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TBildungsoffensive in Stade: Sprachpaten entfesseln Schülerpotenzial

Marita Michaelis begleitet ein syrisches Mädchen mit wenig Deutschkenntnissen an der Grundschule am Burggraben.

Marita Michaelis begleitet ein syrisches Mädchen mit wenig Deutschkenntnissen an der Grundschule am Burggraben. Foto: privat

Sprache gilt als Schlüssel zur Integration. Doch viele Grundschüler sprechen kaum Deutsch. Hier setzt das Projekt Sprachkompass Stade an. Wie funktioniert das?

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Von Lena Stehr
Donnerstag, 06.03.2025, 13:00 Uhr

Stade. Ein kleines Mädchen steht allein auf dem Schulhof, spielt nicht mit den anderen Kindern. Die Siebenjährige besucht die Grundschule am Burggraben in Stade. Sie stammt aus Syrien, spricht wenig Deutsch. Sie findet nicht nur schwer Anschluss, auch dem Unterricht kann sie nur schlecht folgen.

Von bundesweit etwa 8 Millionen Familien haben 2,8 Millionen einen Migrationshintergrund. 5,1 Millionen Kinder leben in Familien mit Migrationshintergrund, das entspricht einem Anteil von 39 Prozent aller Kinder bundesweit. Vielen geht es wie dem syrischen Mädchen aus Stade. Sie wachsen in sozioökonomisch benachteiligten Familien auf, die häufig kein oder nur schlecht Deutsch sprechen. Um in der Schule und im Leben nicht abgehängt zu werden, brauchen viele besondere Unterstützung.

Sprachförderpaten sind an zehn Stader Grundschulen im Einsatz

Hier kommt der Sprachkompass Stade ins Spiel. Die ehrenamtliche Initiative unter dem Dach des Diakonieverbandes Stade wird begleitet von der Fachstelle Machmitzentrum für ehrenamtliche Integrationsarbeit im Landkreis Stade.

Seit Anfang August 2024 sind hier 21 Sprach- und Leseförderpaten in zehn verschiedenen Stader Grundschulen aktiv. Eine von ihnen ist die Rentnerin Marita Michaelis. Sie trifft sich seit Oktober 2024 jede Woche mit der jungen Syrerin in der Grundschule am Burggraben. „Wir singen, spielen und reden miteinander. Sie freut sich immer sehr, wenn ich vorbeikomme“, sagt die Ehrenamtliche, die früher in einem Sprachheilkindergarten gearbeitet hat.

Die Sprach- und Leseförderpatinnen Marita Michaelis (von links), Petra Hermes und Cathleen Waldhof entlasten mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit Lehrkräfte an Grundschulen.

Die Sprach- und Leseförderpatinnen Marita Michaelis (von links), Petra Hermes und Cathleen Waldhof entlasten mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit Lehrkräfte an Grundschulen. Foto: Stehr

Auch an der Grundschule Bockhorster Weg gibt es Sprach- und Leseförderpaten. Petra Hermes ist eine von insgesamt fünf. Sie begleitet hier aktuell vier Kinder, hilft ihnen bei den Hausaufgaben und übt mit ihnen lesen.

Von insgesamt 350 Schülerinnen und Schülern haben ungefähr ein Drittel nicht Deutsch als Muttersprache, sagt Schulleiterin Anika Guttau. Auf die teilweise sehr unterschiedlichen Lernniveaus in den Klassen zu reagieren, gehöre längst zum Grundschullehreralltag.

„Wir sind dankbar für jede Hilfe, um sprachliche Barrieren abzumildern“, ergänzt Grundschullehrerin Katja Öhler. Die Arbeit der Sprachpatinnen wirke sich positiv auf den Unterricht aus. „Die Kinder kommen besser mit und freuen sich über die Wertschätzung, die sie erfahren, weil ja extra jemand nur für sie herkommt“, sagt Öhler.

Projektkoordinatorin Astrid Hahn (von links) mit Lehrerin Katja Öhler, den Sprachförderpatinnen Cathleen Waldhof, Marita Michaelis und Petra Hermes sowie Anika Guttau, Leiterin der Grundschule Bockhorster Weg.

Projektkoordinatorin Astrid Hahn (von links) mit Lehrerin Katja Öhler, den Sprachförderpatinnen Cathleen Waldhof, Marita Michaelis und Petra Hermes sowie Anika Guttau, Leiterin der Grundschule Bockhorster Weg. Foto: Stehr

Die Ehrenamtlichen profitieren ebenfalls von ihrem Engagement. Cathleen Waldhof ist einmal in der Woche für zwei Schulstunden an der Grundschule Riensförde, sitzt mit im Unterricht und unterstützt bei Schwierigkeiten oder Fragen, die die Kinder haben. Außerdem geht sie mit einzelnen Kindern zum Lesen raus. „Die Zeit mit den Kindern ist ein toller Ausgleich auch zu meiner Arbeit“, sagt die Technische Zeichnerin, deren Firma ihr Ehrenamt während der Arbeitszeit fördert.

Der Bedarf ist riesengroß - Weitere Paten werden gesucht

Alle Sprach- und Lesepaten können selbst entscheiden, wie viel Zeit sie investieren wollen, sagt Astrid Hahn, die ehrenamtliche Koordinatorin des Projekts. Schon eine Stunde pro Woche könne für ein Kind eine wertvolle Unterstützung und Bereicherung sein. Der Bedarf, den die Grundschulen bei ihr anmelden, sei riesengroß. Deshalb werden auch weitere Paten gesucht. Für die Ehrenamtlichen finden regelmäßig Netzwerktreffen und Fortbildungen statt, Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.

Dass die Arbeit Früchte trägt, zeigt das Beispiel des syrischen Mädchens von der Grundschule am Burggraben. Deren Sprachpatin hat neulich beobachtet, wie die Siebenjährige mit einer Gruppe anderer Kinder Fangen gespielt hat.

Interesse können sich unter:

karin.lange-rebehn@evlka.de oder hahn.astrid@web.de melden.

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