TDie wiederkehrenden Toten im Schwedenspeicher

Kuratorin Julia Schubert und Museumsdirektor Sebastian Möllers blicken auf eine Grabsituation. Foto: Bisping
Was haben Vampire und Zombies mit archäologischen Funden zu tun? Wie lassen sich Bestattungen deuten, die Ungewöhnliches zeigen, die abweichen von dem Gewohnten? Diesen und weiteren Fragen spürt die neue Ausstellung im Schwedenspeicher nach.
Stade. Eine nachgestellte, ungewöhnliche Grabsituation, wie sie Archäologen vorgefunden haben, zeigt einen gepfählten Leichnam. Es könnte sich um jemanden handeln, dessen Rückkehr als Untoter damals gefürchtet wurde. Der, um genau das zu verhindern, an die Erde gepflockt wurde. Oder sollte ihm der Übergang ins Jenseits verwehrt werden? Ist diese Abweichung auch gleichzeitig eine Ausgrenzung? Damit beschäftigt sich die Ausstellung „UNTOT. Archäologie BISS Popkultur“ im Schwedenspeicher.
Direkt am Eingang hängen zwei große Porträts. Sie zeigen Christin Leibing, eine Künstlerin, die sich selbst der schwarzen Szene zuordnet. Christin Leibing habe eine Magisterarbeit über Angst geschrieben und leide selbst unter Angststörungen, erläutert Julia Schubert, die Kuratorin der Ausstellung. Doch wie werden Ängste in Fiktiv-Situationen erlebt? Und was bedeutet Grusel?
Zwischen archäologischen Funden und Fiktion
Er kann eben ausgelöst werden durch die Vorstellung von wiederkehrenden Toten – in heutiger Zeit ein Thema, das sich vor allem in der Literatur, in Filmen, Serien und Spielen wiederfindet. Die Untoten suchen die Lebenden heim, als Vampir, Zombie, als Wiederkehrer oder Nahverzehrer. Sie rauben den Menschen die Lebenskraft, trinken ihr Blut oder bringen Seuchen über sie.
Die Ausstellung geht den wiederkehrenden Toten im deutschsprachigen Raum nach und welche Maßnahmen gegen sie ergriffen wurden. Sie zeigt eine Auswahl von Grabsituationen, begleitet von archäologischen Zeugnissen vom 10. bis 19. Jahrhundert. Darunter sind Bestattungen aus Harsefeld, Riensförde, Ohrensen und der Hansestadt Stade. Aber auch aus der Schweiz, aus Büren an der Aare im Kanton Bern. Dort wurde 1997 bei Grabungen ein bedeutender Wallfahrtsort aus dem 13., 14. Jahrhundert, das Marienheiligtum in Oberbüren, wiederentdeckt – mit Kleinstkinder-Skeletten.
Totgeborene wurden wieder zum Leben „erweckt“
Es handelt sich dabei um Fehlgeburten oder Neugeborene, die so schnell verstarben, dass sie noch nicht getauft werden konnten. An diesem Ort wurden die Totgeborenen oder früh Verstorbenen „wiedererweckt“. Ihre Körper wurden erwärmt und eine leichte Feder über den Mund gelegt. Sobald sich die Feder ein wenig bewegte, wurden die Kinder als lebend erklärt und konnten getauft werden. Bestattet wurden sie anschließend in der Umgebung der Wallfahrtskirche. „Dafür wurde Geld genommen“, sagt Julia Schubert. Im Schwedenspeicher handelt es sich um eine Nachstellung der Grabsituation – es sei eine berührende Situation, sagt Museumsdirektor Sebastian Möllers.
Neben den archäologischen Funden sind viele Exponate aus der Popkultur zu entdecken. Da stehen in einem Regal beispielsweise verschiedene Dracula- und Vampirfiguren. An Monitoren sind Spielszenen zu sehen. So auch aus „The Elder Scrolls V: Skyrim“. Hier spielen Draugr eine Rolle, Untote aus der isländischen Mythologie. Auch Filmszenen, Fotos und Filmplakate gibt es zu entdecken.
Flankiert wird die Ausstellung mit öffentlichen Führungen und Sonderveranstaltungen wie dem Zombie-Donnerstag, der erstmals am 9. November stattfindet. Die Ausstellung selbst ist bis 1. April 2024 zu sehen. Weitere Infos unter www.museen-stade.de.

Eines der Selbstporträts von Christin Leibing, die in der Ausstellung zu sehen sind. Foto: lilachris