TWie die Landwirtschaft im Kreis Stade den Klimawandel zu spüren bekommt
Damit die Ernte etwas wird: Immer mehr Landwirte müssen Beregnungsanlagen einsetzen. Foto: Patrick Pleul/dpa
Steigende Temperaturen, extreme Niederschläge, sinkender Grundwasserspiegel - der Klimawandel wirkt sich auf die Landwirtschaft aus. Was Landwirte dagegen tun.
Apensen. 130 Liter Wasser, etwa eine gefüllte Badewanne, verbraucht täglich jeder in Deutschland - zum Duschen, Kochen oder Trinken. Dieser sogenannte direkte Wasserverbrauch ist aber längst nicht alles.
Ein Kilo Kartoffeln benötigt 290 Liter Wasser
Nach Angaben des Umweltbundesamts kommen pro Kopf mehr als 7200 Liter indirekt durch den Konsum von Gütern aus Industrie und Landwirtschaft dazu. Wie viel Wasser für die Produktion von Nahrung benötigt wird, hat das Water Footprint Network (WFN) untersucht: Für die Erzeugung von einem Kilogramm Kartoffeln im weltweiten Durchschnitt sind es etwa 290 Liter Wasser, um die gleiche Menge Rindfleisch zu erzeugen, bedarf es mehr als die 50-fache Menge.
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Die gute Nachricht: In Deutschland wird weniger Wasser benötigt als im globalen Durchschnitt. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern bietet Deutschland günstige klimatische Bedingungen für die Landwirtschaft.
Nach Angaben des Bauernverbandes fällt mit durchschnittlich 700 bis 800 Liter Niederschlag pro Quadratmeter fast überall genug Regen. Nur rund drei Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland werden bewässert.
Damit zählt die deutsche Landwirtschaft zu den Wirtschaftsbereichen mit dem geringsten Bedarf an Grund- und Oberflächenwasser. Allerdings ist damit zu rechnen, dass durch den Klimawandel künftig auch in Deutschland mehr bewässert werden muss.
Spürbare Folgen des Wassermangels
Die Folgen des Wassermangels sind bereits heute spürbar: Grundwasserspiegel sinken, Böden trocknen aus und Flüsse führen weniger Wasser. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Natur, sondern auch auf die Menschen.
In einigen Landkreisen, etwa auf der Geest, kam es bereits zu Einschränkungen bei der Trinkwasserversorgung. Auch die Landwirtschaft leidet unter den sinkenden Grundwasserständen, da Ernten ausbleiben oder Erträge geringer ausfallen.
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Was müssen Landwirte in unserer Region aufgrund des Klimawandels inzwischen anders machen? Dazu Christoph Vollmer, Landwirt aus Grundoldendorf, der 2015 in den elterlichen Betrieb eingestiegen ist: „Auf der Stader Geest werden für den Anbau von Kartoffeln und Zuckerrüben schon seit längerem Beregnungsanlagen gebaut, um bei Trockenheit überbrücken zu können.“ Früher sei für Getreide im Frühjahr ausreichend Wasser da gewesen, jetzt werde auch hier verstärkt auf die Bewässerung gesetzt.
Kartoffeln und Rüben leiden unter Trockenstress
Grund für die Bewässerung: Der Trockenstress bei Kartoffeln und Rüben muss unbedingt vermieden werden, da er negative Auswirkungen auf Wachstum und Qualität der Ernte hat, so der Landwirt. Problematisch sind vor allem die längeren Trocken- und Nassphasen wie etwa in diesem Jahr bei der Trockenheit im Frühjahr und dann dem extrem lange anhaltenden Niederschlag im Sommer, durch den es große Probleme gab, die Getreideernte ohne Qualitätseinbußen einzubringen, schildert der Landwirt.
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Ein weiteres Problem durch den Klimawandel: Inzwischen werden höhere Temperatursummen festgestellt, die vom ersten Grün der Kartoffelpflanze bis zur Ernte gemessen werden. „Die höhere Sonneneinstrahlung führt zu höherer Verdunstung“, sagt Vollmer. Eine Zusatzbewässerung werde daher immer notwendiger.
Investition in Beregnungsanlagen
Auch die Landwirte auf der Stader Geest müssen inzwischen stärker in Beregnungsanlagen investieren, wie sie in der Lüneburger Heide schon seit Jahren üblich sind.
„2020 war das letzte Jahr ohne Zusatzbewässerung. Wir müssen seitdem für den Fall der Fälle vorsorgen“, so Vollmer. In seinem Betrieb in Grundoldendorf, in dem er hauptsächlich Kartoffeln, Getreide und Mais anbaut und Schweinemast betreibt, wird ständig in die Beregnung der Felder investiert. Brunnenbohrung, Wasserpumpen, Leitungen und die Regenmaschinen auf den oft weit auseinanderliegenden Flächen seien dazu notwendig. Zudem müsse er beim Landkreis zur Entnahme von Grundwasser einen Antrag stellen.
Die Trockenjahre 2018 und 2019 führten laut Grundwasserbericht in Niedersachsen zu einem deutlichen Rückgang der Grundwasserstände.
Die Kosten für die Bewässerung seiner Felder wägt Vollmer ab: Wie viel muss er beregnen und was bekommt er durch die Ernteerträge wieder rein? „Manchmal rechnet sich das für mich auch nicht, aber es ist dann eine Investition in die Qualität unser Erzeugnisse - und wird somit selbst bei einer Minus-Rechnung notwendig.“

Christoph Vollmer, Landwirt in Grundoldendorf und Vorsitzender des Maschinenrings Stade. Foto: Maschinenring Stade
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