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TEine Hommage an ein Kult-Auto: Enten-Treffen in Helmste

Thomas Derlien zeigt seine zweifarbige Dolly-Ente im Kleinformat.

Thomas Derlien zeigt seine zweifarbige Dolly-Ente im Kleinformat. Foto: Laudien

Charme und Retro-Feeling statt Chrom und Hightech. Die Leidenschaft zum 2 CV teilt Thomas Derlien mit anderen. Warum sie auf die Kult-Fahrzeuge abfahren.

Von Susanne Laudien Montag, 13.10.2025, 17:50 Uhr

Mulsum. Am vergangenen Wochenende machten Passanten in Helmste und Umgebung große Augen. Beim Enten-Treffen rollten etliche der beliebten Kultfahrzeuge mit der offiziellen Bezeichnung Citroën 2CV durch das Dorf. „Im Landkreis Stade gibt es meines Wissens die meisten Enten in Deutschland“, sagt Thomas Derlien.

70 Fahrer in der Enten-Clique

Der Mulsumer hat 2015 die Enten-Clique ins Rollen gebracht, zu der mittlerweile über 70 Fahrer und Fahrzeuge von Buxtehude bis Bad Bederkesa zählen. Derlien ist die treibende Kraft und organisiert regelmäßig die Ausfahrten mit ganz besonderen Strecken und Zielen - wie diesmal zum Brunch nach Helmste. Aber auch zu Ausstellungen in Museen und Landpartien über die Weser setzt sich die Enten-Kolonne in Bewegung.

Mitglieder der Enten-Clique trafen sich in Helmste.

Mitglieder der Enten-Clique trafen sich in Helmste. Foto: Derlien

Bei schönem Wetter wird das Faltdach aufgerollt, und dank des luftgekühlten Zweizylinder-Boxermotors, bei den letzten Baujahren mit 29 PS, kommt die Ente auf bis zu 115 Stundenkilometer. Bergab und mit Rückenwind wird das ultimative Fahrgefühl genossen. Viele Enten-Fahrer schätzten diese Entschleunigung schon in jungen Jahren.

Die Ente ist Kult

Wer einmal eine Ente fuhr, bleibt für immer Enten-Fahrer, sagen viele Mitglieder der Enten-Clique.

Sie fahren auf das Kultfahrzeug ab und profitieren von der gegenseitigen Hilfe bei technischen Problemen. „Wir haben zwei ehemalige Citroën-Meister dabei und außerdem einen großen Frauenanteil“, sagt Derlien. Besondere Gepflogenheit: Entenfahrer grüßen sich während der Fahrt. Also Klappfenster auf, Arm raus und die Hand zum Gruß mit gestrecktem Zeige- und Mittelfinger wie das Victory-Zeichen, das hier für 2CV steht.

1949 kam die erste Ente auf den Markt

Unterwegs legt die Enten-Clique gemütliche Stopps ein, etwa in Cafés, wo es Croissants und Café au lait gibt. Der 78-jährige Derlien schwärmt von den entspannten Enten-Fahrern in ihren gut gefederten Karossen mit Revolverschaltung. „Eine Konservendose, Modell freies Campen für vier Sardinen“ schrieb die satirische Wochenzeitung „Le Canard enchaîné“, als das erste Fahrzeug 1948 enthüllt worden war.

Überschaubar: Motor-Check bei der Ente von 1959.

Überschaubar: Motor-Check bei der Ente von 1959. Foto: Laudien

Thomas Derlien ist ein absoluter Autofreak. Der Mulsumer hält Vorträge über die Entwicklung von Ente und VW-Käfer, dokumentiert diese mit unterhaltsamen Filmen, Fotos und Erinnerungen an die Nachkriegszeit und die einstige Automobilbranche. Zudem schreibt er Artikel für Spezialzeitschriften wie „Der Entenschnabel“. Hierzu machte er etwa ein humorvolles Interview mit einer Ente. „Die Idee dazu sowie auch für meine Vorträge und die Ausfahrten mit der Enten-Clique fallen mir meistens nachts ein.“

Haus in Mulsum gleicht einem Automobil-Museum

Über 30 Jahre war Derlien für große Autokonzerne wie Porsche, VW und Audi als Berater tätig. Doch sein Herz schlägt nach wie vor für französische Fahrzeuge. Sein Haus gleicht einem Automobil-Museum. An den Wänden finden sich etliche Glasvitrinen mit Modell-Autos von Peugeot, Renault und vor allem Citroën: DS, Kleintransporter HY, diverse 2CV-Modelle, darunter auch die zweifarbigen Ausführungen Charleston und Dolly und die berühmte gelbe Ente aus dem James-Bond-Film.

In Glasvitrinen sind etliche Modell-Automobile geparkt.

In Glasvitrinen sind etliche Modell-Automobile geparkt. Foto: Laudien

Der Star aus einem James-Bond-Film hier im Kleinformat in Mulsum.

Der Star aus einem James-Bond-Film hier im Kleinformat in Mulsum. Foto: Laudien

Die Regale sind gefüllt mit Fahrzeug-Literatur, und es wimmelt von Accessoires made in France. Das Savoir-vivre, also die französische Lebensart, hat es dem Mulsumer angetan. Das Ehepaar Derlien fährt selbstverständlich mit seiner blauen 24-PS-Ente aus den 1970er Jahren in den Urlaub in die Provence. Ihr älteres Schätzchen von 1959 wird sorgsam gehegt und gepflegt, und den Citroën Méhari, ein knalloranges Strandfahrzeug, nutzen sie aufgrund der offenen Ladefläche auch gerne mal für Transporte.

Derliens Fuhrpark: zwei klassische Enten und in der Mitte das Strand-Auto Méhari.

Derliens Fuhrpark: zwei klassische Enten und in der Mitte das Strand-Auto Méhari. Foto: Laudien

Mit der Ente das Studium finanziert

Seit Thomas Derlien mit 18 Jahren seinen Führerschein machte, ist er überzeugter Enten-Fan und -Fahrer. „Wir haben früher kaputte Enten aufgekauft, repariert und wieder verkauft. Damit habe ich mir damals mein Studium finanziert“, erzählt der Betriebswirt. Was fasziniert ihn an diesem Fahrzeug? „Die Ente ist ein Statement, praktisch und genial gebaut, viel unkomplizierter als andere Autos und dank der simplen Technik auch günstiger.“

Fachliteratur und Fahrzeuge in den Regalen.

Fachliteratur und Fahrzeuge in den Regalen. Foto: Laudien

Vor allem in Deutschland galt die Ente als typisches Studentenauto und stand für eine Lebenshaltung, bei der Statussymbole keine Rolle spielen. Heute werden für das Kult-Auto Liebhaberpreise gezahlt.

Beim Enten-Treffen in Helmste.

Beim Enten-Treffen in Helmste.

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