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Hans-Albrecht Uhlhorn

TBargstedts ehemaliger Pastor wird 100: „Gott hat es gut mit mir gemeint“

Erinnerungen an die Bargstedter St.-Primus-Kirche und an das Altarbild, das der Kirchenvorstand einst abgelehnt hat. „Sehr schade,“ bedauert der alte Seelsorger noch 35 Jahre nach seinem Abschied.

Erinnerungen an die Bargstedter St.-Primus-Kirche und an das Altarbild, das der Kirchenvorstand einst abgelehnt hat. „Sehr schade,“ bedauert der alte Seelsorger noch 35 Jahre nach seinem Abschied. Foto: Rivinius-Stucke

36 Jahre lang war Hans-Albrecht Uhlhorn Pastor der Bargstedter Kirchengemeinde St. Primus. Heute hat er Geburtstag. Und eine Sache aus seiner Kirchenzeit beschäftigt ihn bis heute.

Von Gisela Rivinius-Stucke Mittwoch, 03.09.2025, 12:30 Uhr

Bargstedt. Denkt Hans-Albrecht Uhlhorn an seine aktive Zeit im Beruf, fällt ihm nur ein Ortsname ein: Der Theologe war Pastor in Bargstedt, wurde am 4. Oktober 1954 in der dortigen St.-Primus-Kirche ordiniert und ein Jahr darauf am 14. August offiziell in sein Amt eingeführt.

Die Gemeinde auf der Stader Geest, zu der noch die Orte Issendorf, Ohrensen, Hollenbeck, Kakerbeck, Wohlerst, Brest, Reith und Oersdorf gehören, sollte die einzige Pfarrstelle des ebenso engagierten wie streitbaren Theologen bleiben. Heute feiert Hans-Albrecht Uhlhorn seinen 100. Geburtstag und blickt auf insgesamt 36 Bargstedter Jahre in Amt und Würden zurück.

Gerne wäre er noch selbst mit dem Auto unterwegs

„Ich bin so gerne dort gewesen, habe meine Arbeit gerne getan und war Seelsorger mit Leib und Seele“, lautet das Fazit des alten Pastors, der seit 1990, als er in den Ruhestand verabschiedet wurde, im eigenen Haus in Bremervörde lebt.

Auch wenn er einige altersgemäße Einschränkungen in Kauf nehmen muss und sich ärgert, dass seine Kinder ihm das Autofahren verboten haben, hat er sich seine Selbstständigkeit bis ins hohe Alter bewahrt. Unterstützung erfährt er seit dem Tod seiner Frau – Hanna Uhlhorn verstarb kürzlich im Alter von 99 Jahren – von Tochter Thekla Uhlhorn.

Erst Handwerker, dann Theologiestudium

Die Theologie war Hans-Albrecht Uhlhorn quasi in die Wiege gelegt: Sein Urgroßvater Gerhard Uhlhorn war Abt im Kloster Loccum, in der Nähe des Steinhuder Meers gelegen. Auch Großvater, Vater und sein jüngerer Bruder folgten der Familientradition. Wobei der in Beedenbostel bei Celle aufgewachsene Pastorensohn während des Zweiten Weltkrieges als Marine-Offizier tätig war, nach Kriegsende eine Ausbildung zum Dreher absolvierte und erst dann zum Theologiestudium fand.

Akribisch vorbereitet und meisterlich überzeugend

Die handwerkliche Ausbildung half ihm später, wenn Entscheidungen bei kirchlichen Bauprojekten anstanden. „Ihm konnte keiner ein X für ein U vormachen“, erinnert sich einer der damaligen Kirchenvorsteher an den Pastor: „Unser Pastor hat alles, was es zu besprechen und zu entscheiden galt, akribisch vorbereitet und verstand es meisterlich, die Dinge so zu servieren, dass man eigentlich nur noch Ja sagen konnte.“

Einzig beim neuen Altarbild, dessen Künstlerentwurf einige Monate an der Wand hinter dem Altar „auf Probe“ hing, konnte er sich nicht durchsetzen: „Da sind sie mir nicht gefolgt“, bedauert Hans-Albrecht Uhlhorn noch heute.

Neuer Glockenturm und Antrag für ein Gemeindehaus

Aber abgesehen davon standen viele Entscheidungen an in der 36-jährigen Amtszeit des Bargstedter Pastors Hans-Albrecht Uhlhorn: Die St.-Primus-Kirche musste von Grund auf renoviert werden, ein neuer Glockenturm wurde gebaut, eine vierte Glocke sollte das bisherige Geläut ergänzen.

