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TÄrzte, Bahnsteige, Einsamkeit: Was Senioren im Landkreis beklagen

Rollatoren sind wichtige Alltagsbegleiter von Senioren. Doch Bahnsteige oder Gehwege in der Samtgemeinde Horneburg erweisen sich als Stolperfallen (Symbolbild).

Rollatoren sind wichtige Alltagsbegleiter von Senioren. Doch Bahnsteige oder Gehwege in der Samtgemeinde Horneburg erweisen sich als Stolperfallen (Symbolbild). Foto: Jan Woitas/dpa

Immer mehr ältere Menschen leben in der Samtgemeinde Horneburg. Rathaus und Vereine schaffen Angebote vor Ort. Doch nur wenige Menschen nutzen sie. Woran liegt das?

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Von Steffen Buchmann
Dienstag, 12.11.2024, 14:45 Uhr

Horneburg. Jeder vierte Einwohner der Samtgemeinde Horneburg ist mindestens 60 Jahre alt, Tendenz steigend. „2019 lebten in der Samtgemeinde 2625 Menschen, die über 65 und älter waren“, sagt Sylvia Pankop vom Senioren- und Pflegestützpunkt des Landkreises Stade. Bis 2030 soll die Zahl auf 3228 ansteigen. Doch wie gehen Rathaus und Verbände in der Samtgemeinde mit der zunehmenden Überalterung um?

Eine erste Anlaufstelle im Horneburger Rathaus für viele Senioren ist Sarah von Bargen. Die studierte Juristin engagiert sich seit Mai 2020 ehrenamtlich als Seniorenbeauftragte in der Samtgemeinde. Immer am letzten Donnerstag im Monat bietet Sarah von Bargen von 15 bis 16 Uhr eine Sprechstunde im Horneburger Mehrgenerationenhaus an.

Seniorenbeauftragte unterstützt Senioren bei Problemen und Fragen

„Ein wesentlicher Teil meiner Arbeit ist es, ein offenes Ohr für die Bedürfnisse und Sorgen der älteren Generation zu haben“, sagt von Bargen. Fünf bis zehn Anfragen erreichen sie durchschnittlich im Monat, auch per Telefon und E-Mail.

„Die meisten Menschen wenden sich mit Fragen um Themen wie Digitalisierung, Rente, Pflege oder Antragsstellung bei Behörden an mich“, sagt sie. Sarah von Bargen biete dann ihre Hilfe an, indem sie an die richtigen Stellen vermittle. Das Problem: Vielen Menschen falle es wegen fehlender Ansprechpersonen oder aus Scham schwer, bei Behörden anzurufen. Einen Seniorenbeirat, der sich solcher Themen annimmt, gibt es seit mehr als neun Jahren nicht mehr in der Samtgemeinde.

Die Menschen brauchen einen direkten Bezug, um sich Hilfe zu suchen.

Peter Hoffmann, Vorsitzender des Methusalem e.V.

Die ältere Generation in Horneburg greift sich derweil gegenseitig unter die Arme. So haben es sich die Mitglieder des Methusalem e.V. auf die Fahne geschrieben, neben regelmäßigen Freizeitangeboten wie Skatrunden oder Literaturkreisen auch bei fachlichen Fragen zu helfen. „Die Menschen brauchen einen direkten Bezug, um sich Hilfe zu suchen“, sagt der 1. Vereinsvorsitzende Peter Hoffmann.

Viele gehörten zur Generation „Das lösen wir allein“ und mieden deshalb Hilfs- und Beratungsangebote. Der Verein bietet daher nach vorheriger Absprache an jedem dritten Sonnabend im Monat eine Sprechstunde im Mehrgenerationenhaus an. Hier hilft etwa eine Formularlotsin beim Ausfüllen von Behördenanträgen.

Bahnsteige bereiten Senioren mit Rollatoren Probleme

Die Methusalems suchen den direkten Draht zu älteren Menschen in der Samtgemeinde und hören sich ihre Probleme an. Aktuell sei etwa die sinkende Ärzteversorgung in der Samtgemeinde ein wichtiges Thema. „Viele Ärzte gehen bald in den Ruhestand“, sagt Astrid Rehberg. Der Verein bietet deshalb einen Fahrdienst zu Ärzten im Landkreis an.

Auch das Thema Mobilität spielt eine entscheidende Rolle im Leben älterer Menschen. So berichten Senioren immer wieder von Problemen beim Einstieg in Züge mit dem Rollator, sagt Peter Hoffmann. Bahnsteige seien nicht ebenerdig zur Zugtür oder es fehlen Rampen. Auch auf Gehwegen in den Kommunen stoßen Senioren immer wieder auf Stolperfallen, sagt Hoffmann.

Bürgerbus soll ältere Menschen mobil halten

Ein wichtiges Element zur Mobilität im Alter sei der Bürgerbus, sagt Samtgemeindebürgermeister Knut Willenbockel. Doch der vereinsgetragene Kleinbus versorgt längst nicht alle Menschen in den Kommunen. So besitzt Agathenburg als einzige Mitgliedsgemeinde seit zwei Jahren keine Haltestelle mehr. „Wir würden es begrüßen, wenn Agathenburg wieder an den Bürgerbus angegliedert werden würde“, sagt der Rathauschef. Es sei zudem wichtig, durch den Bürgerbus auch die Anbindung an das Bahnnetz zu schaffen.

Ein weiteres Problem, das ältere Menschen in der Samtgemeinde beschäftigt, ist das Alleinsein. Nach einer Studie des Deutschen Zentrums für Altersfragen erhält jeder vierte alte Mensch nur einmal im Monat Besuch von Freunden oder Bekannten. „Ein Miteinander ist das, was wir brauchen“, betont Silvia Wesselmann von den Methusalems. Ein zentraler Ort in Horneburg, der solch ein Miteinander ermöglicht, ist das Mehrgenerationenhaus (MGH).

Mehrgenerationenhaus bietet Programm für Senioren

„Die Leute wollen sich treffen“, sagt MGH-Leiterin Daniela Subei. Doch Subei sei sich auch bewusst, dass nicht jeder nach Horneburg kommen könne. „Wir beschäftigen uns aktuell damit, wie wir auch Menschen außerhalb Horneburgs erreichen“, sagt Daniela Subei. Es gebe viele Angebote in der Samtgemeinde, doch nicht jeder wisse davon. Das Mehrgenerationenhaus wolle deshalb zukünftig mit Angeboten „on Tour“ gehen, also direkt zu den Menschen in ihre Gemeinden kommen.

Als wichtige Informationsquelle für Senioren empfiehlt die Samtgemeinde den Seniorenratgeber des Landkreises Stade. Doch die letzte Auflage erfolgte 2019, Informationen zu Angeboten sind veraltet. Doch Sylvia Pankop vom Senioren- und Pflegestützpunkt gibt Entwarnung. „Mit dem Verlag ist bereits eine Neuauflage vereinbart“, sagt Pankop. Mit einer Veröffentlichung rechnet sie Ende 2025.

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