TAngeschossen, gequält und zu Tode getreten: Mehr Fälle von Katzenhass

Die dreifarbige Mautzi aus Dorum hat die Verletzungen durch den Schuss und die Tritte nicht überlebt. Foto: Dührkop
Katzenhass lässt Menschen zu Waffen greifen. Im Landkreis Cuxhaven sind in jüngster Zeit mehrere Fälle von angeschossenen Katzen bekannt geworden. Auch in der Stadt werden die Tiere gequält.
Landkreis Cuxhaven. Katzen sind hart im Nehmen. „Sie haben einen unglaublichen Überlebenswillen“, sagt Birgit Block. Die Vorsitzende des Tierheims Cuxhaven ist beeindruckt von der Widerstandskraft, aber entsetzt darüber, was Menschen den Tieren antun. „Tierbesitzer werden immer rabiater, wenn sie überfordert sind.“
Ein extremes Beispiel von Tierquälerei sind angeschossene Katzen, die immer wieder beim Tierheim abgegeben werden. „Bei manchen merken wir es erst im Laufe der Zeit, dass sie Geschosse im Körper haben, meist wenn sie beim Tierarzt untersucht werden“, sagt Block.
Oft fällt die Kugel im Körper erst durch andere Symptome auf
Längst nicht bei jeder Katze fällt es auf den ersten Blick auf. Erst durch Symptome wie Schwierigkeiten beim Laufen oder Appetitlosigkeit werden sie untersucht und stoßen damit auf ihr eigentliches Leid. Die Ursache kann eine Kugel sein.
Verwerflich sei es, auf Tiere zu schießen, sagt Block. „Das Tier kann nichts dafür, dass es lebt“, sagt Tierheim-Leiterin Laura Reyelts.

Tierheimleiterin Laura Reyelts mit Siam-Katze Chocolate, die durch Knochenbrüche nicht mehr so beweglich ist und dazu taub. Sie wurde auf einem Müllhaufen gefunden. Foto: Dührkop
Das jüngste Opfer eines Katzenhassers war Bijou. Bei ihr wurden vier Geschosse im Körper entdeckt. Trotz der massiven Schusseinwirkung hat die Katze überlebt, konnte sich davon erholen und wurde weitervermittelt. Doch was Block an diesem Fall schockiert: Dass es mitten in der Stadt Cuxhaven passiert sei, „vermutlich in der Gartenkolonie von Schloss Ritzebüttel“.
Polizei ermittelt
T „Unglaublich gelitten“: Katze kommt mit Einschussloch nach Hause
Rechtlich gelten Tiere als Sache, Ermittlungen laufen oft ins Leere.
Dass Katzenhasser zum Gewehr greifen, sei sonst eher ein bekanntes Phänomen auf dem Land. Ein älterer Leser berichtete davon, dass in den 80er und 90er Jahren in Dorum damit geprahlt wurde, auf Katzen zu schießen. Er ist schockiert, dass es immer noch passiert.
„Viele meinen, sie leben in einem rechtsfreien Raum.“ Doch oft verlaufen die Anzeigen ins Leere. „Tiere gelten als Sache“, sagt Reyelts als Erklärungsversuch. Deshalb würden Ermittlungsverfahren der Polizei häufig eingestellt.

Die Katze Bijou ist verschmust und an Menschen gewöhnt. Nur mit anderen Artgenossen versteht sie sich nicht. Foto: Tierheim
Nicht nur in Cuxhaven, auch in Bremerhaven wurde erst kürzlich in Speckenbüttel ein Kater von einer Kugel getroffen. Durch eine OP konnte Merlin überleben, wie die Familie der „Nordsee-Zeitung“ berichtet hat. In den vergangenen Monaten gab es mehrere ähnliche Vorfälle.
Während Bijou den Angriff überlebt hat, musste Mautzi in Dorum trotz tierärztlicher Operation und liebevoller Pflege ihrer Familie eingeschläfert werden. Bei der dreifarbigen Glückskatze saß die Kugel im Schultergelenk fest. Das Geschoss konnte nicht herausgeholt werden. Ihr musste die Milz entfernt werden, um überhaupt eine Überlebenschance zu haben.
Nicht nur für die Katzen ist solch eine Attacke mit großem Leid verbunden. Auch die Besitzer trauern um die Haustiere, die oft den Stellenwert eines Familienmitglieds haben. Zudem kostet die Behandlung Geld.
Die bekannten Fälle sind „nur die Spitze des Eisbergs“
Für das Tierheim Cuxhaven ist Tierarzt Dr. Ingo Alpers aus Dorum ein engagierter Unterstützer. Er untersucht und operiert die Katzen vom Tierheim. Seinem Eindruck nach haben diese Vorfälle zugenommen. Wie viele es sind, darüber führt keiner genau Buch. „Es ist nur die Spitze des Eisbergs, von dem wir wissen“, meint Block.
Warum Katzen zur Zielscheibe werden, können sich weder Block noch Reyelts wirklich erklären. „Auf Tiere zu schießen, geht gar nicht“, sagt Block. „Was wäre, wenn ein Kind mal dazwischen läuft?“ spricht sie einen Gedanken aus, den man gar nicht zuendedenken mag.
Ohne Kastration vermehren sich Katzen rasend schnell
Was aber tatsächlich ein Problem ist, ist die stark wachsende Katzenpopulation. In Niedersachsen gibt es laut Block 200.000 halterlose Katzen. Wie viele davon im Kreis Cuxhaven leben, kann sie nicht schätzen.
Von wilden Katzen spricht man nicht mehr, da sie den Status eines Anwohners hätten. Wird dem Tierheim ein verletztes Tier gebracht, wird es nach einer Behandlung dorthin zurückgebracht. Oft gibt es Futterstellen, wo die frei lebenden Katzen bereitgestelltes Futter annehmen.
Viele Katzenfreunde nähmen an, so Block, dass sie bereits ein Tier adoptieren, wenn sie es füttern. Doch solange das Tier nicht ins Haus kommt, gehört es ihnen nicht.
Mit einem halben Jahr ist eine Katze bereits geschlechtsreif
Wenn Katzen nicht kastriert werden, verbreiten sie sich ungehindert. Sie vermehren sich um ein Vielfaches. Mit einem halben Jahr ist eine Katze geschlechtsreif. Bis zu viermal im Jahr kann sie werfen. Ein Wurf bedeutet ein bis zehn Kitten. Durchschnittlich drei davon überleben, so Block. So könnten hochgerechnet 80 Millionen Katzen aus einem Paar in zehn Jahren entstehen.
„Wir haben dann Verhältnisse wie in der Türkei, wo man jetzt dazu übergeht, sie zu schießen“, warnt die Vorsitzende. „Für Autos und Essengehen haben die Leute Geld, aber nicht für eine Kastration“, prangert Block an. Sie schätzt die Kosten pro Eingriff auf 80 bis 150 Euro.

Birgit Block, Vorsitzende des Tierheims Cuxhaven, mit einem wilden Kitten, das sich schon an Menschen gewöhnt hat. Die Geschwister sind noch scheu. Foto: Dührkop

Katze Bijou hat schlimme Erfahrungen gemacht: Sie wurde mit einer Schrotflinte angeschossen. Nun hat sie ein neues Zuhause gefunden. Foto: Tierheim