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Bildung

TAbenteuer Schulschiff: Was und wie man auf hoher See lernen kann

Ella und ihre Mutter Annika Meinecke sprechen über ihre Erfahrungen mit dem Abenteuer Schulschiff.

Ella und ihre Mutter Annika Meinecke sprechen über ihre Erfahrungen mit dem Abenteuer Schulschiff. Foto: Harscher

Die Wilstedter Schülerin Ella Meinecke tauschte ihr Zuhause gegen enge Kabinen auf einem Segelschiff. Auf der „Regina Maris“ hat sie vieles gelernt - und vieles vorbereiten müssen.

Von Saskia Harscher Sonntag, 06.07.2025, 10:50 Uhr

Wilstedt. Sechs Monate hat Ella Meinecke auf einem Segelschiff verbracht. Gemeinsam mit anderen Teenagern hat die Wilstedterin auf der Regina Maris, einem Schulschiff, gelernt und gearbeitet. Damit hat sich die 15-Jährige einen Traum erfüllt. Was muss bedacht werden, wenn man dieses Abenteuer wagt?

Ella und ihre Mutter Annika Meinecke berichten, welche Vorbereitung es braucht, wie teuer das Projekt Schulschiff ist und wie die Familie mit der langen Trennung umgegangen ist.

Inzwischen hat der Alltag Ella und ihre Familie wieder. Die 15-Jährige geht normal zur Schule, sie besucht das Zevener St.-Viti-Gymnasium und sagt selbst: „Ich habe mich wieder total gut eingelebt.“ In der Schule konnte sie nahtlos wieder anschließen. Einige Arbeiten musste sie nachschreiben, für andere konnte die Schülerin Ersatzleistungen erbringen.

„Ich kann in meinem alten Jahrgang weitermachen, weil ich nur ein halbes Jahr weg gewesen bin. Ich habe auch mein Zeugnis, das ich von Ocean College bekommen habe, eingereicht und das passte für die Schule alles und deshalb geht es problemlos weiter“, sagt Ella. Allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Die Erfahrungen auf dem Schiff, während der Reise und in der Gruppe, mit der sie unterwegs war, wird sie nicht vergessen: „Ich habe ein ganz anderes Bild von der Welt“, sagt Ella.

Von der Idee zur Umsetzung: Sechs Monate lernen unter Segeln

Nein, ein spontaner Entschluss war es nicht, für sechs Monate die gewohnte Umgebung zu verlassen und auf ein Segelschulschiff zu gehen. Das macht Ella im Gespräch deutlich. Das erste Mal aufmerksam geworden auf diese Möglichkeit ist sie bereits im Alter von neun Jahren. Das war während eines Familienurlaubs in den Niederlanden. „Da sind wir auf das Projekt aufmerksam geworden und haben angefangen zu recherchieren“: über Anbieter, Voraussetzungen, Preise. Und: Seit ihrem neunten Lebensjahr hat Ella darauf gespart, sagt Mama Annika.

Suche nach dem passenden Anbieter

Ella und ihre Familie haben sich unterschiedliche Anbieter angeschaut: Ocean College, Klassenzimmer unter Segeln und High Seas High School. „Am Ende haben wir uns für Ocean College entschieden, weil uns der soziale Aspekt dort gefallen hat“, sagt Ella.

Ocean College bietet zum Beispiel ein Stipendium für Kinder aus einkommensschwachen Familien an. Außerdem ist Ocean College eine Gesamtschule. Andere Anbieter haben oft reine Gymnasien.

Ein weiterer Aspekt war der Preis: Bei anderen Projekten gibt es teilweise weitere Kosten, etwa für einen Motorbootführerschein. Heißt: „Wer noch mehr Geld hat, hat noch das bessere Programm und das fanden wir nicht so gut“, sagen Mutter und Tochter.

„Ich habe mich sehr früh beworben und wurde auch direkt angenommen“, erzählt Ella. Die Wilstedterin musste bei der Bewerbung ihr Zeugnis einreichen. „Ich war nicht versetzungsgefährdet, und auch mein Motivationsschreiben hat zu dem Projekt gepasst“, sagt die Schülerin. Sie weiß, dass es später eine Warteliste gab und längst nicht alle mitgekommen sind, die sich beworben hatten.

Was sollte man in jedem Fall frühzeitig klären und wann mit der Planung beginnen?

Man kann sehr viel, aber nicht alles vorher klären, hat die Familie gemerkt. „Ich wusste zum Beispiel nicht, ob ich seekrank werde, was ich dann ja geworden bin“, erzählt Ella und ergänzt: „Aber auch das ist eine Erfahrung.“

Man sollte sich im Vorfeld aber Gedanken darüber machen, was man aushalten kann und will. „Man ist halt mit vielen Menschen auf engem Raum. Die Kabinen sind sehr klein und man muss sich alles teilen.