Dann war da noch der Plan, den alten Gemeindesaal durch ein neues Gemeindehaus zu ersetzen. „Wir können ja mal einen Antrag beim Landeskirchenamt stellen. Der Versuch lohnt sich, auch wenn es zehn Jahre dauern sollte“, warb Uhlhorn um die Zustimmung seiner Kirchenvorstände. Es ging schneller: Zufall, oder hat der Glaube geholfen? Des Wunders Lösung war einfach: Der zuständige Dezernent plante seinen Ruhestand und musste seinen Schreibtisch aufräumen. Umgesetzt wurde das Bauvorhaben dann von Uhlhorns Nachfolger Friedrich Weßeler.

Spätaufsteher aus Überzeugung

Etwas gewöhnungsbedürftig fanden die Bargstedter in den ersten Jahren der Uhlhorn‘schen Ära, dass der Pastor und seine Frau des Morgens nicht aus dem Bette kamen, waren es die heimischen Landwirte doch gewohnt, beim ersten Hahnenschrei aufzustehen und mit den Hühnern schlafen zu gehen.

„Meine Arbeitszeit ist anders, außerdem kann ich meine Schäfchen erst am Abend besuchen, wenn sie ihr Tagwerk beendet haben“, beschied der junge Seelsorger seinen Kritikern – und genoss den langen Morgenschlaf weiter ohne schlechtes Gewissen.

Dafür fanden seine Pfarrkinder an sieben Tagen in der Woche und bis zum späten Abend eine offene Tür und ein offenes Ohr, wenn sie mit ihrem Pastor reden wollten. Der wiederum schreibt sich auf die Fahnen, dass er jede Familie besucht hat und an deren Sorgen und Freuden regen Anteil nahm.

Bargstedts strenge Sitten gelockert

Mit der Zeit kannten die Gottesdienstbesucher ihren Pastor ganz genau: „Wenn die Predigt kein Ende nahm, war er urlaubsreif“, plaudert eine langjährige Weggefährtin aus dem Nähkästchen. Sie erinnert sich außerdem „mit großer Dankbarkeit“ daran, dass es Hanna Uhlhorn gelungen war, die strengen Bargstedter Sitten zu lockern: Mitglieder von Posaunen- und Kirchenchor durften nicht zum Tanzen gehen, das ließ die Hermannsburger Missionstradition nicht zu. Da die junge Pastorenfrau selbst gerne das Tanzbein schwang, wollte sie auch andere an diesem Vergnügen teilhaben lassen.

Immer morgens im Harsefelder Freibad aktiv

Die Familie beteiligte sich am dörflichen Leben, ging mit Gleichgesinnten zum Kegeln und war mit einer Gruppe auf dem Fahrrad unterwegs. Zu den Freizeitaktivitäten der Pfarrfamilie gehörte auch der regelmäßige Besuch im Harsefelder Freibad, in dem Hanna und Hans-Albrecht Uhlhorn an jedem Morgen ihre Bahnen zogen. Und der Garten hinter dem Bargstedter Pfarrhaus war zu jeder Jahreszeit eine wahre Augenweide.

„Schlimme Erlebnisse“ waren für Hans-Albrecht Uhlhorn die Trauerfeiern, bei denen er junge Menschen beerdigen musste: „Das lässt einen nicht los, daran hat man als Seelsorger lange zu tragen.“

Die Neugierde ist geblieben

Am 9. September 1990 nahm Uhlhorn Abschied von seiner einzigen Pfarrstelle. Die Lust an der Verkündigung des Evangeliums ist geblieben: Hans-Albrecht Uhlhorn blieb auch im Ruhestand aktiv, predigte in Bremervörde wie in seiner alten Wirkungsstätte und nahm immer Anteil an dem, was in Bargstedt vor sich ging.

„Die Zeiten haben sich geändert, das Leben ist ganz anders geworden“, zieht er eine wehmütige Bilanz – und ist doch bis ins hohe Alter neugierig geblieben. Neugierig auf das, was in der Welt und vor allem in seiner Kirche passiert. Und er freut sich, dass er heute seinen 100. Geburtstag feiern darf: „Der liebe Gott hat es gut mit mir gemeint.“

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