TDas Herzstück von Wangersen: Neuer Wind im alten Heimathaus
Das Heimathaus Wangersen hat im Sommer ein neues Reetdach erhalten. Foto: Heimatverein Wangersen
Für die Dacherneuerung mistete der Heimatverein den Dachboden des Heimathauses ordentlich aus. Dabei kam nicht nur der Holzwurm zum Vorschein, sondern auch besondere Schätze.
Wangersen. Die goldbraune Farbe verrät es schon von Weitem: Das Heimathaus Wangersen hat in diesem Sommer ein neues Reetdach erhalten - nach mehr als 35 Jahren. Für viele Wangersener ist das Heimathaus kein gewöhnliches Gebäude, sondern ein Stück Ortsgeschichte. „Es ist das Zuhause unseres Heimatvereins und wir behüten es wie unser Kind“, sagt Natalie Klintworth, 1. Vorsitzende des Vereins.
Das Heimathaus Wangersen hat ein neues Reetdach. Die Stäbe, die auf dem Dach angebracht wurden, sind Blitzableiter. Foto: Pauline Meyer
Rund 95.000 Euro hat die Sanierung gekostet, 43.000 Euro davon wurden über die Richtlinie zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung gefördert. „Es hat ewig gedauert, bis die Förderungen genehmigt, die Gelder bewilligt und eine Firma gefunden war“, erinnert sich Klintworth. Schließlich übernahm eine Reetdachfirma aus Kranenburg die Arbeiten. Im Juli war das neue Dach fertig: stabil, wetterfest und, wie Klintworth sagt, „für die Zukunft gewappnet“.
Ein Haus mit Geschichte - und einer Brandhistorie
Ursprünglich stand das Fachwerkhaus als Liestmann‘sches Haus in der Turmstraße und stammt aus dem Jahr 1817. Im Zuge der Dorferneuerung wurde es 1990 ab- und in der Alten Schulstraße 5 wieder aufgebaut. Heute steht das Haus unter Denkmalschutz und gehört der Gemeinde Ahlerstedt. Gepflegt wird es vom Heimatverein.
Bei der Installation des neuen Reetdachs wurde ganz besonders auf die Sicherheit geachtet. Einen hohen Stellenwert hatten die Blitzableiter, die das Gebäude auch zukünftig schützen sollen. Denn das Heimathaus hat schon Schlimmes erlebt: Im Juli 2002 schlug ein Blitz in das Strohdach ein. Innerhalb weniger Minuten stand das Dach in Flammen. Rund 100 Feuerwehrkräfte aus sechs Wehren konnten das Gebäude retten, doch der Schaden war erheblich. „Seitdem wissen wir im Ort, wie wichtig ein guter Blitzableiter ist“, sagt Klintworth.
Fundstücke, Staub und ein ungebetener Gast
Als der Verein im Frühjahr den Dachboden ausräumte, um Platz für die Sanierung zu schaffen, kam einiges ans Licht, das wohl lange vergessen war. Zwischen alten Zeitungen und Möbelstücken fanden die Vereinsmitglieder eine Stellenanzeige von Airbus aus dem Jahr 1974, ein zerfleddertes Brockhaus-Lexikon in altdeutscher Schrift und sogar eine alte Miele-Waschmaschine aus den 1950er Jahren. „Die haben wir gereinigt und behalten, als Andenken“, erzählt Klintworth.

Diese alte Miele-Waschmaschine aus den 50er Jahren entdeckte der Heimatverein auf dem Dachboden des Heimathauses. Foto: Pauline Meyer
Doch nicht alles ließ sich retten: Der Holzwurm hatte sich durch viele Erinnerungsstücke gefressen. „Der war so fleißig, dass wir ihn fast als Ehrenmitglied aufgenommen hätten“, scherzt Klintworth.
Viele alte Möbel und Deko mussten demnach entsorgt werden, um die tragenden Balken zu schützen. „Das Holzmehl rieselte nur so“, erinnert sich die 2. Vorsitzende Ariane Hinck. Die Arbeiten am Dach nutzte der Verein als Anlass, ordentlich auszusortieren. Ein durch die Gemeinde gestellter Müllcontainer wurde mit beschädigten Holzmöbeln und eingestaubten Dekoartikeln gefüllt. Es soll ein Neuanfang sein.

Natalie Klintworth (links) und Ariane Hinck, die Vorsitzenden des Heimatvereins. Foto: Pauline Meyer
Die beiden Vorsitzenden, die den Vorstand vor rund zwei Jahren übernommen haben, bringen frischen Wind ins alte Fachwerk. Und sie haben noch einiges vor. Dank der Windkraftstiftung Ahlerstedt konnten bereits neue Tischfolien verlegt und die verblichenen Gardinen ausgetauscht werden.
Als Nächstes sollen neue Stühle her. Passend zum Stil des Hauses, aber praktischer als die alten. Die zu finden, sei allerdings gar nicht so einfach, so die Vorsitzenden. Auch in der Küche stehen Modernisierungen an: Eine neue Kaffeemaschine wäre wünschenswert.
Ein Weihnachtsmarkt im Herzen des Ortes
Das Heimathaus wird von zahlreichen Gruppen genutzt: vom DRK über die Feuerwehr bis zur Akkordeongruppe. Auch für Feiern und Veranstaltungen ist es ein Treffpunkt. „Für uns Wangersener ist das Heimathaus das Herzstück des Ortes“, sagt Klintworth.

Das Heimathaus Wangersen hat ein neues Reetdach. Foto: Pauline Meyer
Der Heimatverein will das Dorfleben in Wangersen weiter fördern: Nach Jahren ohne Weihnachtsmarkt soll am 6. Dezember erstmals wieder einer stattfinden. Die Neuauflage unter dem Titel „Kleiner Wangerser Winterzauber“ findet direkt am Heimathaus statt.
„Wir wollen den Menschen die Möglichkeit geben, sich im Ort zu treffen und auszutauschen“, sagt Klintworth. Und bei der Gelegenheit, ergänzt sie, könne man sich auch gleich das neue Dach anschauen.
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