TDer Traum vom eigenen Geschäft: Nottensdorfer Paar hat es riskiert

Mit dieser Stickmaschine fing alles an: Anna Lena und Natael Rodriguez haben sich ihren Traum von der eigenen Textildruckerei erfüllt. Foto: Buchmann
Anbieter wie Spreadshirt dominieren den Online-Handel mit bedruckter Kleidung. Kann ein lokales Geschäft da mithalten? Ja, wie Familie Rodriguez an der B73 beweist.
Nottensdorf. Anna Lena und Natael Rodriguez hatten einen Traum: ihre eigene Modemarke gründen. Doch was braucht man dafür und was kostet der Einstieg in die Modebranche? Das Paar aus Nottensdorf investierte viel Zeit in die Recherche, besuchte sogar eine Produktionsfirma in Istanbul. Notwendiges Startkapital und Produktionsauflagen verpassten dem Traum zunächst einen Dämpfer. Doch Familie Rodriguez fand trotzdem ihren Weg ins Modegeschäft - mit einer eigenen Textildruckerei.
Direkt an der B73 gelegen, kommen täglich Tausende Autofahrer an dem unscheinbaren Laden am Töfenkamp vorbei. Im Inneren sind seit Januar Anna Lena und Natael Rodriguez zugange, umgeben von ratternden Stickmaschinen, Plottern und Druckpressen.
„Wir sind mit unserer Idee all-in gegangen“, sagt Natael Rodriguez. Die beiden wollten immer schon „etwas Eigenes“ machen, eigneten sich alles rund um Textildruck über Youtube-Videos an. Die 29-Jährige arbeitete bisher als medizinische Fachangestellte im Stader Elbe Klinikum, ihr Ehemann war zuletzt im Autohandel tätig.
Anfangszeit war eine Katastrophe
Der Startschuss für die Druckerei fiel bereits zwei Jahre zuvor - im Schlafzimmer ihrer kleinen Mietwohnung, wo die kleine Stickmaschine nach Feierabend noch bis spät in den Abend lief. Diese Zeit sei für die beiden eine „Katastrophe“ gewesen, sagt Natael Rodriguez. Es fehlte ein eigenes Arbeitszimmer, zudem zogen die beiden ihre kleine Tochter auf. „Man war immer im Arbeitsmodus“, ergänzt Anna Lena Rodriguez. Einen richtigen Feierabend oder ein Wochenende gab es für die beiden nicht.

Es braucht viel Feingefühl, um das Garn in die Stickmaschine einzusetzen. Foto: Buchmann
Was die beiden zum Weitermachen motivierte, war die Leidenschaft für Mode. „Wir wollten durch die Druckerei eigentlich genug Geld verdienen, um eine eigene Streetwear-Marke zu finanzieren“, sagt Natael Rodriguez. Die Produktionskosten in Deutschland seien jedoch zu hoch, in Ländern wie der Türkei verlangen die Produktionsfirmen hohe Abnahmemengen. „Das war uns zu riskant“, sagt er.
Der Traum vom eigenen Laden
Doch das anfangs reine Online-Geschäft mit bedruckter und bestickter Kleidung brummte, vor allem dank Mundpropaganda. „Unser Nachbar ist Fußballtrainer, das sprach sich schnell herum“, sagt Natael Rodriguez. Von Einzelstücken für Geburtstage, kleine T-Shirt-Auflagen für Junggesellenabschiede oder Arbeitskleidung für lokale Unternehmen: Das Geschäft wuchs weiter.
„Wir haben im Schlafzimmer zusammen überlegt, irgendwann einen eigenen Laden zu eröffnen“, sagt Anna Lena Rodriguez. 2024 ergab sich plötzlich die Gelegenheit: Ein kleiner Laden am Töfenkamp wurde frei. „Da haben wir zugeschlagen“, sagt Natael Rodriguez. Getreu dem Motto: Jetzt oder nie.

Vom Junggesellenabschied bis zur Arbeitskleidung: Druckaufträge bekommen Anna Lena und Natael Rodriguez zahlreiche. Foto: Buchmann
Doch der Online-Markt mit bedruckten Textilien ist umkämpft, Platzhirsche wie Spreadshirt oder Shirtinator setzen kleine Anbieter preislich unter enormen Druck. Ein Jahr lang haben die beiden Online-Preise recherchiert, an denen sie sich orientieren. Ihre Grundtextilien beziehen sie aus Kostengründen über den Großhandel.
Vorteile gegenüber den Großanbietern
Doch günstige Preise seien nicht alles. Denn Großanbieter fertigen häufig keine Einzelstücke an, im Gegensatz zu den Nottensdorfern. Auch können Kunden ihre eigene Kleidung zum Bedrucken vorbeibringen. Insbesondere die Stickerei sei sehr gefragt, weshalb das Ehepaar eine teure Industriemaschine anschaffte. Im Kundenservice setzen sie auf einfache Wege. „Die Kunden schreiben uns per Whatsapp an und schicken uns dort ihre Vorlagen“, sagt Natael Rodriguez.

Ein Blick in die kleine Druck-Werkstatt in Nottensdorf. Foto: Buchmann
Inzwischen ist die Auftragslage so stabil, dass die beiden Vollzeit davon leben können. „Es fühlt sich nicht an wie Arbeit, weil es so viel Spaß macht“, sagt Anna Lena Rodriguez. Auf lange Sicht liebäugeln die beiden schon mit einer eigenen Werkshalle und Angestellten. Und auch die Familie wächst weiter: Das zweite Kind soll im Sommer zur Welt kommen.