Zähl Pixel
Museumsdorf

TBrauerei-Pläne: Ab 2025 gibt’s Bier aus Bliedersdorf

Jens Wilke, Jens Ott, Tom Neumann und Rainer Kröger (von links) vom Bäuerlichen Hauswesen in Bliedersdorf begutachten die Dachpfannen für die künftige Brauerei.

Jens Wilke, Jens Ott, Tom Neumann und Rainer Kröger (von links) vom Bäuerlichen Hauswesen in Bliedersdorf begutachten die Dachpfannen für die künftige Brauerei. Foto: Vasel

Das Museumsdorf in Bliedersdorf wächst weiter - und hat Großes vor. Die Brauerknechte stehen bereits in den Startlöchern. Was das alles mit einer 200 Jahre alten Scheune zu tun hat.

author
Von Björn Vasel
Freitag, 19.04.2024, 13:50 Uhr

Bliedersdorf. Auf dem Kopfsteinpflasterweg vor dem Niederdeutschen Hallenhaus begutachtet der Vorsitzende des Vereins Bäuerliches Hauswesen, Rainer Kröger, mit seinem Stellvertreter Jens Wilke sowie Jens Ott (Schriftwart) und Tom Neumann (Kassenwart) die Dachpfannen einer rund 200 Jahre alten Durchfahrtscheune aus dem Bremischen. Diese verfügten über gegenüberliegende Tore, so dass die Erntewagen hindurchfahren konnten.

Erste Scheunen dieses Bautyps wurden in der Marsch und auf der Geest mit dem Beginn der Kleinen Eiszeit ab dem 15./16. Jahrhundert errichtet. Zuvor waren die zu allen Seiten offenen Rutenberge (Erntestapelbauten) vorherrschend. Der Bau einer Durchfahrtscheune liegt in Einzelteile zerlegt auf dem Gelände in Bliedersdorf.

„Rund 70 Prozent der Fachwerkgefache werden ausgemauert“, sagt Rainer Kröger. Knapp 30 Prozent der Gefache werden wie anno dazumal mit Lehm und Holzgeflecht - aus Holzlatten (Staken) und eingeflochtenen Weidenästen - verschlossen. Authentizität ist dem Bäuerlichen Hauswesen wichtig, betont der Architekt und Denkmal-Experte Wilke.

Bier brauen wie anno dazumal in der Scheune

Im September wollen die Bliedersdorfer den Fördermittelantrag beim Land Niedersachsen im Zuge der Dorfentwicklung stellen. Wenn das Amt für regionale Landesentwicklung im April 2025 die Mittel freigibt, will der Verein sofort mit dem Bau beginnen. In der alten Scheune wollen die Mitglieder eine Brauerei einrichten. „Es wird keine kommerzielle“, betont Jens Ott. Gebraut wird für den Eigengebrauch. Letztlich soll alte Handwerkskunst - ähnlich wie in der Sägerei und der Schmiede - lebendig gehalten werden. Die Kapazität wird bei rund 400 Litern liegen. Die Bliedersdorfer Brauerknechte um Jens Ott, Frederik Aarnoutse und Jürgen Kluit haben bereits einen VHS-Kurs belegt; des Weiteren sitzt der Altländer Bier-Experte Paul Menzel mit im Boot. Im Gespräch ist, in dem Gebäude auch eine Stellmacherei einzurichten.

297 Mitglieder zählt der im Jahr 2000 gegründete Verein Bäuerliches Hauswesen mittlerweile. Bis zu 7000 Menschen besuchen das Museumsdorf pro Jahr. Der Vorstand will Jüngere zum Mitmachen bewegen. Der IT-Experte Tom Neumann konnte als Kassenwart gewonnen werden, er hat den Internetauftritt überarbeitet.

Blick in das alte Eingatter-Sägewerk von 1926 aus Himmelpforten.

Blick in das alte Eingatter-Sägewerk von 1926 aus Himmelpforten. Foto: Vasel

„Für mich stand fest: Wenn ich nach Bliedersdorf ziehe, bringe ich mich beim Bäuerlichen Hauswesen ein“, sagt Neumann. Er sei familiär vorbelastet. „Mein Großvater war der letzte Böttchermeister in Hamburg.“ Die Operation Generationenwechsel im Verein läuft. Eine Idee: Junge Familien/Neubürger unter anderem über ein Urban-Gardening-Projekt für das Ehrenamt zu begeistern und so langfristig bäuerliches Bau- und Kulturerbe zu erhalten. Der Unterschied zwischen urbanem Gartenbau und klassischen Bauerngärten sei nicht groß. „Junge Leute sind willkommen“, betont Wilke, der mit Kröger zu den Gründern zählt.

