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Nachbarkreise

TBesuch in der Mosterei: So läuft eine Apfelsaftproduktion

Die Apfelernte ist in diesem Jahr gut. Noch wird es einige Zeit dauern, bis Ingo Meinke und Ulrich Brändle Saft aus eigenem Obst im großen Stil herstellen können.

Die Apfelernte ist in diesem Jahr gut. Noch wird es einige Zeit dauern, bis Ingo Meinke und Ulrich Brändle Saft aus eigenem Obst im großen Stil herstellen können. Foto: Hahn

Die Ernte der Birnen und Äpfel gilt in diesem Jahr als herausragend. Doch wohin mit kiloweise süßem Rund, wenn die Früchte kaum lagerfähig sind? Eine Lösung: aromatischen Saft keltern.

Von Monika Hahn Samstag, 11.10.2025, 13:50 Uhr

Sittensen. Sortieren, waschen, mahlen, pressen, filtern, pasteurisieren und abfüllen. Mit dieser knappen Aneinanderreihung wäre auch schon der Prozess des Saftkelterns skizziert. Doch warum auf den Einblick in moderne Technik, nette Gespräche und duftende Aromen verzichten? Ein Ortsbesuch bei Ostetal Most in Hamersen (Samtgemeinde Sittensen).

Morgens um neun läuft bereits die Saftabfüllung für den zweiten Kunden an diesem Tag, Ingo Meinke und Ulrich Brändle sind gut im Zeitplan. Im Anschluss an diesen Kunden bleibt Zeit für einen Rundgang.

„Bis vor zweieinhalb Jahren war dies noch ein Schweinestall“, erklärt Ingo Meinke, auf dessen landwirtschaftlichem Betrieb sich die Mosterei befindet. „Die erste Idee, hier was anderes als Schweinehaltung zu machen, hatte ich vor über vier Jahren“, führt er weiter aus.

Und so feilt er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Ulrich Brändle an der Idee, eigenen Saft zu keltern.

Ulrich Brändle (50) reicht den Kunden einen Schluck Rohsaft aus den Äpfeln und erklärt die Produktionsschritte.

Ulrich Brändle (50) reicht den Kunden einen Schluck Rohsaft aus den Äpfeln und erklärt die Produktionsschritte. Foto: Hahn

Vom Wunsch nach Veränderung zur modernen Mosterei

Die beiden belesen sich, holen Erkundigungen bei Pomologen und anderen Keltereien ein und schreiben einen Businessplan. Im Oktober 2024 ist es dann so weit: Mit großen Schritten geht es voran und der Maschinenpark wird installiert.

Für den allein haben sie 80.000 Euro bezahlt. Loslegen möchten sie im Herbst 2025 mit der reinen Lohnmosterei. „In Zukunft werden wir aber auch eigenen Saft herstellen. Nebenan haben wir auf dreieinhalb Hektar 349 Obstbäume angepflanzt“, verrät Brändle stolz.

„Doch diese frisch angepflanzten Bäume lassen wir in ihren ersten vier Jahren nicht tragen, damit sie richtig anwachsen“, führt er weiter aus.

Die beiden kennen sich gut aus und wissen, dass häufig die alten Obstsorten eine enorme Aromenvielfalt aufweisen, die jeden Supermarktapfel alt aussehen lässt.

Ein Nachteil dieser Sorten ist manchmal die schlechte Lagerfähigkeit oder eine derbe und bittere Schale. Auf dem Hof stehen alte Sorten wie der Boskop oder die Goldrenette von Blenheim.

Alte und regionale Obstsorten nutzen

Vor der Produktionshalle sind inzwischen Friedhelm und Renate Brandt aus Sittensen mit 105 Kilogramm Äpfeln der Sittenser Sorte Knebusch eingetroffen.

Ulrich Brändle nimmt die Wäschekörbe mit den Früchten entgegen und leert sie auf das Sortierblech der Anlage aus. „Es ist schön, dass hier alte Sorten Verwendung finden. Wir lassen das Obst nicht einfach vergammeln.

Wir geben die Wertschätzung für dieses Naturprodukt an die Kunden weiter.“ Die Äpfel werden gewaschen, bevor sie geräuschvoll in die Mühle plumpsen. Brändle trägt neben der Anlage nicht ohne Grund Gehörschutz.

Ingo Meinke füllt den noch heißen, frisch pasteurisierten Saft in Glasflaschen ab.

Ingo Meinke füllt den noch heißen, frisch pasteurisierten Saft in Glasflaschen ab. Foto: Hahn

Die Maische läuft über die anschließende Bandpresse. Das ist die Gelegenheit, ein Tässchen frischen Rohsaft zu kosten. Ulrich Brändle reicht Renate Brandt einen Schluck aus dem Saft ihrer Äpfel.

Das Gesicht der Seniorin zeigt Begeisterung: „Lecker“, kommentiert sie lächelnd. Der Saft fließt in eine Auffangwanne und wird über einen Filter in einen der vier bereitstehenden Kessel gefördert, bevor er pasteurisiert wird.

Saftproduktion als Erlebnis für Besucher

Unterdessen bucht bei Janina Meinke eine weitere Kundin einen Termin. „Wir hatten auch schon Schulklassen hier zu Besuch. Das ist zwar wuselig, aber es macht auch Spaß“, so die 41-Jährige.

An der Abfüllstation befüllt Ingo Meinke sechs Literflaschen zugleich. Auch er trägt Handschuhe, denn bei der Abfüllung ist der Saft 72 Grad heiß. „Wir haben uns für die Flaschenabfüllung entschieden, weil sie unserer Meinung nach den fertigen Saft am besten qualitätsstabil hält und die Flaschen wiederverwendbar sind“, sagt der 44-Jährige.

Nach etwa einer halben Stunde kann das Ehepaar 71 Liter noch warmen Apfelsaft mit nach Hause nehmen. „Das ist sehr interessant, mal zu sehen, wie die Schritte auf dieser modernen Anlage perfekt ineinandergreifen“, freut sich die Seniorin über das Extraerlebnis ohne Zusatzkosten.

Most, Wein, Saft oder Cider - das sind die Unterschiede

„Eigentlich ist der Fachbegriff dafür, was wir hier machen, keltern“, sagt Ulrich Brändle. Warum also Most im Unternehmensnamen?

Der aus Süddeutschland stammende 50-Jährige kennt sich aus: „Most ist ein Begriff, der regional sehr unterschiedlich verwendet wird. In einigen Gebieten ist er eine Bezeichnung für vergorenen Saft. Süßmost hingegen bezeichnet eindeutig das, was wir als Saft kennen.“

Ob natürliche Gärung oder durch gezielten Zusatz von Hefen - sobald Alkohol im Spiel ist, nennt man das Getränk je nach Region Most oder Wein. Cider hingegen ist das ebenfalls aus Äpfeln entstandene Produkt, das unter besonders aufwendiger Herstellung als Apfelschaumwein entsteht und natürliche Kohlensäure enthält. Das Besondere ist hier auch die Flaschengärung.

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