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Interview

TComedian Christin Jugsch: Zwischen Windeln und Bühnenscheinwerfern

Ein Comedytalent aus dem Cuxland: Christin Jugsch.

Ein Comedytalent aus dem Cuxland: Christin Jugsch. Foto: Endgame Enterert.

Comedian und frisch gebackene Mutter Christin Jugsch ist 2026 auf Tour und freut sich, demnächst in vertrauten Städten des Nordens aufzutreten. Im Interview verrät sie, was sie aus dem Cuxland vermisst.

Von Maike Wessolowski Samstag, 20.09.2025, 14:50 Uhr

Christin, wir dürfen gratulieren, Sie sind gerade Mutter geworden. Das ist ein großes neues Kapitel.

Ja, es ist ein ganz neues Leben und ich bin total happy, diesen Schritt gegangen zu sein. Mein Partner und ich sind ein totales Team und wir sind mega happy mit dem Baby und freuen uns einfach auf alles, was noch kommt.

Auf der Bühne werden wir Sie trotzdem bald sehen?

Ja, 2026 freue ich mich, meine Tour „Plan A wird durchgezogen“ zu spielen. Natürlich freue ich mich auch total, im Norden, vor allem Bremen, Hamburg und Oldenburg, zu spielen. Ich habe auch schon in allen drei Städten mal gewohnt und in Bremen war ich früher natürlich oft feiern. Es ist total schön, einfach in der Heimat zu spielen. Da hat man einfach ein ganz anderes Gefühl, kennt die Leute und merkt direkt eine Verbundenheit.

Dass Sie aus unserer Ecke kommen, ist seit der Nummer „der echte Norden“ vielen klar. Darin nehmen Sie Schleswig-Holstein auf die Schippe. Das spricht niedersächsischen Küstenbewohnern aus dem Herzen.

Ja klar, das Thema hab‘ ich schon oft „durchgekaut“ und es polarisiert, wie man bei den Reaktionen und Kommentaren sieht. Ich glaube, jeder Bewohner Norddeutschlands fühlt sich ja wie ein echtes Küstenkind. Ich glaube wirklich, dass Menschen aus Kiel uns belächeln und sagen: Ihr seid nicht der richtige Norden. Rein geografisch ist Kiel natürlich mehr im Norden. Aber wir in Niedersachsen wissen natürlich, dass wir auch typisch norddeutsch sind.

Sie sind im Cuxland aufgewachsen und wohnen jetzt in Köln. Kommen daher die Ideen für Nummern mit Stadt vs. Land?

Ja, auf jeden Fall. Mittlerweile wohne ich fast 15 Jahre in der Stadt und habe vorher auch 20 Jahre auf dem Dorf gelebt, insofern kann ich es sehr gut vergleichen. Ich denke, der Vergleich hört auch nie auf und man findet immer etwas Lustiges, was in der Stadt oder auf dem Dorf anders ist.

Sei es, dass du auf dem Dorf einfach nicht so anonym bist wie in der Stadt. Das hat mich am Dorf immer am meisten gestört, dass jeder einen kennt. Aber jetzt weiß ich es auch zu schätzen, auf dem Dorf aufgewachsen zu sein. Immerhin hatten wir echt viel Natur und konnten uns total frei bewegen. Jeder kannte jeden und das war echt schön.

Wo lebt es sich besser?

Ich liebe es in der Stadt, immer mal mich mit Freunden im Café zu treffen, alles nah bei mir zu haben, dass ich nicht aufs Auto angewiesen bin, und die Offenheit der Stadt und die Kultur und Freizeitangebote. Das ist auf dem Dorf dann doch etwas weniger. Aber wenn was ist, dann kann man davon ausgehen, dass alle da sind, die man so kennt.

Sie wurden wegen der roten Haare früher Feuerlöscher genannt. Waren Sie in der Freiwilligen Feuerwehr in Ihrer Cuxland-Gemeinde?

Ich war tatsächlich kurz in der Freiwilligen Feuerwehr, aber es hat mir nicht so zugesagt. Aber ich bewundere alle, die dort aktiv sind.

Und haben Sie früher solche Bemerkungen auch schon schlagfertig gekontert?

Als Kind war ich nicht sonderlich schlagfertig, habe aber mit Humor versucht, mich von den Hänseleien zu befreien. Jetzt am Ende kann ich nur sagen, dass es mich stärker gemacht hat.

Sind Sie noch oft in der Region?

Ja, meine Familie wohnt weiterhin im Cuxland und ich bin regelmäßig da. Ich fahre auch gerne ans Meer mit meiner Familie. Wenn man das nicht so oft sieht, merkt man erst, wie schön es ist.

Vermissen Sie etwas, das typisch fürs Cuxland ist?

Das Wattenmeer natürlich.

Sie haben in einem Werbespot für Milram – Hauptsitz in Zeven – ein norddeutsches Landmädchen gespielt. Wie kam es dazu?

