TDieses Kreuzfahrtschiff ist nicht schneller als ein Fahrrad

Die "Thurgau Saxonia" vor der Kreuzreise zu den Weihnachtsmärkten der Region. Hotelmanager Martin Lenzlinger zeigt eine Kabine. Foto: Scheschonka
Eine solche Kreuzfahrt hat noch nie in Bremerhaven begonnen: Es geht an Weihnachtsmärkten entlang nach Münster. Weil das Schiff dabei nicht schneller fährt als ein Fahrrad, dauert die Reise sechs Tage. Die Stadt verfolgt damit ein besonderes Ziel.
Bremerhaven. Seit einem Jahr gehört die Stadt Bremerhaven dem Flusskontor an - einem Marketingverbund mehrerer Städte im Nordwesten, die Veranstalter für Flusskreuzfahrten für sich begeistern wollen. Nach Papenburg, Emden und Lingen traten Bremerhaven und inzwischen auch Bremen und Leer der Gemeinschaft bei. „Wir wollen jetzt richtig Fahrt aufnehmen“, verspricht Dennis Hillmer, der das Projekt leitet.
Im vergangenen Jahr steuerten acht Flusskreuzfahrer den Neuen Hafen an, am Mittwoch war die „Thurgau Saxonia“ für dieses Jahr das fünfte Schiff. Aber Dr. Ralf Meyer, Leiter des Referats für Wirtschaft, zählt schon mal auf, dass 2024 allein fünf verschiedene Schiffe Bremerhaven zum Ziel haben und einige auch mehrmals kommen wollen „Das Ziel von 30 Anläufen pro Jahr ist da“, sagt Hillmer.

Kapitän Harald Ludwig und Dr. Ralf Meyer, Leiter des Referats für Wirtschaft, freuen sich, dass es losgeht. Foto: Scheschonka
Damit das auch so kommt, müssen die Mitglieder des Flusskontors aber zunächst Geld in die Hand nehmen und selbst ein Schiff chartern, um zu zeigen, welche Reize Flüsse und Kanäle zwischen Weser und Ems bieten - und das weniger bei den Urlaubern als der Reisebranche. „Wir wollen die Reedereien auf den Geschmack bringen“, sagt Hillmer. Selbst in London habe er auf einer Fachtagung für das Fahrtgebiet geworben. Bei den Reedern sei er mit der Feststellung auf offene Ohren gestoßen, dass Flussreisen auf Weser und Ems und die sie verbindenden Kanäle sicher sind. Auf Rhein, Donau, Oder oder Elbe sei das nicht immer mehr der Fall - weil die Pegelstände dort schon mal zu niedrig seien, um zu fahren. Der Klimawandel sorge zunehmend für Einschränkungen, „deshalb werden Ems und Weser als Fahrgebiet attraktiver“, sagt Meyer. Das solle auch mit der adventlichen Flusskreuzfahrt bewiesen werden, für die das Schiff gechartert worden sei.
Schiff ist nicht einmal halb voll
Für die Reise der „Thurgau Saxonia“ entlang der Adventsmärkte wäre für 80 Passagiere Platz gewesen, mit 31 Gästen an Bord legte das Schweizer Schiff am Abend ab. „Wir hatten wenig Zeit, die Fahrt zu bewerben“, sagt Hillmer. Aber: Sogar zwei junge Frauen im Alter von 20 Jahren machen die Reise mit. Und eine 94-Jährige.
Das Durchschnittsalter der Gäste sei natürlich höher, sagt Kapitän Harald Ludwig. Auf dem Fluss zu reisen sei gemütlich, entschleunige, spreche eher die ältere Generation an. „Norddeutschland“, sagt der Kapitän, „hat doch sehr schöne Flusslandschaften.“ Sie könnten bei einer Geschwindigkeit von 12 Kilometern pro Stunde in aller Ruhe bewundert werden. Es bleibe aber auch genügend Zeit für Landgänge. Das sind nun die nächsten Tage vor allem Weihnachtsmärkte. Zum Auftakt wurde Verkaufsleiter Marc Reichelt von der Erlebnis Bremerhaven zum Gästeführer. Beim Bummel durch die „Bürger“ gab‘s für die Passagiere Mandeln und Prosecco und eine Fahrt im Riesenrad. Von Bremerhaven geht‘s per Schiff über Bremen, Papenburg, Emden, Leer und Lingen nach Münster - und in jeder Stadt über den Weihnachtsmarkt.
Für die „Thurgau Saxonia“ lag die Rennstrecke in diesem Jahr meist zwischen Amsterdam und Berlin, in der Regel seien die Fahrten ausgebucht gewesen, sagt der Kapitän. Auf jeder Reise hat er sein Schiff auch in Bremen angelegt, wo bereits 50 Flusskreuzliner pro Jahr Halt machen. Auch davon könne Bremerhaven profitieren, ist Meyer überzeugt.