TDie CDU im Wahlkreis will auch die AfD-Wähler gewinnen

Die Kreis-CDU in Cuxhaven ist für den Wahlkampf gerüstet: Am Tisch Enak Ferlemann (links), Noch-Bundestagsabgeordneter, und Christoph Frauenpreiß, der für die Partei seine Nachfolge antreten soll. Unterstützung kommt vom Landespolitiker Claus Seebeck (hinten links) und Europapolitiker David McAllister.
Die Ruhe ist vorbei, jetzt richten sich alle Blicke auf die Bundestagswahl. Gleich zu Jahresbeginn teilt die CDU im Wahlkreis Cuxhaven-Stade II schon mal mächtig aus.
Cuxhaven/Landkreis. So siegesgewiss war die CDU selten. Nicht nur, was das Abschneiden der Bundespartei angeht. Der künftige Kanzler wird wahrscheinlich Friedrich Merz heißen, das prognostizieren alle Wahlumfragen.
Auch den Wahlkreis Cuxhaven-Stade II, den Enak Ferlemann vor gut drei Jahren noch überraschend an den SPD-Newcomer Daniel Schneider verloren hatte, sieht der langjährige CDU-Bundespolitiker wieder in den Händen seiner Partei. Er selbst tritt dabei nicht erneut an.
Hitziger Wahlkampf mit „Kaltstart“
Box- statt Samthandschuhe: Die CDU läutete in Cuxhaven mit markigen Worten den Bundestagswahlkampf ein. Allen voran Ferlemann. Nur ein Beispiel: Eine Koalition mit den Grünen nach einem möglichen CDU-Wahlsieg? Abwegig. Mit denen sei ein „Politikwechsel“ nicht machbar. Aber gerade eine solche Abkehr von der Chaos-Politik der ausgeschalteten „Ampel“ sei notwendiger denn je.
Der Cuxhavener Christoph Frauenpreiß soll es für die CDU im Kreis Cuxhaven und dem Stader Nordkreis richten. „Davon gehen wir aus“, sagt Ferlemann zum Direktmandat für Frauenpreiß, der es mit eben jenem Daniel Schneider (SPD) zu tun bekommt.
Nach einem „Kaltstart“ folge auch gleich die heiße Phase bis zum Wahltag - ließ Ferlemann keine Zweifel aufkommen, dass es sich am 23. Februar um eine Richtungswahl handele. Mehrfach fiel die Formulierung „klarer Politikwechsel“. Der sei nun einmal nur mit der CDU möglich; dessen sei sich die Partei auch bewusst. Und die CDU sei selbstbewusst, denn alles spreche dafür, dass sie mit großem Abstand stärkste Kraft im neuen Bundestag werde.
Stärkste Kraft? Vielleicht. Aber eine Regierungsbildung im Alleingang - quasi „CDU pur“? Gut möglich, sagt Ferlemann optimistisch, der seit 2002 im Bundestag sitzt, als gut vernetzt gilt und unter drei Ministern im Verkehrsministerium als Parlamentarischer Staatssekretär tätig war.
Heftige Kritik an Bürgergeld-Regelung
Ferlemann sieht viele Baustellen, die die noch amtierende, aber gescheiterte Ampel-Koalition hinterlasse. Dazu zähle eine desolate Wirtschaftsbilanz ebenso wie die Benachteiligung von Kommunen und die eklatanten Defizite bei der Pflege-, Kranken- und Rentenversicherung. Versagen wirft er dem Kabinett um Bundeskanzler Scholz unter anderem auch beim „Bürgergeld“ vor: „Es kann nicht sein, dass so mancher Bürgergeld-Empfänger Arbeitnehmern sagt: Schön blöd, dass ihr zur Arbeit geht.“
Der CDU-Kreisvorsitzende in Cuxhaven spricht von einer „Rosskur“, die Deutschland benötige, um wieder auf die Füße zu kommen: „Es werden auch Entscheidungen fallen und zwangsläufig getroffen werden müssen, für die es keinen Applaus gibt, aber die notwendig sind.“ Die CDU sei bereit, einen solchen Kurswechsel vorzunehmen. Aber als Solist oder im Zusammenspiel mit einer anderen Partei? Die Frage nach einem Wunschpartner beantwortet Ferlemann erwartungsgemäß mit „FDP“. Doch ob die wieder in den Bundestag einzieht, ist unklar. So wie auch bei anderen Parteien wie den Linken.
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Die Wahlerfolge der AfD bereiten Sorgen
Wenn man CDU-Politik wolle, dann müsse man auch CDU wählen. Dazu gehöre es auch, potenzielle Wählerinnen und Wähler zu bewegen, ihr Kreuz nicht bei Parteien wie der AfD zu setzen: „Es hilft nichts, wenn man nur aus Protest AfD wählt. Mit dieser Partei wird niemand im Bundestag eine Regierung bilden.“
Der Erfolg der Rechtspopulisten ist das Schreckgespenst für alle Demokraten. Die Konsequenz daraus für die Kreis-CDU in Cuxhaven: „Wir müssen so stark werden wie möglich“, so Ferlemann. Nur aus einer Position der Stärke heraus könne die CDU in Koalitionsverhandlungen ihre Politik durchsetzen.
Das bedeute auch, dass man die AfD-Wähler gewinnen müsse. Sein Landtagskollege Claus Seebeck sieht das ähnlich. Die CDU sei in den vergangenen zwei Jahrzehnten weit in die Mitte gerückt, sagt der CDU-Mann aus Flögeln. Jetzt gelte es, das Konservative wieder herauszuarbeiten. Zudem müsse man den Wählern klarmachen: „Jede Stimme für die AfD ist eine verlorene Stimme.“ Denn die AfD werde nicht an die Regierung kommen, folglich werde sich für enttäuschte Bürger gar nichts ändern.
Was die CDU beispielsweise ändern will, machte der Bundestagskandidat Frauenpreiß, im zivilen Leben Agrarberater bei der Volksbank, deutlich. „Wir brauchen eine Landwirtschaftspolitik mit Realitätssinn. Der beste Tier- und Naturschutz wird auf den Höfen gemacht“, betonte er.
McAllister: „Enthaltung ist keine Haltung“
Welche Bedeutung die Bundestagswahl hat, unterstrich auch der CDU-Parlamentarier David McAllister aus Bad Bederkesa. „Deutschland kann es sich nicht leisten, auf dem europäischen Parkett keine führende Rolle mehr zu spielen.“ Er sprach von einer politischen „Leitnation“, die aber in den Jahren unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) sich bei wesentlichen Fragen lieber enthalte, als Farbe zu bekennen: „Enthaltung ist aber keine Haltung.“