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TBands, Bier und Budenstadt: Wenn Brest zum Festivaldorf wird

Festival-Freaks: Micha (49, links) aus Bad Bevensen mit Irokesen-Pracht und Schottenrock grillt mit Ibbi (65, rechts) aus Hamburg. Papagei Birdie begleitet Ibbi seit 46 Jahren. René (30) kommt aus Hollenbeck.

Festival-Freaks: Micha (49, links) aus Bad Bevensen mit Irokesen-Pracht und Schottenrock grillt mit Ibbi (65, rechts) aus Hamburg. Papagei Birdie begleitet Ibbi seit 46 Jahren. René (30) kommt aus Hollenbeck. Foto: Knappe

Die Einwohner von Brest müssen für ein gutes Festival nicht erst zum Wacken oder Hurricane fahren - sie haben eines direkt vor der Haustür. Ein Besuch beim Brestival.

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Von Katja Knappe
Sonntag, 07.09.2025, 12:42 Uhr

Brest. Geheimtipps sprechen sich herum. Bereits am frühen Abend seien viele Getränke ausverkauft gewesen, „wir konnten aber noch eine Lieferung nachordern“, erzählt Torben Oldenbüttel, Schlagzeuger der Band Sorb und musikalischer Leiter des Brestivals, dessen Name sich ableitet vom Veranstaltungsort (Brest) und der Art der Veranstaltung (Festival).

Parkflächen und Bier mussten nachgeordert werden

Auf 300 Besucher hatten die Veranstalter erhofft, gekommen seien rund 450, sagt Organisator Ralf Kotthoff. Bei so viel Zulauf reichten die Parkflächen nicht. „Wir konnten kurzfristig über die Nachbarn noch eine Wiese dazu bekommen. Die dörfliche Unterstützung für das Festival ist phänomenal“, sagt Ralf Engels vom Orga-Team. Bereits um 18.30 Uhr waren Kuchen und Muffins ausverkauft. „So viel ist hier noch nie weggegangen“, sagt Benke Minnert von der 30-Leute-starken Truppe, die das Festival organisiert.

Wer feiern will, muss auch schleppen: Die Brestival-Organisatoren Ralf Engels und Ralf Kotthoff freuten sich ob der Resonanz und hatten gut zu tun. Bereits um 19.30 Uhr waren etliche Getränke weg, und es musste eine weitere Getränkelieferung geordert werden.

Wer feiern will, muss auch schleppen: Die Brestival-Organisatoren Ralf Engels und Ralf Kotthoff freuten sich ob der Resonanz und hatten gut zu tun. Bereits um 19.30 Uhr waren etliche Getränke weg, und es musste eine weitere Getränkelieferung geordert werden. Foto: Knappe

Punkrock-Fetzen schallen leise vom Festplatz zur Camping-Wiese mit Wohnmobilen, Vans, Campingwagen und ein paar Zelten. Hier sitzen Micha (49) aus Bad Bevensen und Ibbi (65) aus Hamburg und grillen. Micha trägt einen roten Schottenrock und einen stacheligen Irokesenschnitt, wie er in den 1980er-Jahren verbreitet war. Er wird heute in Brest übernachten. Micha war im Vorjahr erstmals da - aber in diesem Jahr „ist alles ein bisschen größer, toll besucht - das ist ein großer Unterschied“.

Torben Oldenbüttel ist musikalischer Leiter des Brestivals. Auch er strahlt, dass beim sechsten Festival so viele Gäste gekommen sind.

Torben Oldenbüttel ist musikalischer Leiter des Brestivals. Auch er strahlt, dass beim sechsten Festival so viele Gäste gekommen sind. Foto: Knappe

Während auf einem Lotusgrill das Fleisch bruzzelt, hockt Ibbi in seinem Van. Auf seiner Schulter sitzt Birdie, ein grünbunter Papagei. Er begleitet Ibbi seit 46 Jahren. Ibbi liebt vor allem kleine Festivals. „Ich bin richtig überrascht, wie die das geschafft haben, hier 14 Bands für ein Umsonst-Festival zusammenzutrommeln. Ganz großes Lob für die Organisatoren!“, sagt Ibbi.

