Zähl Pixel
Kirche

T30 Jahre Partnerschaft: Bargstedt und Ahlerstedt feiern auf Äthiopisch

Frisch geröstete Kaffeebohnen und Hirse-Fladen im Bargstedter Gemeindehaus: Pastor Willi Kalmbach und Ehefrau Heike haben viele Jahre in Äthiopien gelebt.

Frisch geröstete Kaffeebohnen und Hirse-Fladen im Bargstedter Gemeindehaus: Pastor Willi Kalmbach und Ehefrau Heike haben viele Jahre in Äthiopien gelebt. Foto: Fehlbus

Sie singen afrikanische Lieder und freuen sich mit den 5380 Kilometer entfernten Menschen in Gimbi: Es ist eine Freundschaft, bei der noch lange nicht die Luft raus ist.

author
Von Miriam Fehlbus
Montag, 25.11.2024, 08:25 Uhr

Bargstedt. Die Tür des Bargstedter Gemeindehauses geht auf und fremde Gerüche steigen dem Besucher in die Nase. Im ersten Moment riecht es angebrannt, dann verführerisch: Es sind Kaffeebohnen aus Äthiopien, die hier in der Pfanne geröstet werden. Dazu servieren die Helfer Injera, Fladenbrot aus Teff-Getreide mit Gewürzen. Es soll ein kleines Stück Äthiopien auf die Geest bringen, denn heute werden 30 Jahre der Partnerschaft Gimbi mit Ahlerstedt und Bargstedt gefeiert. Gut 100 Weggefährten sind gekommen. Aus Äthiopien kommen die Grüße über das Handy.

430 Kilometer westlich der Hauptstadt Addis Abeba

Die äthiopische Kirche heißt „Mekane-Yesus“, zu deutsch „Ort Jesu“. Immer wieder sind seit 1994 Gemeindegruppen aus Deutschland nach Äthiopien gereist und Gruppen aus Gimbi, das etwa 430 Kilometer westlich der Hauptstadt Addis Abeba liegt, nach Ahlerstedt und Bargstedt.

Thank you: Als Dankeschön sind Briefe von Waisenkindern aus Gimbi gekommen.

Thank you: Als Dankeschön sind Briefe von Waisenkindern aus Gimbi gekommen. Foto: Fehlbus

Auch ein Waisenkinder-Projekt gibt es seit 2006. Aber vor allem, das unterstreichen sie alle, die an diesem Freitagabend in Bargstedt zusammensitzen, geht es hier um Freundschaften, die diese Partnerschaft schon so lange lebendig halten. Die meisten im Raum haben Besucher aus Gimbi aufgenommen und waren selbst in Äthiopien.

Partnerschaft: keine kleine Version von Brot für die Welt

„Wir hatten eine Vision. Christ sein in dieser Welt ein Stück weit Sorgen und Nöte teilen, aber auch Glauben teilen“, sagt Friedrich Weßeler, der wie sein Mitstreiter der ersten Stunde, Willi Kalmbach, Pastor im Ruhestand ist und sich nur zu gut an die Anfänge erinnert.

Die Partnerschaft habe nicht begonnen wie die kleine Version von Brot für die Welt. Geldsammeln war kein Thema. Friedrich Weßeler war damals Gemeindepastor in Bargstedt. Beide Kirchengemeinden merkten von Anfang an, dass sie bei so einer Partnerschaft Hilfe brauchten und fanden zusammen.

Kaffee zur Begrüßung und Fladenbrot aus Teff

In Ahlerstedt war Gemeindepastor Willi Kalmbach ein ortskundiger Partner. Von 1970 bis 1979 lebte er mit seiner Familie für das Missionswerk in Äthiopien. Seine Frau Heike Kalmbach und er haben zum 30-jährigen Bestehen typisch fröhliche Gewänder aus dem ostafrikanischen Land an. Auf einem Teller duften die Kaffeebohnen vor sich hin.

Else Fitschen gehörte zu den Mitbegründern der Partnerschaft in Bargstedt.

