TEhemalige HPS-Lehrerin: „Das war schon absurd, diese absolute Kontrolle“

Ingrid Buttler an ihrem Schreibtisch, wo auch ihr erster Roman entstand. Foto: Felsch
Wie schnell Menschen politisch verführt werden können, zeigt Ingrid Buttler in ihrem Roman „Vom Träumen und Kämpfen“. Die Buxtehuderin schöpft dabei aus eigenen Erfahrungen.
Buxtehude. Vieles habe sie mit ihrer Protagonistin Julia gemeinsam, sagt Ingrid Buttler. Als junge Studentin wollte auch sie die Welt nachhaltig verändern. Dazu musste man natürlich alles anders machen als die Großeltern und Eltern, die durch Nazi-Zeit und Krieg tief geprägt waren, sagt sie.
Das Leben für alle besser und gerechter zu gestalten, erschien Ingrid Buttler - und vielen ihrer Kommilitonen im Hamburg der 70er-Jahre - nur mit einer kommunistisch-maoistischen Organisation möglich. In der landet auch die Hauptfigur des Romans: Julia ist überzeugt davon, das Richtige zu tun, obwohl ihr von Anfang an einige Regeln völlig suspekt und überzogen vorkommen.
Wer mit wem Kontakt hat, wer wohin und mit wem in Urlaub fährt, sind Punkte, die sie nicht nachvollziehen kann. „Das war schon absurd, diese absolute Kontrolle“, sagt Ingrid Buttler, die sich damals aber längst nicht an alle Vorgaben gehalten hat.
Kritik am großen Mao? Nein!
„Es war ja nun nicht so, dass wir deshalb verhaftet oder erschossen wurden. Aber es war einem bewusst, dass wir nicht alles sagen durften, was wir wollten.“ Kritik am System ja, an der Parteiführung oder gar Mao, dem großen Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas, keineswegs.
Andersdenkende fanden keine Akzeptanz, ihnen wurde schnell kleinbürgerliches Denken unterstellt, selbst wenn es um Gewalt ging. Aber die Gehirnwäsche funktionierte auch hier. Wer Gewalttätigkeiten ablehnte, wurde belehrt, dass es eben nicht anders ginge, um eine menschenwürdige Gesellschaft zu schaffen.
Sätze wie „Kapitalisten müssen damit rechnen, an die Wand gestellt zu werden“, irritierten Ingrid Buttler dennoch enorm. Nicht nur ihr kamen damals Zweifel, die letztendlich - nach zehn Jahren - dazu führten, sich vom Kommunismus zu distanzieren - so wie ihre Protagonistin Julia. Dennoch ist nicht alles autobiografisch in dem Buch, betont die ehemalige Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Darstellendes Spiel.
Warnung vor radikalen Parteien
„Obwohl ich auch Spaß hatte und viel gelernt habe, würde ich mich heute nicht mehr so vereinnahmen lassen und das sollte auch niemand tun“, warnt Buttler. „Damals haben wir vieles einfach nicht gesehen. China war weit weg, wir haben das idealisiert, nicht genug hinterfragt“, sagt sie selbstkritisch. Das sei der Hauptgrund gewesen, ihre persönlichen Erlebnisse, die nicht nur die Erfahrungen mit dem Dogmatismus, sondern auch den äußeren Druck durch Berufsverbote betreffen, mitzuteilen.
Der Roman ist auch deswegen eine Herzensangelegenheit, weil Buttler in diesen Zeiten jungen Menschen klarmachen möchte, wie schnell man die falsche Richtung einschlagen und dabei in sektenähnlichen Strukturen landen kann. „Vielleicht gibt es ja auch Leute, denen es ähnlich erging wie mir“, sagt die Autorin, in deren Leben Politik immer eine große Rolle spielte. Heute engagiert sich Ingrid Buttler bei den Grünen.
Lesung im Kulturforum und in der Staatsbibliothek
Der Roman „Vom Träumen und Kämpfen“, Verlag Edition Contra-Bass, 18 Euro, ist ab sofort erhältlich. Die Autorin liest am heutigen Montag, 17. März, ab 19 Uhr, im Kulturforum am Hafen aus ihrem Buch vor. Tickets kosten 6 Euro. Eine weitere Lesung ist am Mittwoch, 19. März, um 19 Uhr in der Staatsbibliothek Hamburg. Der Eintritt ist frei.

Die Autorin mit ihrem Erstlingswerk. Foto: Felsch

Ingrid Buttler war Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Darstellendes Spiel. Foto: Felsch