TAnspruch, aber kein Personal: Wird Ganztag in Stade umsetzbar sein?

Ab Schuljahr 2026/27 darf jedes neue Grundschulkind eine Ganztagsbetreuung beanspruchen. Foto: dpa-tmn
Die Hansestadt Stade hat ein dickes Brett zu bohren: Ab dem Schuljahr 2026/27 haben alle Schülerinnen und Schüler der ersten Klassen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz. Doch wie umsetzen, wenn es schon jetzt an Fachkräften mangelt?
Stade. Vor allem arbeitende Eltern dürften aufgeatmet haben, als der bundesweite Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung beschlossen wurde. Genau bedeutet es, dass ab dem 1. August 2026 alle Erstklässlerinnen und Erstklässler fünf Tage in der Woche acht Stunden täglich unterrichtet und betreut werden. Mit dem Anspruch soll eine Betreuungslücke geschlossen werden. Sie entsteht für viele Familien, wenn die Kita-Zeit endet und die Kinder in die erste Klasse kommen. Auf die Hansestadt kommt damit einiges zu. Sie ist Trägerin von zwölf Grundschulen.
Bislang bieten acht Grundschulen eine Ganztagsbetreuung an. In der Regel sind es die Tage Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 7.45 bis 15.45 Uhr. Auch die Grundschule am Burggraben und die Grundschule Hagen haben sich auf den Weg zur Ganztagsschule gemacht. Die Grundschulen Haddorf und Ottenbeck sind noch nicht dabei. Stadtrat Carsten Brokelmann sieht „eine Herausforderung, die da auf uns zukommt“. Der rechtliche Anspruch gehe weit darüber hinaus, was bis jetzt in Teilen abgebildet werde, sagte er während der jüngsten Ausschusssitzung für Schulen, Bildung und Sport.
Bereits heute fehlen Fachkräfte
Besonders Schulen seien mit der Umsetzung gefordert. Wie genau der Rechtsanspruch in die Tat umgesetzt werden soll, fragt sich auch der Stadtrat. „Wie soll das mit zusätzlichen Tagen und Stunden zu leisten sein?“ Derzeit fehlen der Hansestadt 22 Erzieherinnen und Erzieher beziehungsweise vergleichbare Kräfte. Auch gibt es laut dem Niedersächsischen Kultusministerium an mindestens zwei Grundschulen, in Bützfleth und in Hahle, Stellengesuche für Lehrkräfte für das aktuelle Halbjahr. Carsten Brokelmann sieht noch einen weiteren Haken.
Der bundesweite Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule wird schrittweise eingeführt. Er wird in den nachfolgenden Jahren um jeweils eine Klassenstufe ausgeweitet. Mit Beginn des Schuljahres 2029 soll das Verfahren abgeschlossen sein. Das bedeutet, in den Klassenstufen 2 bis 4 muss dann ebenfalls eine Ganztagsbetreuung angeboten werden - bis zum Beginn der fünften Klassen.
Anspruch auf Betreuung in den Ferien
Damit umfasst der Rechtsanspruch auch die Ferienzeiten - bis auf maximal vier Wochen Schließzeit im Jahr. Ferienbetreuung wird nicht von der Ganztagsgrundschule angeboten, sondern liegt in der Verantwortung der öffentlichen Träger der Jugendhilfe. Selbst wenn viele Angebote von Kooperationspartnern wie Vereinen abgedeckt werden, werfe das Probleme auf, so der Stader Stadtrat.
Denn in dieser Zeit werde mehr Personal gebraucht. Aber eben auch nur dann. Es gebe jetzt schon Fachkräftemangel. Er könne sich nicht vorstellen, wie das funktionieren soll. Aber Carsten Brokelmann will optimistisch bleiben. „Wir werden versuchen, das hinzubekommen.“ Die Schulen hätten schon signalisiert, dass sie sich mit dem Thema befassen. Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg setzt auf Zusammenarbeit.
So soll das Vorhaben umgesetzt werden
Die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter sei gleichermaßen wichtig wie zeitlich und finanziell anspruchsvoll, sagt Julia Willie Hamburg: „Es ist deshalb entscheidend, dass alle Ebenen an einem Strang ziehen und nach pragmatischen Lösungen für den Einstieg suchen.“ Das Land werde die Personalkosten für die achtstündige Betreuung an den Schulen für die Ganztagsbetreuung entsprechend des Erlasses finanzieren und somit erhebliche Mittel in das Personal und die Qualität im Ganztag investieren, heißt es seitens des Ministeriums.
Millionenprojekt
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Die Hälfte der 30-prozentigen Investitionskosten will das Land übernehmen. Diesen Kofinanzierungsanteil teilt es sich mit den Kommunen. Insgesamt 55 Millionen Euro hat Niedersachsen in den Jahren 2024 bis 2027 dafür eingeplant. Das Land erhält laut Niedersächsischem Kultusministerium vom Bund ungefähr 278 Millionen Euro für den Ausbau dieser Maßnahme.
Daran scheitert derzeit eine detaillierte Planung
In welcher Form, ob offen, teil- oder vollgebunden, und an welchen Grundschulen der Rechtsanspruch umgesetzt wird, liegt in der Entscheidungshoheit der Schulen und Schulträger, so das Ministerium. Carsten Brokelmann sagt, für Eltern, die eine Ganztagsbetreuung möchten, sei die Bindung an das Einzugsgebiet aufgehoben.
Es werde schwierig, einen genauen Bedarf der Betreuung festzustellen. Unkontrollierbare Schülerströme sollten aber vermieden werden. Darum sei es sinnvoll, dass alle Stader Grundschulen das geforderte Ganztagsangebot vorhalten. Eine detaillierte Planung könne nicht vorgelegt werden, weil die Kosten nicht bekannt seien. „Das ist alles noch in der Schwebe.“