TWie Deutschlands einzigartiges Küstenschiffahrts-Museum in Wischhafen Besucher locken will

Volker von Bargen, Lars Lichtenberg und Malerin Rita Basios-Schlünz (von rechts) eröffnen die neue Saison des Kehdinger Küstenschiffahrts-Museums. Foto: Susanne Helfferich
Seit nunmehr 30 Jahren steht ein kleines Museum in Wischhafen für den ehemals hohen Stellenwert der Küstenschifffahrt. Von den Schiffseignern damals leben nur noch wenige. Daher richtet Museumschef Lars Lichtenberg den Blick auf die Kümo-Kinder.
Wischhafen. Immer am Ostersonntag eröffnet das Kehdinger Küstenschiffahrts-Museum in Wischhafen seine Saison. So auch in diesem Jahr mit drei Schlägen der Schiffsglocke und dem Hissen der Flagge. Das kleine Museum mit Fokus auf die Küstenmotorschiffe (Kümos) ist einzigartig in Deutschland. Doch die Zahl der Besucher nimmt ab. Das liege nicht nur an der Corona-Pause, so der ehrenamtliche Museumsleiter Lars Lichtenberg im Gespräch mit dem TAGEBLATT.
Hätten vor Corona etwa 3000 Gäste pro Saison das kleine Museum besucht, seien es heute nur noch 2000 Gäste, so Lichtenberg. Erfreulich sei aber, dass das Gros der Besucher während der Sommerferien und in der Woche komme, und vermehrt seien es Familien. „Früher hatten wir die hohen Zahlen am Wochenende und dann eher ältere Männer.“
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Schwieriger Wandel zum Ausflugsziel für Familien
Der Wandel vom etwas verstaubten Museum zur Attraktion für Familien ist eine große Herausforderung. Vor einigen Jahren hatten Lichtenberg, der hauptberuflich das Natureum in Balje leitet, und Vorstandsmitglied Anna von Bargen das museumspädagogische Projekt „Wherigo“ (abgeleitet von „where I go“ – zu Deutsch: „wohin ich gehe“) entwickelt - ein Mix aus Rollenspiel und Adventure-Game.
Damit erhielt das Küstenschifffahrtsmuseum den Förderpreis Museumspädagogik der VGH-Stiftung. Dann habe die Corona-Pandemie die Museumsmacher ausgebremst. Als diese überwunden war, habe es neue Updates gegeben, „wir hätten alles neu programmieren müssen“, so Lichtenberg.

Der dreieinhalbjährige Jannis probiert die museumspädagogischen Angebote des kleinen Museums aus. Foto: Susanne Helfferich
Ehrenamtliche Arbeit sichert das Überleben
Wie viele Kulturstätten überlebt das Küstenschifffahrtsmuseum in Wischhafen nur durch hohen ehrenamtlichen Einsatz. 35 bis 40 Unterstützer halten den Betrieb am Laufen.
Da sind die MuseCats, die das Museum vor Eröffnung auf Hochglanz polieren und am Eröffnungstag die Gäste kulinarisch versorgen, außerdem die vielen Hände, die die Ausstellungen aufbauen und einrichten und schließlich die Ehrenamtlichen, die die Aufsicht während der Öffnungszeiten abdecken.
In den 30 Jahren seit Eröffnung seien 36.000 Arbeitsstunden für das Museum geleistet worden. „Das wären rund 20 Arbeitsjahre für eine Person mit einer 40-Stunden-Woche“, rechnet Lichtenberg vor.

Ein Blick in die Dauerausstellung: Rettungsmittel der Küstenschifffahrt. Foto: Susanne Helfferich
Museumsleiter nimmt die Kümo-Kinder in den Fokus
Er macht sich Gedanken, wie er neue Ehrenamtliche gewinnen und junge Familien erreichen kann. Sein Blick geht daher in Richtung der Kümo-Kinder, „die einen Großteil ihrer Kindheit auf dem Schiff verbrachten, weil die Eltern zur See fuhren“. Oft seien die Kinder bis zur Einschulung - und später in den Ferien - mit an Bord gewesen. Hier gebe es einen emotionalen Zugang.
„Wir können sie bei ihren Erinnerungen abholen“, ist sich der Museumschef sicher. Der Historiker sieht in dieser Geschichte außerdem großes Potenzial für eine sozialgeschichtliche Aufarbeitung.
„Wenn die Kinder Jahre mit der Familie an Bord verbracht haben und dann plötzlich mit der Einschulung oftmals zu den Großeltern kamen und auf Klassen mit 30 Kindern stießen, das löste deren Mikrokosmos auf.“ Anfang Juni möchte er Kehdinger Kümo-Kinder zu einem Austausch einladen.

Einmal Steuerfrau sein: Maria Cruz besucht mit Vincent Sperling das Küstenschifffahrtsmuseum. Foto: Susanne Helfferich
Drei Sonderausstellungen locken nach Wischhafen
Wie in den Jahren zuvor werden neben der Dauerausstellung wieder Sonderausstellungen gezeigt: Im Obergeschoss wurde die Schau zum Thema „Elbvertiefung - Immer etwas tiefer“ beibehalten. Sie setzt sich kritisch mit der wirtschaftlichen Relevanz und den Eingriffen für Natur, Umwelt und Küstenschutz auseinander.
Die Verschlickung der Nebenflüsse sei nur ein Aspekt, so Lichtenberg während der Begrüßung am Ostersonntag: „Schauen Sie einfach in unseren Traditionshafen und Sie sehen, was damit gemeint ist. Die Elbe ist heute fast fünfmal so tief wie Anfang des 19. Jahrhunderts.“

Volker von Bargen präsentiert das Geschenk der Malerin Rita Basios-Schlünz: Ein Bild vom Traditionsschiff Iris-Jörg. Foto: Susanne Helfferich
Elbimpressionen von Autodidaktin
Im Erdgeschoss zeigt das Museum unter dem Titel „Damals auf der Unterelbe“ Schiffsmodelle von Wolfgang Korn. Dazu hat Kurator Volker von Bargen aus dem Bestand des Museums jeweils passende Radierungen von Geo Wolters gehängt. Zur besonderen Freude überlässt Wolfgang Korn dem Museum die Modelle.
In der kleinen Galerie im Obergeschoss sind Bilder von Rita Basios-Schlünz zu sehen, die in unmittelbarer Nachbarschaft lebt und arbeitet. Die Autodidaktin hat verschiedene Elbimpressionen ausgewählt, die nicht nur bewundert, sondern auch gekauft werden können.
Neben dem obligatorischen Geschenk eines Bildes beteiligt die Malerin das Museum bei jedem verkauften Bild mit der Hälfte des Erlöses. „Das gab es noch nie“, so Gründungsvater Volker von Bargen.