Else Fitschen gehörte zu den Mitbegründern der Partnerschaft in Bargstedt. Foto: Fehlbus

Wer nach Äthiopien reist, bekommt zur Begrüßung Kaffee serviert und ein weiteres typisches äthiopisches Lebensmittel: Heike Kalmbach zeigt die Gewürze auf dem aufgerollten Fladenbrot aus der Zwerghirseart Teff. Ein haltbar gemachtes Butterfett ist darüber gestrichen. An Festtagen gibt es zusätzlich „Wot“. Bunte Deckel schützen das Essen.

13. Oktober 2024: Drei Ahlerstedter in Äthiopien

Erst vor wenigen Wochen war Willi Kalmbach zusammen mit zwei weiteren Gemeindemitgliedern wieder in Äthiopien. „Meine letzte Reise dorthin“, sagt der 83-Jährige selbst - wegen des Alters, nicht wegen der politischen Lage. Wegen dieser war die Reisegruppe am Ende deutlich kleiner ausgefallen als zunächst geplant. Das Auswärtige Amt rät von nicht notwendigen Reisen in alle übrigen Gebiete Äthiopiens, mit Ausnahme der Hauptstadt Addis Abeba, ab. Seit Anfang August 2023 gibt es Kampfhandlungen zwischen den Sicherheitskräften der Bundesregierung und lokalen Milizen, gelegentlich unter Einsatz schwerer Waffen.

Aber die drei Gemeindemitglieder Jörg Niemann, Anke Meyer und Willi Kalmbach waren am Gründungstag der 30-jährigen Partnerschaft, dem 13. Oktober, vor Ort: in Gimbi.

18 Partnerschaftsreisen in eine fremde Welt

In früheren Jahren war das Reisen leichter, auch wenn es Reisen in eine fremde Welt waren, wie Johann Deden berichtet. 18 Partnerschaftsreisen gab es bisher.

„Wir sind erst im Dunkeln in Gimbi angekommen, da haben superviele superlaute Menschen auf uns gewartet“, erinnert sich Carina Meyer, die als Jugendliche mit der Kirchengemeinde nach Äthiopien reiste. „Das Leben spielt sich auf der Straße ab, alles läuft da durcheinander“, berichtet Heike Niemann. Vor allem die Frauen übernehmen schwere körperliche Arbeit.

Die Waisenkinder in Gimbi freuen sich über die Hilfe aus Ahlerstedt und Bargstedt. Als Dankeschön für 30 Jahre Unterstützung haben sie jetzt viele Briefe geschrieben und gemalt.

Die Waisenkinder in Gimbi freuen sich über die Hilfe aus Ahlerstedt und Bargstedt. Als Dankeschön für 30 Jahre Unterstützung haben sie jetzt viele Briefe geschrieben und gemalt. Foto: Meyer

Wenn das männliche Familienoberhaupt stirbt, werden die Kinder oft zu Bedürftigen, wie die Briefe immer wieder dokumentieren. Kinder und mitunter die Mutter werden bei Verwandten aufgenommen.

38.000 Euro pro Jahr für das Waisenprojekt

Das Geld reicht nicht für viel, erst recht nicht, um die Kinder zur Schule zu schicken. Hier setzt das Waisenkinder-Projekt der Kirchengemeinden und des Kirchenkreises Buxtehude an.

Elke Meyer kümmert sich um das Waisenkinder-Projekt mit Gimbi. Im Hintergrund sind einige der Dankesbriefe aufgehängt.

Elke Meyer kümmert sich um das Waisenkinder-Projekt mit Gimbi. Im Hintergrund sind einige der Dankesbriefe aufgehängt. Foto: Fehlbus

Elke Meyer, die von Anfang an dabei ist, gibt dazu einen Überblick, verbunden mit dem Geständnis: „Wenn Sie mich am Anfang gefragt hätten, ob ich für ein Projekt zuständig sein möchte, in dem wir jedes Jahr 38.000 Euro über Spenden sammeln müssen, hätte ich nein gesagt“, sagt sie. Aber bis heute werden inzwischen jährlich 140 Kinder unterstützt. Am Ende wird in Bargstedt gebetet und gesungen - etwas leiser als in Gimbi üblich, aber ebenso fröhlich.

Weitere Artikel