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TTraurig und verärgert: Dauercamper räumen ihre Stellplätze auf Lühesand

Wehmütig: Dauercamper Klaus Beecken (links) und Martin Rathjens bauen ab und räumen ihre Stellplätze.

Wehmütig: Dauercamper Klaus Beecken (links) und Martin Rathjens bauen ab und räumen ihre Stellplätze. Foto: Hellwig

Jahrzehnte haben sie auf Lühesand gecampt - ihrem zweiten Zuhause. Jetzt das Aus. Das Müllproblem bleibt, dafür findet Bürgermeister Timo Gerke klare Worte.

Von Björn Vasel und Andre Hellwig Freitag, 04.04.2025, 16:30 Uhr

Lühesand. Ende März hat der langjährige Campingplatz-Pächter Holger Blohm die ersten Dauercamper auf die Elbinsel Lühesand übergesetzt. Viele verbringen seit Jahrzehnten ihre Freizeit und ihren Urlaub auf der rund 124 Hektar großen, überwiegend unter Naturschutz stehenden Insel. Das ist Geschichte.

Die Mehrzahl der 80 Dauercamper will Lühesand den Rücken kehren. Nach dem Müllvorwurf hatte Familie Köhnken aus Drage die Notbremse gezogen. Die Betreiber des bekannten Top-Campingplatzes Stover Sand verschoben die Eröffnung auf Lühesand auf April 2026.

Dauercamper räumen Stellplätze auf Lühesand

Die Dauercamper, die keinen Vertrag mit den neuen Pächtern schließen wollen, müssen die Insel räumen. Samtgemeindebürgermeister Timo Gerke sieht die Dauercamper und vor allem Alt-Pächter Holger Blohm in der Pflicht. Dieser müsse dafür sorgen, dass seine früheren Kunden „alles von der Insel holen“. Den Rathaus-Chef treibt die Sorge um, dass Camper ihren Wohnwagen in Sandhörn abholen, ohne ihre Stellplätze „lastenfrei“ an die Samtgemeinde Lühe und die Familie Köhnken zu übergeben.

Materialanhänger - gefüllt mit Vorzelten, Kühlschränken oder Campingstühlen - stehen noch auf einer sturmflutsicheren Wiese vor dem alten Gasthaus von 1933. Außerdem müssen Aufbauten aus Beton und Holz sowie Zäune, Schuppen, Spielgeräte, Waschbetonplatten und Terrassen auf den Stellplätzen entfernt werden. Einige Camper hatten sich mit Blick auf das Hochwasser-Risiko kleine Warften angelegt.

Abschied: Die Lühesand-Dauercamper schaffen ihr Material an Land.

Abschied: Die Lühesand-Dauercamper schaffen ihr Material an Land. Foto: Hellwig

Die Übergabe des Campingplatzes war ursprünglich für März geplant. Dann stand der Vorwurf der illegalen Müllentsorgung im Raum. Jetzt soll die Übergabe am Dienstag, 20. Mai, 10 Uhr, eingeleitet werden, sagte Gerke dem TAGEBLATT. Für diesen Tag sei eine Begehung mit dem alten und dem neuen Pächter angesetzt.

Festgehalten werden soll dann, ob und wo noch Nachbesserungsbedarf besteht. Der Bürgermeister hofft, dass alle Ex-Dauercamper die Insel bis zu diesem Zeitpunkt räumen. Der kommunale Bauhof werde diese Arbeiten nicht für Holger Blohm übernehmen. Dieser müsse „seinen Vertragspartnern“ notfalls eine letzte Frist setzen.

Gerke hofft, dass die Übergabe ohne Rechtsstreit über die Bühne geht. Einige Camper wollen einen Anwalt einschalten. Die Krux: Laut Gerke gibt es keine schriftlichen Verträge zwischen dem langjährigen Betreiber Blohm und den Dauercampern. In einigen Fällen sei unklar, wer unter anderem Zäune und Terrasse beseitigen müsse. Einige hatten diese bereits in ihrer ersten Saison ohne vertragliche Festlegungen übernommen, andere einen Abstand an ihre Vorgänger gezahlt. Eine verbindliche Campingplatzordnung fehlte.

