TÄrger ums Freibad: Bützflether wehren sich gegen Schließung

Der Zukunftsabend des Bürgervereins ist gut besucht: 180 Gäste drängen sich im Feuerwehrhaus. Foto: Richter
Der Bürgerverein Bützfleth hat eingeladen und 180 Menschen drängen sich im Feuerwehrhaus: Es geht um die Zukunft des Freibads - und des Altholz-Kraftwerks.
Bützfleth. „Es kann und darf nicht mehr sein, dass wir hier die Lasten tragen, damit anderswo blühende Landschaften entstehen“, sagt Andreas Dankert, der Vorsitzende des Bützflether Bürgervereins.
Der hat zum Zukunftsabend ins Feuerwehrhaus geladen und viele sind gekommen: 180 Besucher sind hier, weil sie wissen wollen, wie es weitergeht mit Bützfleth, mit dem Freibad und der Industrie. Es stehen große Veränderungen bevor - wieder einmal.
Die Kränkung der Bützflether und ihre Wurzeln
Ein Gefühl ist im Raum deutlich zu spüren: Kränkung. Sie hat aktuelle Anlässe und tiefreichende Wurzeln. Die Energiewende führt im nahen Chemiepark zu einem großen Umbau, neue Unternehmen wollen sich ansiedeln.
Bützfleths Einwohner haben mit der Industrie vor Ort nicht nur gute Erfahrungen gemacht: Chlorgaswolken, Fluor-Emissionen, die Bienen und Apfelbäume schädigen, Lärmpegel jenseits der Grenzwerte: All das und mehr haben sie erlebt, seit sich Ende der Sechzigerjahre die Industrie am Bützflether Elbufer anfing zu entwickeln.

Hans Schmidt und Andreas Dankert sprechen beim Zukunftsabend des Bürgervereins über das geplante Holzheizkraftwerk. Foto: Richter
Mit der Industrieansiedlung verlor der einst idyllische Ort seinen Zugang zur Elbe und schließlich seine Selbstständigkeit als Gemeinde in Kehdingen. Der amerikanische Konzern Dow Chemical und die Vereinigten Aluminium-Werke (VAW) errichteten gerade in mehreren Ausbaustufen ihre Werke, als Bützfleth mitsamt seinen Steuereinnahmen bei der Gebietsreform 1972 der Stadt Stade zugeschlagen wurde.
Die Bützflether mussten diese bittere Pille schlucken. Um ihnen den Verlust des Elbstrands und der Selbständigkeit zu versüßen, wurde ein Gebietsänderungsvertrag beschlossen, der unter anderem den Bau eines Freibads beeinhaltete. Heute steht dieses Freibad zur Debatte.
Eine Sanierung mache keinen Sinn mehr, legt ein Gutachten nahe, das die Stader Bädergesellschaft in Auftrag gegeben hat. Ein TAGEBLATT-Bericht darüber schlug und schlägt hohe Wellen. Wenn Ministerpräsident Stephan Weil komme, um den Grundstein für das LNG-Terminal zu legen, habe er auch „die verdammte Pflicht, sich die Sorgen und Nöte der Menschen vor Ort anzuhören“, sagt Andreas Neumann und erhält viel Applaus.
Hier dürfen alle über Sorgen und Nöte sprechen. Erstes Top-Thema: das Freibad. Mike Müller, der Zweite Vorsitzende des Freibadvereins, berichtet, dass der ehrenamtliche Vorstand des Freibadvereins kommende Woche mit dem Geschäftsführer der Bädergesellschaft ein Gespräch über die Sanierung führen wird.
Wer entscheidet am Ende über das Freibad?
„Wer entscheidet denn darüber?“, fragt eine Zuhörerin. Müllers Antwort: Die Bützflether sollen involviert werden, bisher sei das aber nicht passiert. Das letzte Wort habe der Stader Rat. Und der Gebietsänderungsvertrag, dessen Bestandteil das Freibad ist und der nach wie vor gültig sei?
In Stade gebe es keinen Trägerverein, der Tausende Arbeitsstunden leiste. Wenn das Geld der Stadt nicht reiche, könne doch das Bad in Stade geschlossen werden. „Wir sollten uns ausgemeinden, dann haben wir das Geld, um unser Freibad selbst zu betreiben“, schlägt jemand vor.
Ortsbürgermeister Christoph von Schassen meldet sich zu Wort. „Wir haben niemals über eine Schließung des Freibads geredet“, sagt er. Auch bei der Bädergesellschaft habe im Vordergrund gestanden, das Freibad zu erhalten.
Ratsherr Dr. Jochen Witt, der auch im Aufsichtsrat der Bädergesellschaft sitzt, merkt an, dass auch Bauliches eine Rolle spielt: „Ob das Freibad saniert werden kann oder umgebaut werden muss, hängt von der Statik des Beckens ab.“ Das bleibt abzuwarten. Dass der Freibadverein mehr ehrenamtliche Unterstützer gebrauchen kann, ist ein erstes Fazit des Abends.
Sorgen um Emissionen bei Altholz-Kraftwerk
Unterstützer könnte auch die Bürgerinitiative (BI) Bützfleth gebrauchen. Zum Beispiel, um ihre Aktionen jenseits der Website über die sozialen Medien zu bewerben. Aktuell machen der BI die Pläne für ein Altholz-Kraftwerk im Industriepark Sorgen.
Die Firma Hansekraft stellt grünen Strom und Dampf für die Industrie sowie Fernwärme in Aussicht - auch für Bützfleth. Hans Schmidt, langjähriger Mitstreiter der BI, befürchtet anderes: Die Verbrennung von kontaminiertem Altholz bis hin zu Eisenbahnschwellen und entsprechende Schadstoffemissionen. „Wir wollen keine zweite Sondermüllanlage“, sagt Hans Schmidt.
Laut Stadt obliegt die Genehmigung dem Gewerbeaufsichtsamt. Doch die Stadt könnte sich einbringen, sagt Hans Schmidt: Im Mai 2021 wurde beschlossen, einen Bebauungsplan für ein 350 Hektar großes Gebiet aufzustellen, das auch den Holzkraftwerk-Standort umfasse.
Noch immer liege kein Entwurf vor, doch einstweilen könnte Stade eine Veränderungssperre erlassen, um den Einfluss auf Planung und Genehmigung zu behalten. „Wir sind nicht gegen Industrie. Aber wir wollen, dass Planungen die gesetzlichen Bedingungen zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt einhalten“, sagt Schmidt.