Feuerstelle im Haupthaus des Museumsdorfs.

Feuerstelle im Haupthaus des Museumsdorfs. Foto: Vasel

Südlich und östlich des Museumsdorfes soll bekanntlich das Baugebiet Zwischen Dohren- und Feldstraße entstehen. Laut Bürgermeister Tobias Terne (CDU) sollen 21 Grundstücke ausgewiesen werden. Im hinteren Teil sollen ausschließlich Einfamilienhäuser zulässig sein, im vorderen Teil auch der Bau von mehrgeschossigen Gebäuden. Drei Häuser mit jeweils vier Wohneinheiten seien angedacht. Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan wurde 2023 gefasst, das Verfahren läuft.

Alten Feuerlöschteich vom Schlamm befreit

In den vergangenen Wochen hat sich einiges getan. Zwei schmucke Holzbrücken führen von der Dohrenstraße zum Museumsdorf. Der alte Feuerlöschteich ist ausgebaggert worden, der Modder aus dem drei Meter tiefen Teich füllte 34 Lkw. Geprüft werden soll, ob ein Warnschild aufgestellt wird. Durch die Renaturierung können sich Flora und Fauna wieder entwickeln. Das Gewässer war vor allem durch starken Laub-Eintrag verschlammt. Die Gemeinde Bliedersdorf unterstützte die Aktion mit 4200 Euro.

Blick auf den renaturierten Feuerlöschteich in der Dohrenstraße, im Hintergrund das Museumsdorf.

Blick auf den renaturierten Feuerlöschteich in der Dohrenstraße, im Hintergrund das Museumsdorf. Foto: Vasel

Mit dem Wiederaufbau der Durchfahrtscheune in einer Sichtachse zum Eingattersägewerk von 1926 aus Himmelpforten erhält das Ensemble ein weiteres Kleinod. Auf dem Gemeindegrundstück des Hochzeitswaldes wurde 2002 zuerst das um 1860 in Dollern errichtete Backhaus wiederaufgebaut. Danach folgten 2004 der Schafstall (1780) aus Helmste, 2009 die Durchfahrtscheune (1760) aus Freetz und 2008 die funktionsfähige Schmiede (1890) aus Rahmstorf. 2014 wurde das Prunkstück des Ensembles, das 383 Jahre alte Zweiständerhallenhaus aus Hagen im Bremischen, errichtet. 2021 folgte das als Teehaus genutzte alte Waschhaus von 1890 aus Mittelnkirchen-Hohenfelde.

Blick auf das Niederdeutsche Hallenhaus auf dem Gelände des Bäuerlichen Hauswesens.

Blick auf das Niederdeutsche Hallenhaus auf dem Gelände des Bäuerlichen Hauswesens. Foto: Vasel

Im Zuge der Dorferneuerung der Dorfregion NoBlie wurde vor drei Jahren unter anderem auch die Pflasterung des Wegs mit Findlingssteinen gefördert. Des Weiteren schenkt sich der Verein zum Jubiläum ein Buch, Autorin ist TAGEBLATT-Mitarbeiterin Silvia Dammer. Wilke: „Es wird eine Fibel und keine staubtrockene Chronik.“

In diesem Jahr lockt ein buntes Programm: Am Sonntag, 21. April, stellt der Verein den Pflanzen- und Handwerkermarkt von 10 bis 17 Uhr mit 50 Ausstellern auf die Beine. Das alte Sägewerk wird erstmals öffentlich in Gang gesetzt. Weitere Termine: Jazzfrühschoppen mit den Hedgehog Stompers (9. Mai; 12 Uhr); Klassikkonzert mit dem Hamburger Symphoniker Orchester (15. Juni; 18 Uhr); Weinfest (10. August, von 14 bis 18 Uhr); Kunst & Altes Handwerk und Natur mit Besuch der Lettgallen (31. August/1. September, von 11 bis 17 Uhr).

Blick in den Bauerrngarten in Bliedersdorf.

Blick in den Bauerrngarten in Bliedersdorf. Foto: Vasel

Weitere Artikel