Zähl Pixel
Ermittlungen

TBrücken-Crash auf der Hunte: Das droht jetzt dem Schiffsführer

Das unter niederländischer Flagge fahrende Frachtschiff „Rapida", das hier noch „Panta Rhei" heißt, hat die Kollision mit der Huntebrücke verursacht.

Das unter niederländischer Flagge fahrende Frachtschiff „Rapida", das hier noch „Panta Rhei" heißt, hat die Kollision mit der Huntebrücke verursacht. Foto: Heinz-Dieter Berthold

Der Unfall, bei dem ein Binnenschiff mit der Eisenbahnbrücke bei Elsfleth kollidiert ist, hat schwerwiegende Folgen. Der Schaden dürfte in die Abermillionen gehen. Die Polizei kann eine mögliche Ursache ausschließen.

Von Detlef Glückselig Donnerstag, 07.03.2024, 09:15 Uhr

Elsfleth.

In der Nacht auf Sonntag, 25. Februar, ist das Binnenschiff „Rapida“ bei einer Leerfahrt auf der Hunte von Oldenburg in Richtung Weser gegen die Eisenbahnbrücke bei Elsfleth gekracht. Die Brücke ist dabei so stark beschädigt worden, dass Züge sie nicht mehr befahren können. Der Schiffsführer, der den Unfall mutmaßlich verursacht hat, wird sich nun womöglich vor mehreren Stellen verantworten müssen.

Welche Folgen hat der Schiffsunfall?

Der Brücken-Crash hat weitreichende Folgen. Die Häfen Brake und Nordenham sind vom Zugverkehr abgeschnitten. Loks und Waggons sitzen in der Wesermarsch fest und sind teilweise über Brake bereits ausgeschifft worden, um andernorts wieder auf die Schiene gestellt werden zu können. Ab Nordenham fahren keine Züge der Nordwestbahn mehr; Fahrgäste müssen den Bus nach Berne nehmen und können erst dort in den Zug umsteigen. Die Bahn will nun eine Behelfsbrücke errichten, ehe eine neue Brücke gebaut wird.

Gleise sind verbogen, die Unterkonstruktion hat sich durch die Wucht, mit der das Binnenschiff aufgeprallt ist, verschoben.

Gleise sind verbogen, die Unterkonstruktion hat sich durch die Wucht, mit der das Binnenschiff aufgeprallt ist, verschoben. Foto: Wasserschutzpolizei

Wasserschutzpolizei schließt technisches Versagen aus

Der durch den Schiffsunfall angerichtete Schaden dürfte etliche Millionen Euro betragen. Und die ermittelnden Behörden gehen davon aus, dass menschliches Versagen die Ursache für die Kollision war. „Ein technisches Versagen schließen wir aus“, sagt Georg Tramontin, Pressesprecher der zuständigen Wasserschutzpolizeiinspektion Oldenburg.

Wie ist der Stand der Ermittlungen?

Die Ermittlungen dauern an; unter anderem müssen noch Besatzungsmitglieder der „Rapida“ als Zeugen befragt werden. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen geht die Wasserschutzpolizei davon aus, dass der Führer des unter niederländischer Flagge fahrenden, 110 Meter langen Binnenschiffs die an der Brücke angebrachten Pegelstandanzeiger nicht beachtet oder übersehen hat. Die Bundespolizei hat laut Georg Tramontin gegen den Schiffsführer eine Strafanzeige gestellt, weil der Anfangsverdacht eines gefährlichen Eingriffs in den Bahn- und Schiffsverkehr besteht.

Was ist mit dem Binnenschiff geschehen?

Die „Rapida“ lag nach dem Crash zunächst mit einem Weiterfahrverbot in Elsfleth an der Kaje. Dort hat eine Untersuchungskommission das Schiff unter die Lupe genommen. Laut Wasserschutzpolizei Brake wurden Mängel beseitigt, die durch die Kollision entstanden waren. Inzwischen fährt die 2001 gebaute „Rapida“ wieder. Sie befindet sich auf dem Weg nach Rotterdam.

Wie geht es weiter, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind?

Wie die Sache für den Schiffsführer ausgehen wird, bleibt vorerst ein theoretisches Gedankenspiel. Zunächst müssen die polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen abgewartet werden. Als zuständige Behörde wird dann die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) anhand der Ermittlungsergebnisse prüfen, ob sich aus dem Unfallgeschehen Konsequenzen für den Schiffsführer bezüglich seines Befähigungszeugnisses, also seines Patents, ergeben.

Generaldirektion kann Patent aussetzen

Die GDWS kann ein Patent nach Auskunft von Pressesprecherin Claudia Thoma aus bestimmten Gründen aussetzen, das heißt für einen gewissen Zeitraum untersagen. Das könne dann passieren, wenn es aus Gründen der Sicherheit des Schiffsverkehrs notwendig ist - beispielsweise bei erheblichen Verstößen gegen die schifffahrtsrechtlichen Verkehrsregelungen, so die Sprecherin.

Da es sich bei der „Rapida“ um ein Binnenschiff handelt, ist das in Bonn ansässige Fachdezernat Befähigungswesen für die Binnenschifffahrt in der GDWS zuständig. Bei einem Seeschiff wäre es das ebenfalls bei der GDWS angesiedelten Seeamt in Kiel.

Gibt es auch noch ein strafrechtliches Verfahren?

Zu einem strafrechtlichen Verfahren gegen den Schiffsführer könnte es ebenfalls kommen. Nach Auskunft von Christina Brendel, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Oldenburg, wird ihre Behörde Anklage gegen den Mann erheben, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass es bei einem strafrechtlichen Prozess zu einer Verurteilung kommt. So weit ist es aber noch nicht, weil sich die Ermittlungen zurzeit noch in der polizeilichen Zuständigkeit befänden, so Christina Brendel.

Ein zivilrechtliches Verfahren, in dem dann auch haftungsrechtliche Fragen geklärt würden, könnte ebenfalls noch ausstehen.

Wie ist ein ähnlich gelagerter Fall auf der Ems ausgegangen?

Am 3. Dezember 2015 hatte das Seeschiff MS „Emsmoon“ bei Weener in Ostfriesland die 335 Meter lange, über die Ems führende Friesenbrücke gerammt und stark beschädigt. Die Verbindung für Fußgänger, Radfahrer und den Bahnverkehr ist seitdem unterbrochen. Erst in diesem Jahr soll eine neue Brücke fertiggestellt werden.

Nach Unfall auf der Ems Verfahren eingestellt

Das in diesem Fall zuständige Seeamt hat am 26. April 2017 in einer mündlichen Verhandlung den beteiligten Schiffsführer, den beteiligten Lotsen und Zeugen zu den Umständen, die zu der Kollision geführt haben, angehört. Einen Tag später wurde das Seeamtsverfahren gegen den Lotsen und den Kapitän eingestellt. Den beiden Männern seien keine Fehler anzulasten, die einen Mangel an Eignung zur Ausübung der verantwortlichen Tätigkeit an Bord von Seeschiffen erkennen lassen, hieß es zur Begründung.

Auch das Landgericht Aurich, das in der Sache ebenfalls verhandelt hat, kam zu dem Schluss, dass der Lotse und der Kapitän nicht zu belangen seien.

Weitere Artikel