TDer Herr der Rotorblätter baut Deutschlands Windkraft-Drehkreuz aus

Ohne seine Firma könnten in Deutschland kaum neue Windparks gebaut werden: Arne Ehlers, Geschäftsführer der Firma Blue Water BREB. Foto: Hansen
Cuxhavens Hafen brummt. Er ist der Umschlagplatz für Windräder in der Republik. Vor allem ein Mann stemmt dort die Energiewende.
Cuxhaven. Arne Ehlers ist in seinem Element. Mit dem Auto kurvt der Geschäftsführer der Blue Water BREB GmbH übers Gelände des Offshore-Hafens in Cuxhaven. Vorbei an den riesigen Turbinen von Siemens und den langen Rotorblättern von Vestas, hin zum Kai, wo gerade der Bulk Carrier LV Star angelegt hat. „Viel Schiff, wenig Geld“, sagt Ehlers und grinst. Und viel Fläche. So eignet sich auch ein Getreidefrachter perfekt, um an Deck Rotorblätter über die Weltmeere zu schippern.
Die Windkraft-Industrie ist jung, da wird eben improvisiert. Arne Ehlers erzählt von selbst konstruierten Lastenträgern, neuen Kränen, neuer Infrastruktur. Vor allem aber von neuen Chancen. Seine Heimatstadt Cuxhaven, die jahrzehntelang daniederlag, ist heute der Offshore-Hafen in Deutschland. Und eigentlich auch der Onshore-Hafen der Republik. Dank Arne Ehlers. Der 55-Jährige ist nicht nur der Vorsitzende der Hafenwirtschaftsgemeinschaft, er ist so was wie die Geheimwaffe der Energiewende. Ohne seine Firma Blue Water BREB könnten in Deutschland kaum neue Windparks gebaut werden.
Hafenerweiterung
Cuxhaven als zentraler Umschlagplatz für Windkraftanlagen
300 Schwertransporter stauten sich im Hafen
Empfindlich zu spüren bekommen hat das die Branche vor einem Jahr. Damals war die A27 zwischen Bremerhaven und Bremen mehrere Wochen voll gesperrt. Und binnen weniger Tage stauten sich 300 Schwertransporter im Cuxhavener Hafen. Die Stadt an der Elbmündung ist der größte Umschlagplatz für Windräder in der Republik. Vier von fünf Windrädern, die in Deutschland verbaut werden, kommen über Cuxhaven ins Land.

Rotorblätter, Windrad-Türme, Turbinen: Die Firma Blue Water BREB holt in Cuxhaven die tonnenschweren Bauteile für Windrad-Riesen vom Schiff und belädt die Schwertransporte. Foto: Firma Elbreklame
Ehlers‘ Firma erledigt die Abfertigung. Hievt die Rotorblätter oder Türme vom Schiff, lagert sie und verlädt sie wieder auf Schwertransporte. Die donnern dann nachts mit blinkenden Warnleuchten über die leeren Autobahnen. Überall dorthin, wo neue Windparks gebaut werden, in Deutschland, Österreich, Tschechien, der Schweiz. Zwischen 40 und 80 Transporten pro Nacht sind es in Spitzenzeiten, die Blue Water BREB in Cuxhaven auf die Reise schickt.
Zwischen Start-up und Seefahrer-Tradition
Der Firmensitz hoch oben im Havenhostel strahlt eine Atmosphäre zwischen Start-up und Seefahrer-Tradition aus. Junge Leute beugen sich über ihre Laptops, im Flur hängen Fotos vom Cuxhavener Hafen, ein Steuerrad und ein Maschinentelegraf erinnern an vergangene Zeiten. Arne Ehlers kommt aus einer Kapitänsfamilie. Auch er hat sein Patent in Leer gemacht und zehn Jahre lang Frachtschiffe über die Weltmeere gesteuert. 2000 ist er bei der Bremer Reederei E&B GmbH eingestiegen, 2003 wurde er Geschäftsführer, 2008 geschäftsführender Gesellschafter.
E&B transportierte vor allem Schnittholz für die skandinavische Holz- und Papierindustrie. Beim Bau des ersten deutschen Offshore-Windparks Alpha Ventus 2010 war die kleine Reederei, die an den Transport großer Teile gewöhnt war, auch dabei. Ihr Geschäftsführer hatte Blut geleckt. Dass seine Heimatstadt wie prädestiniert war für das Windkraft-Geschäft, war ihm klar. Cuxhaven liegt da, wo die Elbe in die Nordsee mündet. „Direkt am seeschifftiefen Wasser, zudem am Hauptschifffahrtsweg, alle großen Containerdienste fahren hier vorbei“, sagt Ehlers.
Masterplan Offshore für Cuxhaven geschmiedet
Zudem hat das Land Niedersachsen 2004 den Weg für Cuxhavens Offshore-Zukunft bereitet. Nachdem Wilhelmshaven der Stadt damals den Tiefwasserhafen weggeschnappt hatte, wurde ein Masterplan Offshore geschmiedet, der an der Elbmündung umgesetzt werden sollte. Hannover investierte über 100 Millionen Euro in eine neue Kaje und schwerlastfähige Hafenflächen.