Der Bürgermeister kritisiert, dass Blohm diese Frage auch in den vergangenen Monaten nicht geregelt habe. Die Kritik einiger Dauercamper an der Preiserhöhung von 750 auf 1605 Euro in der ersten Saison (April bis Oktober) sei angesichts der riesigen Größe der Parzellen „überzogen“. Der 20. Mai hat für Gerke den Charakter einer „Deadline“ - auch, damit die Köhnkens die Modernisierungsarbeiten in der sturmflutfreien Zeit fortsetzen und 2026 ohne negative Schlagzeilen durchstarten können.

Baustelle: Blick auf das Gasthaus auf Lühesand, die neuen Campingplatz-Pächter haben die Fassade gedämmt und mit Holz verkleidet.

Baustelle: Blick auf das Gasthaus auf Lühesand, die neuen Campingplatz-Pächter haben die Fassade gedämmt und mit Holz verkleidet. Foto: Hellwig

Holger Blohm wird als Fährmann weitere Fahrten anbieten. Es gibt feste Termine, später auch nach Vereinbarung. Er geht davon aus, dass „bis zum Herbst“ alles von der Insel ist, was dort nicht hingehört oder vom neuen Pächter nicht übernommen wird. Er gehe davon aus, dass die Dauercamper ihre Sachen von der Insel schaffen. Er kenne viele seit Kindheitstagen.

Verärgert: Dauercamper geben ihr zweites Zuhause auf

Der Kutenholzer Klaus Beecken (65) war 48 Jahre lang auf Lühesand: „Nun ist Schluss, das Doppelte an Pacht kann und will ich nicht zahlen.“ Er hatte erst vor zwei Jahren rund 3500 Euro in sein Campinghaus investiert. Er baut jetzt ab - und hofft, anderswo einen Platz zu finden. Zwischenzeitlich prüft die Bauordnung beim Landkreis Stade, ob diese überhaupt auf einem Campingplatz hätten errichtet werden dürfen. Auch für den Stader Martin Rathjens war Lühesand seit 1960 das zweite Zuhause. Die Eltern des 65-Jährigen waren von 1950 bis 2016 auf der Insel: „Das trifft mich schwer.“ Er wollte seinen Ruhestand hier verbringen.

Abschied: Die Lühesand-Dauercamper holen ihre Anhänger mit der Fähre ab.

Abschied: Die Lühesand-Dauercamper holen ihre Anhänger mit der Fähre ab. Foto: Hellwig

Ihnen sei seinerzeit erlaubt worden, Zuwegungen und Fundamente für die zeltähnlichen Klapphäuser zu errichten. Zu keiner Zeit sei die Rede davon gewesen, dass diese zurückgebaut werden müssten. Blohm habe sogar beim Bau geholfen. Für ihn sei die Rechtslage unklar. Rathjens kritisiert Modernisierungspläne und Preise. Die Gäste seien immer auf die Fähre angewiesen, immer wieder gebe es kleine Hochwasser. Er sagt: „Es war eine gute Gemeinschaft hier. Freundschaften haben sich im Laufe der Jahrzehnte gebildet. Jeder half dem anderen, das ist alles nun auf einen Schlag vorbei.“

In Sachen Müll in der Landschaft ist die Umweltbehörde nach weiteren Meldungen erneut aktiv geworden. Kreissprecher Daniel Beneke: „Wir werden den Alt-Pächter auffordern, diesen Müll unverzüglich und fachgerecht zu entsorgen.“

Müll wie diese Batterie liegt in der freien Natur auf Lühesand.

Müll wie diese Batterie liegt in der freien Natur auf Lühesand. Foto: Hellwig

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