Martin Friese (Mitte), Bassist der Band Kellerstudio, genießt das Woodstock-Feeling. Familie und Freunde sind gekommen, auch Mutter Sabine Grudzinski (rechts) aus Griechenland: „Ein toller Ort für solch ein Festival“, schwärmt sie.

Martin Friese (Mitte), Bassist der Band Kellerstudio, genießt das Woodstock-Feeling. Familie und Freunde sind gekommen, auch Mutter Sabine Grudzinski (rechts) aus Griechenland: „Ein toller Ort für solch ein Festival“, schwärmt sie. Foto: Knappe

Martin Friese hat seinen Auftritt als Bassist der Stader Band Kellerstudio hinter sich und tanzt auf dem Rasen. „Ich bin das erste Mal dabei. Das ist hier eine komplett nichtkommerzielle Veranstaltung. Das ist so ein bisschen wie Woodstock 1969“, nimmt er an. „Es ist einfach schön.“

Sabine Grudzinski ist aus Griechenland angereist

Friese hat seine komplette Familie und Freunde dabei, alle werden sie hier übernachten. Selbst die in Griechenland lebende Mutter Sabine Grudzinski ist angereist. Sie lässt den Blick schweifen: „Das ist ein toller Ort für solch ein Festival. Viel Natur drumherum. Und man riecht noch Schweinestall.“

Das ehrenamtlich organisierte Musik-Event steigt zum sechsten Mal - wieder bei Super-Wetter. Der Eintritt ist frei. Vor allem über den Getränkeverkauf, Spenden und Merchandising wird das Brestival finanziert.

Alles begann 2018 mit einer Gartenparty

Angefangen hat es 2018 ganz klein - mit einer Gartenparty. Die Harsefelder Band Sorb, Mitbegründer des 40 Mitglieder zählenden Brestival-Vereins, brauchte einen Auftritt zum Üben, erzählt Organisator Ralf Kotthoff. Sorb und die bayrische Band Motörschäden spielten damals. Das war der Anfang.

Das Brestival kommt mit musikalischer Vielfalt daher: von Punk über Rock und Blues bis Metal. Hier im Bild die Horror-Punkband The Bikini Baseball Batters aus Bremervörde.

Das Brestival kommt mit musikalischer Vielfalt daher: von Punk über Rock und Blues bis Metal. Hier im Bild die Horror-Punkband The Bikini Baseball Batters aus Bremervörde. Foto: Knappe

Die beiden Bands sind seitdem jedes Mal dabei gewesen. Diesmal spielten 14 Bands, die meisten aus dem Elbe-Weser-Raum - so viele wie noch nie. Das Musikprogramm ist gemischt und reicht von Punk über Metal, Blues und Hardrock bis zu Cover-Rock. Auch die Inklusionsband 2 Bazookas aus Cuxhaven ist dabei. Nachmittags bis in den frühen Abend sei die Musik eher härter, abends gebe es dann noch Rock-Cover, sagt Kotthoff.

Keine Dixie-Klos - Gäste dürfen auf Schützen-WCs

Eine kleine Budenstadt und zwei Bühnen beleben den Platz vor dem Schützenhaus. Die Festivalgänger dürfen die Toiletten des Schützenheims nutzen. „Wir sind froh,dass wir keine Dixie-Klos brauchten, die mögen wir selber auch nicht“, sagt Ralf Engels.

Sie kommen aus Brest und freuen sich, dass solch ein Festival im Ort gefeiert wird: die Freundinnen Luisa (39, rechts) mit Theo (7) und Theresa (32) mit Henri (2).

