TKleine Sensation in Buxtehudes katholischer Pfarrei

Mit Katrin Sobanja hat jetzt eine Frau die pastorale Leitung der Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt Buxtehude übernommen. Foto: Richter
Das gab’s im katholischen Bistum Hildesheim noch nie. Doch der Mangel an Priestern macht innovativ und Katrin Sobanja zur pastoralen Leiterin in Buxtehude.
Buxtehude. Das Zölibat ist out. Kaum jemand will noch Priester werden. Im Bistum Hildesheim, zu dem St. Mariä Himmelfahrt Buxtehude gehört, ist aus sechs Jahrgängen nur ein einziger Priesterkandidat hervorgegangen.
Das hat eine kleine Sensation zur Folge: Katrin Sobanja, früher Gemeindereferentin, hat die pastorale Leitung übernommen. Im Bistum Hildesheim ist sie die erste Frau an der Spitze einer katholischen Pfarrei.
Pfarrer Pawellek will weitermachen, bis er 70 ist
Dabei hat die Pfarrei sogar noch einen Priester. Pfarrer Johannes Pawellek ist 68 Jahre alt und gewillt, weiterzumachen, bis er 70 ist. Für die Buxtehuder will er aber nur noch als Seelsorger da sein. Schließlich kümmert er sich neben der Buxtehuder Pfarrei, zu der auch Harsefeld und Neu Wulmstorf und damit 8000 Mitglieder gehören, auch um die Pfarrei Heilig Geist Stade mit 9500 Seelen.
Seit Mittwoch ist offiziell, dass weitere hinzukommen: Pfarrer Matthias Balz verlässt die Pfarrei Buchholz Ende Oktober. Die drei Pfarreien Buxtehude, Stade und Buchholz werden künftig einen großen pastoralen Raum bilden, der von einem Seelsorge-Team begleitet wird. Ein großer Umbau ist im Gange.
Mathematiker übernimmt wirtschaftlich-juristischen Part der Leitung
Die wirtschaftlich-juristische Leitung in Buxtehude hat Klaus Mayer übernommen. Der Mathematiker und Betriebswirt macht das ehrenamtlich, er wird aber von zwei Hauptamtlichen unterstützt. „In Buxtehude sind wir so aufgestellt, das wir das zusammen stemmen können“, sagt Katrin Sobanja. Zum Beispiel bereitet ein Team von 20 jungen und älteren Ehrenamtlichen Jugendliche schon seit Jahren mit Unterricht und Fahrten auf die Firmung vor.

Das Buxtehuder Pfarrei-Leitungsteam: Dorothee Schlegel, Mathias Mertens, Juliane Gresch, Katrin Sobanja, Klaus Mayer und Johanna König. Foto: St. Mariä Himmelfahrt
15 bis 20 Ehrenamtliche mit liturgischer Ausbildung gestalten Wortgottesdienste. Es sind Lehrer, Gynäkologen, Gärtnerinnen, IT-Fachleute, Hausfrauen - „,Menschen, die wissen, was hier passiert und ihr Leben in die Gottesdienste bringen, mit Kindern, Familie, Stress, beruflichen Nöten“, erklärt Klaus Mayer. „Wenn die Tagesmutter Vera Schmidt einen Gottesdienst abhält, ist das etwas ganz anderes, als wenn das ein zölibatär lebender Mann macht“, erklärt Sobanja.
Auch die Pilgerherberge in Harsefeld wird ehrenamtlich betreut, und es gibt eine ehrenamtliche Beerdigungsleiterin. „Die das tun, übernehmen den Auftrag, den wir als getaufte Christen haben, wirklich“, sagt Klaus Mayer. Dabei bekämen sie auch etwas zurück - den Dank der Angehörigen, die selbst bemalte Tasse von einem Kind.
Vor der Kirche weht die Regenbogenflagge
Katrin Sobanja selbst hat schon viele Gottesdienste begleitet und für Paare, die sich nicht trauen lassen können, Gottes Segen erbeten - nicht umsonst weht vor der Buxtehuder Kirche die Regenbogenflagge. Mit Pfarrer Pawellek habe all das immer gut funktioniert. Doch was, wenn nach ihm ein konservativer Priester kommt, der das nicht mittragen kann? Die Buxtehuder dachten darüber nach, denn sie haben inzwischen einen anderen Ansatz, sagt Mayer: „Unser gesamtes Gemeindeleben hat sich wieder zu einer urchristlichen Grundhaltung entwickelt. Zurück zu den Wurzeln.“

