T„Das Halbfinale ist Pflicht“: Das trauen Experten aus der Region der DFB-Elf zu

Florian Wirtz (rechts) und seine Teamkollegen wollen auch bei der Heim-EM jubeln. Foto: Christian Charisius/dpa
Kann das DFB-Team bei der EM die Herzen der Fans zurückgewinnen oder gibt es die nächste Blamage? Experten aus dem Kreis über Favoriten, Außenseiter und Mats Hummels.
Landkreis. „Frankreich ist Favorit“, findet Helmut Willuhn, Vorsitzender des NFV-Kreises Stade. Kein Team habe so viele starke Einzelspieler. Und nach dem frühen Aus bei der EM 2020 werde sich die Équipe Tricolore zusammenreißen. Die Franzosen nennen die meisten Fußball-Kenner aus der Region als Titelfavoriten.
Der Favoritenkreis umfasst in diesem Jahr aber mehr Mannschaften. Norman Pehmüller vom VfL Güldenstern Stade rechnet zusätzlich mit Italien und Spanien. Und VfL-Kollege Matthias Quadt: „Vielleicht können die Niederlande ein Wörtchen mitreden.“

Die französische Nationalmannschaft wird nach der letzten EM-Blamage besonders motiviert sein, glaubt Helmut Willuhn. Foto: Archiv
Kommen Italien oder England wieder ins Finale?
Nico Matern sieht hingegen Vize-Europameister England weit vorn. „Viele Spieler sind reifer als im Finale 2020“, so der Trainer des TuS Harsefeld. Eine wichtige Rolle werde Phil Foden spielen. Laura Hellwege und Vanessa Peter vom FC Oste/Oldendorf stimmen zu: „England ist derzeit in guter Form.“
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Titelverteidiger Italien hat fast niemand auf dem Zettel. Filippo Callerame, Meistertrainer vom Deinster SV, hat italienische Wurzeln und sein Herz schlägt für die Squadra Azzurra, aber: „Ich habe keine großen Hoffnungen, wir müssen erst einmal die Gruppenphase überstehen.“ Italien spielt in der sogenannten Todesgruppe gegen Kroatien, Spanien und Albanien.
Bernhard Augustin, langjähriger Stader DFB-Stützpunktkoordinator, nennt einen weiteren Kandidaten: „In der Diskussion vergisst man Kroatien schnell. Die haben überdurchschnittlich starke Spieler.“

Bernhard Augustin befürwortet den radikalen Schnitt in der Kaderplanung von Julian Nagelsmann. Foto: Privat
Wie schneidet Deutschland ab?
Für viele zählt Deutschland wegen des Heimvorteils ebenfalls zum Favoritenkreis. „Das Halbfinale ist Pflicht“, sagt Augustin. Nagelsmann sei bei der Kaderzusammenstellung mutig gewesen.
Augustin befürwortet es, um Führungsspieler wie Müller, Neuer und Kroos ein Team aus jungen Spielen zu bauen. „Das ist eine richtig gute Mischung. Da wird etwas zusammenwachsen“, sagt er.

Für Benjamin Zielke ist Deutschland mit Toni Kroos einer der Favoriten. Foto: Struwe
Die Rückkehr von Toni Kroos werde ein wichtiger Faktor sein, glaubt Benjamin Zielke von D/A. „Ich habe ihn im Champions-League-Halbfinale in München gesehen. Wie er den Takt vorgibt, ist beeindruckend.“
Filippo Callerame weiß: „Kroos hat mit Jamal Musiala und Florian Wirtz Spieler vor sich, die er perfekt bedienen kann, weil sie Bock auf den Ball haben.“ Robert Andrich als Abräumer sei ein passendes Puzzlestück.
Hat Nagelsmann bei der Kadernominierung wirklich alles richtig gemacht?
Dass verdiente Spieler wie Leon Goretzka und Mats Hummels nicht im EM-Kader stehen, sorgte für Schlagzeilen. „Das sind grundsätzlich Spieler, die es verdient hätten“, sagt Benjamin Zielke. Ob sie sich mit kleineren Rollen zufriedengeben würden, sei aber fraglich.
D/A-Sportdirektor Behrmann glaubt hingegen, dass Hummels sich unterordnen könne. „Aber vielleicht ist der Name zu mächtig.“ Was Behrmann meint: Nicht Hummels selbst, sondern Medien könnten Druck ausüben und für Störfeuer sorgen.
Silke Blank aus dem Vorstand der VSV Hedendorf/Neukloster hätte Manuel Neuer nicht als Nummer 1 mitgenommen. Die überraschende Nominierung von Maximilian Beyer hält sie für stark.
Norman Pehmüller ist begeistert, dass Maximilian Beier, Chris Führich und Deniz Undav dabei sind. „Ich finde gut, dass Nagelsmann die Neuen ranlässt.“

Laut Matthias Quadt haben die kleinen Fußballnationen aufgeholt. Foto: Struwe
Welche Außenseiter sind für eine Überraschung gut?
Bei der WM 2022 stieß Marokko bis ins Halbfinale vor, während der EM 2020 erreichte Dänemark das Halbfinale und die Schweiz schickte im Achtelfinale Frankreich nach Hause. Überraschungen häufen sich.
„Das Niveau ist in der Breite deutlich höher als noch vor 20 Jahren“, sagt Matthias Quadt. Er rechnet mit starken Auftritten der Österreicher. Auch die Ukraine sollte man im Auge behalten, finden Silke Blank, Laura Hellwege und Vanessa Peters.

Nico Matern könnte wieder Glücksbringer sein. Foto: Berlin
Ist das EM-Fieber bereits ausgebrochen?
Die letzten Vorbereitungsspiele haben bei Behrmann Lust auf mehr gemacht. „Man spürt eine andere Einstellung und Mentalität. Die Spieler zeigen, dass sie wollen“, findet der 34-Jährige.
Eine Euphorie will bislang aber nicht aufkommen. „Die Hoffnungen auf ein Erlebnis wie bei der Heim-WM 2006 spürt man, aber der frustrierende Stachel der letzten Jahre sitzt noch tief“, so Laura Hellwege.
Alle glauben: Spätestens, wenn der Ball rollt, geht der Puls hoch. Und vielleicht ist Nico Matern wieder Glücksbringer. „Ich habe das Eröffnungsspiel 2014 im Ausland verfolgt. Ich bin jetzt wieder im Urlaub, vielleicht bringt es erneut Glück.“ 2014 gewann Deutschland die Weltmeisterschaft.