TDas ist der Gipfel: Müllberge türmen sich auf im Altländer Viertel

Sperrmüll, Essensreste, Plastikmüll und ein Tannenbaum: Am Straßenrand in der Grünendeicher Straße im Altländer Viertel in Stade entstanden zum Jahreswechsel wieder Müllberge. Foto: Vasel
Falsch entsorgter Müll ist ein Dauerärgernis im Altländer Viertel und eine Belastung für die Stadtkasse. Was Stade von einer Stadt in Rheinland-Pfalz lernen könnte.
Stade. Die Bewohner des Altländer Viertels in Stade genießen ein Privileg: Einmal in der Woche wird nicht nur der Hausmüll abgeholt - die vom Landkreis beauftragte Firma Meyer sammelt auch jeden Donnerstag Sperrmüll ein. Trotzdem kommt es schon seit Jahren immer wieder vor, dass tagelang meterweise Müll an den Straßen liegt, der dann auf Kosten der Stadt entsorgt werden muss.
Jährlich kommen so laut Stephan Voigt, Sprecher der Hansestadt Stade, Kosten in Höhe von rund 30.000 Euro zusammen. Zuletzt türmten sich zwischen Ende Dezember und Anfang Januar an der Grünendeicher Straße Berge von Sperr-, Rest-, Plastik- und Papiermüll, dazu gesellte sich ein Tannenbaum.

Leider keine Seltenheit: Illegal entsorgter Müll in der Grünendeicher Straße im Altländer Viertel in Stade. Foto: Vasel
„Wenn der Sperrmüll nicht sortiert ist und die Verunreinigungen stärker als üblich sind, wird der Müll von der Entsorgungsfirma nicht mitgenommen“, teilt Landkreissprecher Daniel Beneke auf Nachfrage mit. Über die Feiertage seien die Touren durch Karl Meyer ansonsten regelmäßig gefahren worden. Entfernt wurde der Wildmüll schließlich am 8. Januar von den städtischen Kommunalen Betrieben Stade (KBS).
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Als Wildmüll werden alle Abfälle (dazu zählen auch Gartenabfälle) bezeichnet, die illegal auf öffentlichen Flächen oder in der freien Landschaft abgelegt werden. Innerörtlich - wie im Altländer Viertel - sind die jeweiligen Kommunen für die Entsorgung zuständig, außerorts der Landkreis Stade.
In jedem Fall begehen die Müllsünder eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro geahndet werden kann - sofern sie denn ermittelt werden können. Das sei nur selten der Fall, so Beneke. Wer gefährliche Abfälle illegal entsorge, begehe sogar eine Straftat.
Vielschichtige Probleme, für die es kein Patentrezept gibt
Christoph Grüneberg, Quartiersmanager im Altländer Viertel, spricht von einem vielschichtigen Problem, für das bisher leider niemand eine Lösung gefunden habe. Ein Patentrezept gebe es nicht. Auch gebe es keine fundierten Daten, anhand derer sich beweisen lasse, wie viel Müll tatsächlich von den knapp 3000 Bewohnern des Viertels selbst verursacht werde.
Grüneberg schätzt, dass inzwischen rund die Hälfte des Mülls von sogenannten Mülltouristen - häufig wohl nachts - ins Altländer Viertel gebracht werde. Es sei ja kein Geheimnis, dass hier bereits seit Jahren wöchentlich Sperrmüll abgeholt werde.
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Er wolle das Problem nicht kleinreden, halte aber auch nichts davon, mit dem Finger auf bestimmte Gruppen zu zeigen. Klar sei aber, dass es in vielen Ländern, aus denen Teile der Bewohner des Altländer Viertels stammen, keinerlei Bewusstsein für Müllvermeidung und korrekte Entsorgung gebe.
„Wir informieren deshalb immer wieder und sensibilisieren für das Thema“, sagt Grüneberg. Es gebe gemeinsame Projekte mit Schule und Kita, den Frühjahrsputz oder das Sommerfest, bei dem das Thema zur Sprache komme.
Auch im Rahmen des mobilen Kaffeemobils, das regelmäßig im Viertel unterwegs ist, werde immer wieder darauf hingewiesen. „Wir sprechen aktiv unterschiedliche Bewohner an und erklären, wie der Müll getrennt werden muss und wo er nicht hingehört“, so der Quartiersmanager.
Warum lässt die Stadt keine Überwachungskameras installieren?
Dass sich trotzdem nichts ändert, mache ratlos und sei frustrierend. Das gelte auch für einen Großteil der Bewohner. Es werde weiter mit Möglichkeiten experimentiert. So wurden in dieser Woche von den KBS acht Hochbeete am Rand des Parkplatzes am Haus der Begegnung aufgestellt.
Die Fläche sei der Hotspot für Sperrmüll gewesen, obwohl es sich um keinen offiziellen Abholort handele. Die Beete sollen im Frühjahr gemeinsam mit Bewohnern schön gestaltet werden. Außerdem will die Stadt Hinweisschilder an den Sperrmüllplätzen aufstellen lassen.
Eine bessere Möglichkeit, das Müllproblem in den Griff zu bekommen, könnte eine Videoüberwachung sein. Zumindest werde immer wieder gefragt, warum die Stadt keine Kameras installiere, um Müllsündern auf die Spur zu kommen und diese zur Kasse zur bitten. Das sei nicht zulässig, heißt es dazu aus dem Rathaus.
Ein Beispiel aus Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) beweist allerdings, dass es offenbar doch Wege gibt, Datenschutz und das öffentliche Interesse an Ordnung und Sauberkeit in Einklang zu bringen. Dort startete auf Initiative der Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck Mitte August 2024 ein sechsmonatiges Pilotprojekt zur mobilen Videoüberwachung gegen illegale Müllablagerungen.

Stehen seit kurzem dort, wo sonst gern Sperrmüll abgelagert wird: Die acht Hochbeete im Altländer Viertel sollen im Frühjahr neu bepflanzt werden. Foto: Stehr