In diesem Gebiet ist ein großes Sauerstoffloch entstanden. Nach dem Starkregen der vergangenen Tage ist „viel organisches Material aus den Kanälen und den Nebenflüssen in die Elbe gelangt“, so Dr. Veit Henning, Biologe an der Universität Hamburg. Das habe eine starke Sauerstoffzehrung im Fluss ausgelöst.
Kein Sauerstoff und kein Licht
Das organische Material, etwa Blätter und Gräser, sinkt gemeinsam mit den Grünalgen aus dem Oberlauf der Elbe in die Tiefe der Fahrrinne und der Hafenbecken. Extreme Tideströmung und die Trübung durchs (Saug-)Baggern lassen kein Licht durch. Der Schlick, der hochgebaggert wird, verstärkt die Sauerstoffzehrung in der tiefen, dunklen Fahrrinne. Abgestorbene Pflanzenreste sinken in die Tiefe und werden dort von Mikroorganismen abgebaut. Hierbei wird viel Sauerstoff verbraucht und Kohlenstoffdioxid entsteht. Dieses ist schwerer als Sauerstoff und verdrängt diesen.
Naturschutz
T Schweinswal-Sterben an der Unterelbe wirft Rätsel auf
Der Tod sei allgegenwärtig. Elbfischer Lothar Buckow hat seine Reusen am Hauptstrom eingeholt. Die Sauerstoffkonzentration bei Blankenese sei unter die für Fische kritische Grenze von vier Milligramm pro Liter Wasser (mg/l) gesunken. Das sei „toxisch für die Fische“, so Veit Henning. Er spricht von 1,8 mg/l. Buckow beklagt, dass die Messstation Seemannshöft aktuell keine Daten liefert. Mittlerweile ist der Sauerstoffgehalt bei Blankenese auf 1,5 mg/l abgesunken (Stand: Montagmittag). „Nur tote Fische - von Blankenese bis Hamburg-Yachthafen“, sagt Buckow.
Fische flüchten in Hahnöfer Nebenelbe
Lediglich im Mühlenberger Loch und in der Hahnöfer Nebenelbe sehe es etwas besser aus. Aale haben sich in den Bereich gerettet. Das zeige, wie wichtig die Wiederherstellung von sauerstoffreichen, sandigen Flachwasserzonen und die Entschlickung wären, mahnt Buckow.
Aktuell sei der Fluss durch den Verlust und die Verschlickung weiterer Flachwasserzonen infolge der erneuten Elbvertiefung und der Airbus-Erweiterung nicht mehr in der Lage, sich schnell von negativen Einflüssen zu erholen.
Elbfischer hofft auf stürmisches Wetter
Unheimlich viele Möwen stürzen sich auf die toten Fische vor Wedel. Er hofft, dass die Stinte sich retten konnten. Die Population war in den vergangenen 15 Jahren um 85 Prozent zurückgegangen. Im Winter werde er feststellen können, ob die Null-Generation aus diesem Jahr überlebt habe.
Zander oder Elbbutt landen fast gar nicht mehr in der Reuse oder im Netz: Buckow: „Die haben die Sauerstofflöcher der letzten Jahre hinweggerafft.“ Er hoffe jetzt auf stürmisches Wetter, damit wieder Sauerstoff in die Elbe komme.