TDohrmann‘s Hotel: Dieses Paar will das 165 Jahre alte Gebäude retten

Nicole und Jens von Elm wollen Dohrmann’s Hotel sanieren. Foto: Helfferich
Seit rund 30 Jahren steht Dohrmann’s Hotel in Hamelwörden leer. Zwei Mal fand es per Zwangsversteigerung neue Besitzer. Nun hat Jens von Elm es gekauft - und er hat Großes vor.
Hamelwörden. Nicole und Jens von Elm wollen das um 1860 errichtete Gründerzeithaus sanieren. „Ich bin verliebt in dieses Haus“, sagt Jens von Elm, „seit zehn Jahren fahre ich fast täglich an dem Gebäude vorbei. Ich wollte es unbedingt haben.“ Beim ersten Versuch im Oktober vergangenen Jahres ist der 44-Jährige zunächst gescheitert.
Damals wurde das ehemalige Hotel zwangsversteigert - das zweite Mal. Das Amtsgericht Stade hatte als Verkehrswert 13.000 Euro angesetzt. Doch nicht nur die Gemeinde Wischhafen musste als Bieter aussteigen, auch von Elm gab auf. Letztlich erhielt eine Leipziger Unternehmergesellschaft bei 62.510 Euro den Zuschlag für das Gründerzeithaus.

Ein Blick ins Treppenhaus offenbart den enormen Sanierungsbedarf. Foto: Helfferich
Die Enttäuschung sei groß gewesen, so von Elm. Doch schon einen Tag später entdeckte seine Frau Nicole das Haus bei einem Kleinanzeigenportal. Angeboten wurde es zur Miete an Selbstsanierer. Dabei sollte eine Staffelmiete gezahlt werden, die sich mit dem Sanierungsgrad von 100 auf 1200 Euro monatlich erhöhen sollte. Dem Mieter und Sanierer wurde ein Vorkaufsrecht eingeräumt, zum Preis von 99.999 Euro.

Unmengen an Dämmmaterial müssen fachgerecht entsorgt werden. Foto: Helfferich
Gemeinde Wischhafen verzichtet auf Vorkaufsrecht
Jens von Elm fuhr im November nach Essen und verhandelte. Für 95.000 Euro kaufte er das Objekt und startete sofort mit der Sanierung. „Ich bin ein hohes Risiko eingegangen“, so der 44-Jährige, „denn die Gemeinde Wischhafen hatte das Vorkaufsrecht.“ Deren Plan war, das Gebäude abzureißen und in der Ortsmitte einen Platz mit Parkmöglichkeiten und Aufenthaltsqualität zu schaffen. Die Gemeinde verzichtete, so dass das ortsbildprägende Gebäude erhalten bleibt.
Seit einem Monat steht nun das Baugerüst, um das Dach sanieren zu können. Balken müssen ausgetauscht und die Deckung erneuert werden. Danach soll Photovoltaik aufs Dach. Doch jetzt hat von Elm es erst einmal mit einer Plane dicht gemacht. Wild gewachsene Bäume an der Straße mussten wegen Kipp-Gefahr gefällt werden. Nicole von Elm rodete Brennnesseln und Brombeerhecken. Der Wildwuchs hatte auch die Eingangstreppe durchdrungen. Wildwuchs sogar bei der Eingangstreppe.
Foto: Helfferich
Jede freie Minute verbringt von Elm auf der Baustelle
In jeder freien Minute fährt Jens von der Elm nach Hamelwörden. In den ersten Monaten entkernte er das alte Gemäuer, klopfte den Putz von den Wänden und riss marodes Dämmmaterial heraus. „Wir haben bisher 50 Tonnen Bauschutt rausgeholt“, erzählt er. Auch die Fußböden sind schon größtenteils entfernt. „Die alten Bohlen werden gegen 25 Millimeter starke USB-Platten ausgetauscht, als Unterlage, auf die noch Dämmung und Trockenestrich kommt“, erklärt von Elm.

Wohnungen sollen zum Teil über zwei Etagen gehen. Foto: Helfferich
Die Außenwände werden von innen gedämmt, damit die Fassade erhalten bleibt. „Wir erneuern nur die Fugen“, so von Elm. Die Fenster sollen wieder durch zweiflügelige ersetzt werden, aber ohne Querstreben. Auch denken Nicole und Jens von Elm darüber nach, die drei Wohnungen im ersten Stock jeweils durch eine Treppe mit dem Dachgeschoss zur Maisonette zu erweitern. Dafür müssten sie noch einen Bauantrag stellen. Ansonsten sollen die bisherigen Grundrisse übernommen werden. Insgesamt sind es sechs Wohnungen, rund 500 Quadratmeter Wohnfläche, die vermietet werden sollen.
Zwangsversteigerung
T Dohrmann’s Hotel wird bei Kleinanzeigen angeboten
Rund eine halbe Million Euro plus Eigenleistung werde die Sanierung kosten, schätzt Jens von Elm. Er weiß, auf was er sich eingelassen hat. Seine Firma mit Sitz in Belum heißt JVE Facility Management und hat sich auf Altbausanierung spezialisiert. „Das macht am meisten Spaß, weil man nie weiß, was man als Nächstes entdeckt“, sagt er. So musste er zu Wochenbeginn einen der Schornsteine abbauen, weil er abzustürzen drohte.
Einst ein Saal mit Galerie und Musikempore

Dohrmann’s Hotel um die Jahrhundertwende. Foto: © Boris Ksoll - IT-K.I.S.S.
Um 1860 hatte Paul Johann Dohrmann - Kapitän, Kaufmann und Reeder - das Anwesen errichtet. Anfänglich wurde es als Hotel genutzt, danach über viele Jahre als Familiensitz der Dohrmanns. Marlott von Löwis of Menar, eine Urenkelin, hat die Geschichte des alten Seefahrers und seines Hauses aufgeschrieben.
„Allein der Keller erhielt wohl bald zehn Räume: im Mittelpunkt eine Küche mit großem Herd, drum herum die Mädchenkammer, die Backstube, der Weinkeller, die Topfkammer, der Vorratsraum, Kartoffel- und Gemüsekeller... Über dem Erdgeschoss erstreckte sich ein Saal mit umlaufender Galerie und Musikempore.“

Dohrmanns Hotel ist eingerüstet. Foto: Helfferich
Zum letzten großen Glanz erstrahlte es 1910 für die Hochzeit von Johanne Marie Louise Dohrmann, der Enkelin von Paul Johann und Mutter von Marlott von Löwis of Menar. Als letztes Familienmitglied hatte Adelheid Dohrmann, eine Enkelin des alten Seefahrers, das Anwesen gehütet. Mit 95 Jahren musste die letzte Namensträgerin der Sippe das Familiendomizil verlassen.
In den 1990er Jahren wurde das inzwischen verkaufte Gebäude zu einem Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen umgebaut, die von der Samtgemeinde als Unterkunft für Sozialfälle angemietet wurden. Doch langfristig konnte man sich nicht über die Konditionen einigen. Seither stand es leer.
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