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Norddeutschland

T„Alarmierende Lage“: Immer mehr Praxen schließen ohne Nachfolger

Sprechzimmer» ist auf einer Tür am 04.03.2015 in einer Hausarztpraxis in Nürnberg (Bayern) zu lesen.

Immer mehr Sprechzimmer bleiben verschlossen, weil mangels Nachfolger die Praxis aufgegeben werden musste. In den vergangenen zweieinhalb Jahren haben 18 Ärzte in Bremerhaven aufgehört. Foto: Karmann

In den vergangenen Jahren sind in Bremerhaven etliche Ärzte in den Ruhestand gegangen, ohne ihre Praxis übergeben zu können. Die Zukunft wird noch ungemütlicher.

Von Klaus Mündelein Dienstag, 11.06.2024, 13:00 Uhr

Bremerhaven. Der Ärztemangel ist ein Dauerthema in Bremerhaven. Aber was unternimmt die Landesregierung dagegen? Die FDP-Bürgerschaftsfraktion wollte es nun genauer wissen: Wie viele Praxen wurden in den vergangenen Jahren ohne Nachfolgelösung geschlossen?

Beim Blick auf die Liste in der Senatsantwort war dem FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Ole Humpich sofort klar: „Die Lage ist alarmierend.“

Sogar der Senat räumt eine „deutliche Verringerung“ ein

„Über 60 Arztpraxen haben in den letzten zweieinhalb Jahren ohne Nachfolgelösung geschlossen“, sagte der FDP-Politiker mit Blick auf die landesweiten Zahlen. Allein in Bremerhaven haben in diesem Zeitraum vier Hausärzte ihre Praxis ohne Nachfolger für immer abgeschlossen, dazu kommen zehn Psychotherapeuten. Angesichts dieser Menge muss selbst der Senat von einer „deutlichen Verringerung“ sprechen.

Aber auch bei Augenärzten, Frauenärzten, Hautärzten und HNO-Ärzten gab es Abgänge ohne Nachfolger, wenn auch nicht in so großer Anzahl. Insgesamt geht es um 18 Ärzte, die ohne Nachfolger ausgeschieden sind.

Trotzdem schrillen beim Senat noch nicht die Alarmglocken: Unterm Strich bewertet er die Lage als „noch akzeptabel“, um die Versorgung der Bürger sicherzustellen. Schließlich sei die Bevölkerungszahl nur leicht angestiegen, und bei diesem Trend werde es auch in den kommenden Jahren bleiben, beruhigt sich die Landesregierung.

Viele Ärzte gehen in den kommenden Jahren in den Ruhestand

Wer bereits jetzt lange auf einen Termin beim Arzt warten muss, wird das vermutlich kaum trösten. Immer mehr Patienten suchen ihr Heil in den Notaufnahmen, was zu riesigen Problemen dort führt. Und die Perspektiven sind alles andere als aufmunternd. Wie sieht die Entwicklung in den kommenden Jahren aus?

Derzeit liegt der Anteil der Ärzte, die über 60 Jahre alt sind und mithin in absehbarer Zeit in den Ruhestand wechseln werden, landesweit bei 25 Prozent. Eine besorgniserregende Zahl.

„Die Situation wird in den kommenden Jahren noch kritischer werden“, warnt deshalb auch Humpich. Die Bevölkerung werde zudem immer älter, der Bedarf nach ärztlicher Hilfe werde also noch größer als bislang. Der FDP-Politiker fordert deshalb vom Senat Lösungen, um diesem Trend entgegenzuwirken.

Politik gibt sich entspannt

Die Landesregierung wirkt hingegen wesentlich entspannter. Sie verweist darauf, dass nicht nur das Land Bremen mit dem Ärztemangel zu kämpfen hat. Sie erwartet im Bundesvergleich sogar weniger Probleme als andere, vor allem ländliche Regionen.

Städtisch geprägte Gebiete wie Bremen und Bremerhaven seien zumeist attraktiver für den ärztlichen Nachwuchs, heißt es in der Senatsantwort. Neue Anreize für die Ärzte stimmen ihn ebenfalls optimistisch. Die Hausärzte würden demnächst ihre Leistungen ohne Mengenbegrenzung vergütet bekommen. Das stelle einen Anreiz für mehr Leistung dar.

Attraktiver Wohnraum und Kitaplätze als Anreize für Ärzte

Gesicherte Kinderbetreuung, Kitaplatz-Garantie, Gesundheitszentren – das alles sind Maßnahmen, um Bremerhaven und Bremen für Nachwuchskräfte attraktiv zu machen, listet der Senat auf. Für Humpich gehören aber auch attraktiver Wohnraum und verlässliche Kinderbetreuung auf jeden Fall dazu, um im Wettbewerb der Länder und Kommunen um neue Ärzte bestehen zu können.

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