Ich hatte eine Anfrage erhalten und bin dann zum Casting gegangen. Teil des Castings war es, in ein Käsebrot zu beißen. Anscheinend kann ich das sehr gut. Ich fand den Dreh echt super und würde jederzeit wieder für Milram arbeiten.

Viele kennen Sie durch Social Media und die Reihe „In Norddeutschland we don‘t say“. Wie kam es dazu?

Ich hatte die Idee, weil es ja schon „In Germany we don‘t say“ gibt, habe es mir da einfach abgeguckt und abgewandelt. Offen gesagt hätte ich auch nie gedacht, dass es so gut funktioniert.

Haben Sie bewusst mit den Klischees spielen wollen oder tatsächlich festgestellt, dass die Menschen im Norden wortkarger und kühler sind?

Ich glaube, die Norddeutschen haben schon eine spezielle, aber auch herzliche Art, und die ist halt sehr einzigartig. Ich spiele natürlich mit Klischees, aber alles, was ich spiele, habe ich auch echt so erlebt.

Social Media verändert Karrierewege. Früher ist man erst getingelt und dann ins Fernsehen gekommen. Heute macht man lustige Videos und bekommt danach Angebote für eine Tour – wie war das bei Ihnen?

Ohne Social Media läuft echt nix. Deswegen muss man schon gucken, wie man sich eine Onlinepräsenz erarbeitet. Das sind dann halt zwei Jobs. Einmal die Bühne und dann noch die Clips.

Ich habe viele Sachen ausprobiert. Aber das Norddeutsche kommt am besten an und deshalb bin ich dabeigeblieben. Ich glaube, jeder Comedian kämpft damit, dass heutzutage Follower mehr wert sind als teilweise auch Qualität. Das ist Fluch und Segen. Ich freue mich aber, dass ich meine Nische gefunden habe.

Verdienen Sie mit Social Media Geld oder dient das nur dazu, bekannt zu werden?

Das eine bedient dann auch das andere. Wenn ich bei Social Media gesehen werde, dann kommen die Menschen ja auch in meine Show. Also verdiene ich damit am Ende schon auch Geld.

Was machen Sie lieber – Videos drehen, Stand-up oder ein Solo-Bühnenprogramm?

Ich liebe die Bühne, das Direkte mit dem Publikum, das kann Social Media nicht ersetzen. Deswegen liebe ich Stand-up und freue mich natürlich, mein Soloprogramm zu spielen. Videos drehe ich aber auch total gerne, da ich da noch einmal anders kreativ sein kann.

Gibt es neue Projekte, von denen Sie uns berichten können?

Am liebsten hätte ich natürlich meine eigene Videoreihe bei einem Sender, aber noch ist nichts in Aussicht. Ich meine, Ina Müller kommt ja auch aus dem Cuxland.

Sie schlüpfen in viele Rollen und beweisen dabei auch Mut zur Hässlichkeit – ich habe das Gefühl, das tun nicht viele Frauen. Gibt es Vorbilder?

Ich finde, Charlize Theron in Monster ist ein ziemlich gutes Vorbild. Ansonsten ist es mir auch wichtig, authentisch zu sein.

Gibt es einen Punkt, an dem man merkt: „Jetzt bin ich irgendwie berühmt“?

Ich glaube, wenn einen fremde Leute auf der Straße oder in der Bahn erkennen.

Ein Video ging auch ziemlich durch die Decke: Sie haben Söders Helgoland-Besuch auf die Schippe genommen, bei dem er im Video in ein Matjesbrötchen beißt. Wieso?

Ich fand‘s einfach nur richtig lustig, wie er sich mit dem Matjesbrötchen inszeniert. Ich dachte mir, dass den meisten Norddeutschen diese Art einfach zu doll ist. Zumindest habe ich es so empfunden. Dann kam einfach meine Motivation, ein Video dazu zu machen. Kam ja auch sehr gut an.

Zur Person: Christin Jugsch ist im Cuxland aufgewachsen, den genauen Ort möchte sie lieber privat halten.Nach ihrem Studium der Sozialen Arbeit in Vechta hat sie eine Schauspielausbildung in Hamburg gemacht und danach Comedy und Schauspiel parallel verfolgt.2016 startete sie in Bremen mit ihrer eigenen Show „Lachen ist Bremer Recht“. Die Show etablierte sich in Bremen sehr gut und war stets ausverkauft. 2017 tauschte sie Becks gegen Kölsch und zog nach Köln.Seit 2023 macht sie hauptsächlich Comedy und tourt seit 2024 mit ihrem Soloprogramm.

Ihre Tourtermine (Auswahl): Hamburger Comedy Slam Spezial, Dienstag, 21. Oktober 2025, Schmidtchen, 20 Uhr; Soloprogramm Plan A: Oldenburg : St. Peter-Forum, Donnerstag, 12. März 2026, 19:30, Bremen : KITO Vegesack, Freitag, 13. März 2026, 20 Uhr, Braunschweig : Das KULT, Donnerstag, 9. April 2026, 20 Uhr, Hannover : Pavillon Kulturzentrum, Freitag, 10. April 2026, 19 Uhr

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