TTraumjob Berufsfeuerwehr? So hart und riskant ist die Arbeit als Feuerwehrmann

Zur Ausbildung in der Berufsfeuerwehr zählen auch Übungseinsätze in Brandcontainern. Foto: Ritscher
Er setzt sein eigenes Leben ein, um das anderer zu retten: Gerrit Ritscher fand nach einigen Umwegen zu seinem Traumberuf Feuerwehrmann. Das bedeutet harte Einsätze und hohes Risiko.
Hollenstedt. Gut 20 Kilogramm wiegt die Schutzausrüstung, in die Gerrit Ritscher im Ernstfall schlüpfen muss. Luft zum Atmen bekommt er unter der Vollmaske durch eine Druckluftflasche, zu gefährlich ist das freie Atmen an verqualmten oder giftigen Einsatzorten. „Ich wollte jede Sekunde brechen“, erzählt Ritscher, wenn er sich an seine Leistungstests „in voller Montur“ erinnert. Doch der 28-Jährige nimmt die Belastung gerne in Kauf - denn er ist Berufsfeuerwehrmann.
„Ich bin mit der Feuerwehr aufgewachsen“, sagt Gerrit Ritscher. Schon als Fünfjähriger habe er mit Feuerwehrautos gespielt. Sein Vater war langjähriges Mitglied der freiwilligen Feuerwehr in seinem Heimatort Hollenstedt im Landkreis Harburg, er selbst war im örtlichen Schützenverein aktiv. Dass es ihn aber mal zur Berufsfeuerwehr verschlagen würde, hätte Ritscher nicht gedacht. „Ich wusste damals gar nicht, dass man das auch beruflich machen kann“, sagt er.
Als Dachdecker nicht glücklich im Handwerk
Mit einem Hauptschulabschluss in der Tasche tat sich Gerrit Ritscher lange schwer, wie es weitergehen sollte. Irgendetwas mit Handwerk wollte er machen, da bot sich eine Dachdeckerlehre im Familienbetrieb des Onkels an. „Nach einem guten Jahr habe ich jedoch gemerkt, dass das nicht das Richtige für mich war“, gesteht er.
Mit 18 trat er in die Freiwillige Feuerwehr Hollenstedt ein, wo seine Leidenschaft neu entbrannte. „Ich habe dann meinen Realschulabschluss nachgeholt und mich durch die Aufnahmeprüfungen gekämpft“, sagt Ritscher. Kurz vor Weihnachten 2017 kam dann der erlösende Brief der Berufsfeuerwehr Hamburg mit der Zusage zur Ausbildung.

In seinem Buch "Be Real!" beschreibt Berufsfeuerwehrmann Gerrit Ritscher den schweren Weg zu seinem Traumberuf. Foto: Ritscher
„Ich war überglücklich“, sagt Gerrit Ritscher. Nach einer dreijährigen Notfallsanitäter-Ausbildung hängte er noch eine 15-monatige feuerwehrtechnische Ausbildung dran. „Die meisten Kollegen bei der Berufsfeuerwehr kommen aus einem Handwerks- oder Medizinberuf“, sagt Ritscher. Auch viele ehemalige Bundeswehrsoldaten seien unter seinen Kollegen. „Wir sind ein bunter Haufen, aber ich habe noch nie einen so engen Zusammenhalt gespürt.“
Mehrfach im Monat in 24-Stunden-Schichten bei Berufsfeuerwehr
Mit seiner Freundin lebt Gerrit Ritscher weiterhin in Hollenstedt. Doch seine Kollegen sehe er öfter, gesteht er. Als Berufsfeuerwehrmann arbeitet er mehrfach im Monat in 24-Stunden-Schichten, die er komplett auf der Wache verbringt. „Wir sind dort ausgestattet mit Küche, Duschen und Betten“, sagt er. Pro Schicht sind circa 30 Feuerwehrmänner auf der Wache in Billstedt im Einsatz. Trotzdem bleibt an den restlichen Tagen im Monat viel Zeit für Freunde und Freizeit.
„Wir sind wie eine große Männer-WG“, sagt Gerrit Ritscher. Frauen bei der Berufsfeuerwehr Hamburg gebe es nur wenige. Die Kollegen verbringen dort auch die Bereitschaft während der Schicht zusammen, etwa beim Zocken an der Spielekonsole. „Wir machen aber auch Sport zusammen, um fit zu bleiben“, sagt Ritscher. Bei seiner Arbeit gebe es nämlich keine Fehlertoleranz. „Deshalb ist die Ausbildung so hart“, sagt er. Sport spielt auch eine zentrale Rolle im Privatleben des 28-Jährigen. Laufen gehen, Fahrrad fahren, eine gesunde Ernährung: Sein Körper ist sein wichtigstes Arbeitswerkzeug. Zur Abhärtung geht Gerrit Ritscher auch jeden Morgen kalt duschen, nach harten Einsätzen setzt er sich in die selbstgebaute Eistonne.
Hohes Berufsrisiko bei der Feuerwehr
Neben der körperlichen ist auch die psychische Belastung als Berufsfeuerwehrmann hoch. „Wir gehen jeden Tag ein hohes Risiko ein, um anderen Menschen zu helfen“, sagt Gerrit Ritscher. Deshalb hat jede Wachabteilung einen in Traumaverarbeitung geschulten Kollegen. Aber auch der Austausch mit anderen Kollegen oder notfalls internen Psychologen sei immens wichtig. „Wenn etwa Kinder beteiligt sind oder bei schweren Verkehrsunfällen geht das an die Nieren“, sagt Ritscher.
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Und wie sieht es mit der Wertschätzung in der Bevölkerung für seine Arbeit aus? „Es stimmt, dass wir uns viel anhören müssen“, sagt Gerrit Ritscher. So habe ein Autofahrer ihn einmal angeschnauzt, er habe es eilig und er solle das Einsatzfahrzeug beiseite fahren. „Ich lasse das nicht an mich heran“, sagt Ritscher.

Hartes Training mit Feuerwehrgerätschaften gehört für Gerrit Ritscher zum Alltag. Foto: Ritscher
Trotz des hohen Berufsrisikos ist Gerrit Ritscher immer optimistisch. „Für den Fall, dass ich mal im Einsatz sterben sollte, habe ich meinen Eltern gesagt: Ihr könnt glücklich sein, denn dann bin ich bei einer Sache gestorben, die ich liebe.“ Kleine Gesten wie ein einfaches Dankeschön bereichern Gerrit Ritschers Alltag jedoch ungemein. „Das ist dann wie eine Kirschtorte zum Geburtstag für mich.“

Zur Ausbildung in der Berufsfeuerwehr zählen auch Übungseinsätze in Brandcontainern. Foto: Ritscher
Das Buch zur Geschichte
In seinem Buch „Be Real!“ schreibt der Hamburger Berufsfeuerwehrmann Gerrit Ritscher über die Höhen und Tiefen seines Lebens und wie er sich seinen Kindheitstraum erfüllt hat. Das Buch ist als Taschenbuch, gebundene Ausgabe sowie eBook im Buchhandel und online erhältlich.