Kirche St. Mariä Himmelfahrt in Buxtehude. Foto: Richter
Bischof Dr. Heiner Wilmer zeigte sich offen. Er sieht Buxtehude als Zukunftsmodell und gab sein Okay, ein neues Leitungsmodell zu erproben. Sie sind stolz darauf. „Das ist keine Amtskirche, das ist lebende Gemeinschaft“, sagt Katrin Sobanja. Ihre Rolle sei unter anderem, „zu sehen, welche Menschen es gibt, welches Charisma sie haben, wo sie ihre Fähigkeiten entfalten können“. Für Sakramente wie Eucharistie, Taufen, Eheschließungen, Beichte, Firmung oder letzte Ölung werde auch in Zukunft ein Priester kommen. Aber dafür müsse eben nicht mehr jede Gemeinde einen haben.
Die Kirche spart sich den Priester, nicht das Geld
Dabei geht es nicht ums Sparen, sagt Klaus Mayer: „Im Vordergrund steht nicht, den Apparat Kirche am Laufen zu halten. Wir wollen denjenigen, die mit Menschen arbeiten, die Basis dafür schaffen.“ Die Kirchensteuer fließe ihnen unvermindert zu, die hauptamtlichen Mitarbeiter bleiben. Gespart werde der Priester, nicht das Geld. Dem bald drei Pfarreien umfassenden pastoralen Raum Buxtehude-Stade-Buchholz soll dennoch bald ein neuer Priester zugeordnet werden.

Beim Gottesdienst in St. Mariä Himmelfahrt beten Gemeindemitglieder und Pfarrer um Gottes Segen für ihre Arbeit. Foto: St.Mariä Himmelfahrt
Bei Gebäuden geht es aber schon ums Sparen - Geld und Energie. Im Prozess Zukunftsräume soll im Bistum Hildesheim mit jeder der 119 Pfarreien ein inhaltliches Konzept und daran orientiertes Gebäudekonzept entwickelt werden. Stade steckt mitten im Prozess, Buxtehude hat ihn abgeschlossen. Eine Steuerungsgruppe von 20 Ehrenamtlichen aus Buxtehude, Harsefeld und Neu Wulmstorf hat sich fünf Jahre damit befasst.
Viele Kirchen wurden in der Nachkriegszeit in Windeseile hochgezogen, um den Flüchtlingen aus katholischen Gebieten eine geistliche Heimat zu geben. Heute ist die Bausubstanz marode. Hinzu kommt, dass die Kirchen nicht mehr so voll werden wie früher. Die katholische Kirche in Niedersachsen verzeichnete 2023 eine Rekordzahl an Austritten.
Buxtehude: Kirchenraum wird in zwei Etagen geteilt
Auch die Sonntagspflicht nehmen viele nicht mehr so ernst. Dafür kommen Gottesdienste in neuen Formen gut an. „Gemeinde findet bei uns an vielen Orten statt, nicht nur in der Kirche“, sagt Katrin Sobanja. Das Ergebnis des Zukunftsräume-Prozesses in Buxtehude: Die Kirche soll erhalten werden, das Gemeindezentrum dort einziehen. Dazu wird der große Kirchenraum mit dem Zeltdach in zwei Etagen geteilt: oben Gottesdienste, unten Gemeinde. Die Gebäude des bisherigen Gemeindezentrums werden abgegeben. Im Rahmen der von der Stadt geplanten Neugestaltung des Stadtteils beteiligt sich die Kirche an einem integrierten Prozess.
Kirchen in Neu Wulmstorf und Harsefeld sollen verkauft werden
Auch die einst für 30 Jahre erbaute, aber nun 60 Jahre alte Fertigteil-Kirche St. Michael in Harsefeld wird verkauft. Es gibt Gespräche mit Interessenten, aber noch nichts Spruchreifes. In Neu Wulmstorf soll die Kirche abgegeben werden und das Gemeindezentrum bleiben. „Auch die Gemeinde in Harsefeld wird weiterexistieren“, betont Sobanja. Dort gibt es eine Gruppe, die sich verantwortlich um Gebetszeiten und -orte, Kommunionsfeiern und Räume kümmert. „Es geht um die Nachfolge Christi, und die hat nichts mit Gebäuden zu tun. Was spricht gegen Kneipengottesdienste?“, sagt Klaus Meyer.

Die römisch-katholische Heilig-Geist-Kirche im Stader Stadtteil Campe wurde 1959/1960 gebaut. Foto: Richter

Die St.-Josef-Kirche in Stade mit dem angeschlossenen Altenheim. Foto: Richter