Es steht fast alles voll: Cuxhavens Offshore-Hafen brummt. Donnerstag fiel der Startschuss für den Ausbau: 1,3 Kilometer Kaianlagen und 38 Hektar Hafenfläche kommen bis 2028 hinzu. Foto: Scheer
Der Hafen hat in Cuxhaven immer eine prägende Rolle gespielt. Früher verdiente man hier mal gutes Geld mit der Fischerei. Doch das ist lange her. Jahrzehntelang darbte die Stadt und machte vor allem Schlagzeilen mit ihrer Verschuldung. Die Wende kam mit Amrum-West. Der Offshore-Windpark, der 2015 vor der Insel Helgoland entstand, wurde zum Sprungbrett für die Stadt. Und für BREB. Cuxhaven wurde der Umschlagplatz für die riesigen Komponenten, die draußen auf See verbaut wurden. Und BREB organisierte als Generalagent für den Bauherrn, den Eon-Konzern.
2016 Blue Water BREB aus der Taufe gehoben
Zwei Jahre später kam der Weltkonzern Siemens. Seit 2018 baut Siemens in Cuxhaven seine Turbinen. Auch die hat Ehlers schon mal auf dem Firmengelände transportiert, verrät er. 2015 ist er mit seiner Reederei von Bremen nach Cuxhaven gezogen, ein Jahr später hob er zusammen mit dem dänischen Windrad-Logistiker Blue Water Shipping Blue Water BREB aus der Taufe. Eine Firma, die sich ganz auf die Abfertigung von Bauteilen spezialisierte, die so groß sind wie ein Einfamilienhaus oder so lang wie der Kölner Dom hoch ist.
Am Kai laufen die Vorbereitungen für die Entladung der LV Star. Nebenan liegen die Siemens-Turbinen wie Felsblöcke, dazwischen stapelweise Rotorblätter vom Weltmarktführer Vestas, Bauteile für die Windrad-Türme und Kräne, die in der Lage sind, die 30 Tonnen schweren Flügel der Windräder zu bewegen. Hafenmanager Ehlers kann es kaum erwarten, dass der Hafen wächst. „Wir haben hier keinen Platz mehr“, sagt er. Die Windkraft-Industrie ist international geworden. Die Rotorblätter, die die LV Star gebracht hat, kommen aus Indien. In Fernost werden sie weit günstiger produziert als in Europa - und kommen über Cuxhaven ins Land. „Von hier aus sind es nur eineinhalb Minuten zur Autobahn. Das ist unschlagbar“, sagt Ehlers und grinst.
Am Donnertag fiel der Startschuss für den Hafen-Ausbau
Am Donnerstag fiel der Startschuss für den Ausbau des Cuxhavener Hafens, Minister Olaf Lies (SPD) und Staatssekretär Stefan Wenzel (Grüne) reisen an. Fast 1,3 Kilometer Kaianlagen entstehen hier in den nächsten drei Jahren, 38 Hektar neue Hafenflächen. „Eigentlich“, sagt Ehlers, „brauchen wir weit mehr.“ Wenn die Offshore-Pläne des Bundes Wirklichkeit werden sollen, benötige man allein in Niedersachsen 200 Hektar zusätzliche Hafenflächen, erzählt er. Doch die 38 Hektar verschlingen schon 300 Millionen Euro. Jeweils 100 Millionen kommen von Bund und Land, die restlichen 100 Millionen steuern zwei Unternehmen bei, Ehlers‘ BREB und Cuxport, ein Zusammenschluss von Rhenus SE & Co und der Hamburger HHLA.
Ein Investment, das aus Ehlers‘ Sicht sein muss. „Sonst hätte das mit der Hafenerweiterung nicht geklappt“, sagt er. Mit sechs Leuten ist er hier vor zehn Jahren angefangen, auf 3 Hektar. Inzwischen sind es 30 Hektar und 100 Arbeiter. Zufrieden blickt der BREB-Geschäftsführer auf seinen nagelneuen Kran, der gerade eines der riesigen Rotorblätter vorsichtig vom Schiff hebt. „Wir in Cuxhaven sind hungrig“, sagt er, „wir wollen diese Industrie und diese Arbeitsplätze. Damit es den Leuten hier wieder gut geht.“