Das kann für manche schon erschreckend sein, weil es anders als zu Hause ist“, gibt Ella zu bedenken: „Es gab bei uns jemanden, der direkt in der ersten Nacht, als wir noch im Hafen waren, gegangen ist, weil ihm das alles viel zu eng war und er mit Panik zu kämpfen hatte.“ Annika Meinecke betont: „Man muss wissen, es ist keine Kreuzfahrt und es ist kein Urlaub. Es ist Reisen, und das sollte man sich bewusst machen.“

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Mit der konkreten Planung hat die Familie ein Jahr vorher angefangen. Man muss etwa klären, ob die Schule eine Freistellung genehmigt. Außerdem muss man bestimmte Impfungen haben. Zudem will die Ausrüstung besorgt werden. Vieles davon kann dann auch als Geschenk unter dem Weihnachtsbaum oder auf dem Geburtstagstisch liegen. Dann bekommt es auch einen anderen Wert, als wenn es alles einfach so gibt, ist Annika Meinecke überzeugt.

Beurlaubung und Kommunikation mit der Schule

„Wir haben bereits früh mit Ellas Klassenlehrer gesprochen und von der Idee erzählt“, sagt Annika Meinecke. Der Lehrer hat dann mit der Schulleitung Kontakt aufgenommen und schon einmal „vorgewarnt, dass wir uns beworben haben, aber nicht klar ist, ob das klappt“.

Die Schule hat das Vorhaben sehr positiv aufgenommen und dazu ermuntert, sagen Mutter und Tochter. Mit den offiziellen Unterlagen und der Zusage auf den Platz auf dem Schiff hat Familie Meinecke um eine Beurlaubung für diese Zeit gebeten. Die Freistellung ist nötig, weil das Schulschiff keine offizielle Schule, sondern eine freie Schule ist, erklärt Ella.

Was kostet das Abenteuer Schulschiff?

Die Kosten variieren je nach Anbieter und können schnell mehr als 30.000 Euro betragen. Ella und ihre Familie haben 27.000 Euro bezahlt, plus 2.000 Euro für die Ausrüstung. Es können auch noch Kosten für die Impfungen entstehen. Ein Teil der Gesamtkosten kann steuerlich geltend gemacht werden, weil sie für Bildung ausgegeben werden, erklärt Annika Meinecke.

Ellas Eltern haben 15.000 Euro bezahlt, die Großeltern haben einen Teil zugesteuert und Ella selbst hat ihr Erspartes genommen und das Geld, das sie durch Nebenjobs verdient hatte. Außerdem hat ein Freund der Familie das Vorhaben über eine Verlosung gesponsert. Ella hat dazu die Lose verkauft und so 4.500 Euro zusammenbekommen.

Wenn man sich auf ein Stipendium bewerben möchte, das etwa Ocean College anbietet, muss man Bürgergeld-Empfänger sein. Einen Tipp hat Annika Meinecke parat: An Firmen heranzutreten und über die Möglichkeit eines Sponsorings zu sprechen.

Wie ist die Familie mit der langen Trennung umgegangen und was hat ihnen geholfen?

„Ich habe meine Familie vermisst, hatte allerdings sehr selten Heimweh. Das habe ich mir im Vorfeld schlimmer vorgestellt“, sagt Ella. Gelegentlich konnte sie mit ihrer Familie telefonieren und hat sich sehr über Briefe gefreut.

Etwas anders war die Situation für die Familie zu Hause. Da waren die Sorgen und die Sehnsucht mitunter groß. Besonders Jonne, der kleine Bruder, hat seine Schwester sehr vermisst. Annika Meinecke sagt: „Es war komisch, weil man überhaupt keinen Zugriff hatte.

Ich habe gedacht: Ella kann der größten Macht überhaupt ausgesetzt sein und ich kann ihr nicht helfen. Das fand ich so furchtbar.“ Weihnachten war für die Familie daheim besonders schlimm: „Da hatten wir überhaupt keine Lust zu und haben das ganz anders verbracht als sonst“, sagt Annika Meinecke.

Was rät sie als Mutter anderen Eltern, deren Kinder mit Gedanken spielen, auf ein Schulschiff zu gehen? „Ich würde alles daran setzen, meinem Kind das zu ermöglichen. Für Ella war es eine unglaubliche Erfahrung. Sie musste Grenzen überwinden, musste mit ihrer Seekrankheit umgehen und mit dem sozialen System an Bord klarkommen. Aber sie hat auch die Erfahrung gemacht, etwas zu bewegen.“

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