Sie kommen aus Brest und freuen sich, dass solch ein Festival im Ort gefeiert wird: die Freundinnen Luisa (39, rechts) mit Theo (7) und Theresa (32) mit Henri (2). Foto: Knappe

Die 39-jährige Luisa aus Brest ist mit ihrem Sohn Theo (7) gekommen. „Ich steh‘ zwar nicht so auf Punkrock, aber ich habe hier schon zwei tolle Bands gehört, die mir gefallen haben. Ich liebe diese Festival-Atmosphäre, war früher oft beim Hurricane.“

Senioren aus der Samtgemeinde genießen das Brestival (von links): Für Ilona Plett (72), Arno Plett (84) und Bärbel Pape (73) ist es das erste Mal. „Es ist so harmonisch hier, gerade dieses Jung und Alt“, staunt Ilona Plett. Ihr Sohn Sascha (rechts) ist auch dabei.

Senioren aus der Samtgemeinde genießen das Brestival (von links): Für Ilona Plett (72), Arno Plett (84) und Bärbel Pape (73) ist es das erste Mal. „Es ist so harmonisch hier, gerade dieses Jung und Alt“, staunt Ilona Plett. Ihr Sohn Sascha (rechts) ist auch dabei. Foto: Knappe

Die Senioren Bärbel Pape (73), Ilona (72) und Arno Plett (84) aus Harsefeld sind erstmals hier. Zwar treffen nur wenige Bands - etwa die Monday Monkeys (Blues) - ihren Musikgeschmack. Eine Blaskapelle wäre schön, schmunzelt Bärbel Pape. Trotzdem gefällt ihnen das Festival: „Gerade dieses Jung und Alt zusammen. Es ist alles so harmonisch hier“, findet Ilona Plett.

Zwei Profis, die sonst bei der Veranstaltungstechnik im Musicaltheater König der Löwen in Hamburg arbeiten, kamen gratis und gerne zum Brestival, um hier abzumischen: Maurice Schweer (links) und Azubi Niklas Kirsch.

Zwei Profis, die sonst bei der Veranstaltungstechnik im Musicaltheater König der Löwen in Hamburg arbeiten, kamen gratis und gerne zum Brestival, um hier abzumischen: Maurice Schweer (links) und Azubi Niklas Kirsch. Foto: Knappe

Zwei Profis, die sonst in der Veranstaltungstechnik im Musicaltheater König der Löwen in Hamburg arbeiten, kamen gratis, um hier am Mischpult guten Sound zu sichern: Maurice Schweer und Azubi Niklas Kirsch. Bei einem kleinen Festival muss öfters improvisiert werden - „da kann ich am Mischpult Erfahrungen sammeln und was lernen“, sagt Niklas (21).

Rentner Günter Samlowski (69, links) aus Harsefeld ist mit dem E-Bike gekommen. Er liebt kleine Festivals und freut sich, Gitarrist Maik Wilksen von der Lokalband Sorb zu treffen.

Rentner Günter Samlowski (69, links) aus Harsefeld ist mit dem E-Bike gekommen. Er liebt kleine Festivals und freut sich, Gitarrist Maik Wilksen von der Lokalband Sorb zu treffen. Foto: Knappe

Günter Samlowski (69) aus Harsefeld ist mit dem E-Bike hergeradelt, während seine Familie zu den Bad Segeberger Karl-May-Festspielen fuhr. „Ich mag kleine Festivals. Und hier vor Ort - was Besseres gibt es nicht. Ich bin froh, dass ich jetzt Rentner bin und mehr Zeit habe.“ Er lobt auch die niedrigen Getränkepreise: „Hier kostet das Bier noch keine acht Euro.“

Festival-Freaks: Micha (49, links) aus Bad Bevensen mit Irokesen-Pracht und Schottenrock grillt mit Ibbi (65, rechts) aus Hamburg. Papagei Birdie begleitet Ibbi seit 46 Jahren. René (30) kommt aus Hollenbeck.

Festival-Freaks: Micha (49, links) aus Bad Bevensen mit Irokesen-Pracht und Schottenrock grillt mit Ibbi (65, rechts) aus Hamburg. Papagei Birdie begleitet Ibbi seit 46 Jahren. René (30) kommt aus Hollenbeck. Foto: Knappe

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