TEine Rose für jede verbrannte Hexe: Schüler präsentieren Buxtehuder Geschichte
Im düster in Szene gesetzten Ratssaal zitieren Schülerinnen im Chor aus den Akten der Hexenprozesse. Foto: schumacher_annika.fotografie
Mitten in der Stadt, an Originalschauplätzen, setzten Schüler Buxtehudes Vergangenheit in Szene. Bei den Hexenprozessen wird es sehr ernst - und fast fließen auch Tränen.
Buxtehude. „Manche sagen, sie wurde vergiftet“, berichtet eine Schülerin vor der St.-Petri-Kirche. Sie und ihre Mitschüler wollen den Zuschauern ein historisches Ereignis nahebringen: die Übernachtung einer toten Königin von England in Buxtehude im Jahr 1821. Queen Caroline war unter skandalösen Umständen gestorben, berichten sie: „Die Ehe war unglücklich. Ihr Ex wollte sie loswerden.“
Schülerinnen der IGS Buxtehude berichten von der Übernachtung der toten Königin Caroline in der Petri-Kirche. Foto: schumacher_annika.fotografie
Ihr Ex - das war King George IV. Nach ihrem Tod wurde Caroline auf ihren Wunsch von England nach Braunschweig überführt, wo ihr Vater begraben liegt und ihr prunkvoller Sarg noch heute im Dom zu besichtigen ist. Die Reise führte über Buxtehude, wo Carolines Leichnam und sein Tross übernachten sollten.
Lokalgeschichte
T Verfolgung: Warum in Buxtehude mehr Hexen verbrannt wurden als in Stade
Die ganze Stadt geriet außer Rand und Band, sorgte für angemessene Unterkünfte und üppige Verpflegung des Sarg-Gefolges, Glockenläuten und Trauerdekoration in der Petri-Kirche. „Danach war die Stadt pleite“, sagt ein Schüler. Zwischen Magistrat und Kirche gab es auf jeden Fall noch lange Streit um offene Rechnungen.
Im Stadtarchiv recherchiert und mit Poetry-Slam vorbereitet
Die Petri-Kirche ist eine der Stationen, an denen Schülerinnen und Schüler der Integrierten Gesamtschule (IGS) Buxtehude ihr Projekt „Buxtehuder Geschichten“ aufführen. In Kooperation mit Stadtbibliotheksleiter Peter Jobmann haben die Lehrerinnen Antonia Etzold, Pia Fischer und Franziska Sopha-Kunst das Konzept mit Schülerinnen und Schülern der Fächer Darstellendes Spiel und Kunst in den 10. und 12. Klassen entwickelt. Sie haben an Stadtrundgängen und einem Poetry-Slam-Workshop teilgenommen, das Stadtarchiv besucht und mit Unterstützung des ehemaligen Stadtarchivars Bernd Utermöhlen intensiv recherchiert.

Vor dem Has- und Igel-Brunnen inszenieren die Schüler ein Buxtehude-Quiz. Foto: Richter
Daraus ist ein performativer Stadtrundgang mit neun Stationen entstanden, den die etwa 100 mitwirkenden Jugendlichen am Mittwoch erstmals öffentlich gezeigt haben. Sie spielten ihre selbst entwickelten lustigen oder skurrilen Geschichten aus Buxtehudes Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mitten in der Stadt, vor Mitschülern, aber auch vor Passanten, die stehenblieben, um zu sehen, was der Prinz mit der Krone am Busbahnhof macht, um Tänze und Quiz vor dem Has‘-und-Igel-Brunnen mitzuerleben oder den alten Flethenkieker lebendig werden zu sehen. Eine Station ist auch die Stadtbibliothek, wo Gemälde der Schüler Buxtehuder Ansichten zeigen.
Sprechchöre zitieren die Original-Akten der Hexenprozesse
Bei Passanten in Buxtehude kamen die gespielten Geschichten sehr gut an. Viele applaudierten spontan. Ein Highlight des Stadtrundgangs war eine Performance im historischen Ratssaal, wo sich eine Gruppe von Schülerinnen den Buxtehuder Hexenprozessen widmete. Im nur mit Kerzen erleuchteten Ratssaal zitierten sie aus den Original-Akten der Prozesse, die bis heute im Stadtarchiv lagern. 21 Frauen wurden in Buxtehude nachweislich angeklagt, 15 hingerichtet und 13 von diesen auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Dieses und andere Gemälde der Schülerinnen und Schüler sind in der Stadtbibliothek zu sehen. Foto: privat
„Mit dem Teufel getanzt“ - solche Sätze aus den Prozessakten tragen die Schülerinnen in rhythmisierten Sprechchören vor, die den Worten besondere Eindringlichkeit verleihen. Später, draußen auf dem Platz vor dem Rathaus, sprechen sie weiter. Dann sagen sie die Namen aller verurteilten 21 Frauen und legen für jede eine Rose nieder. Es ist ein bewegender Moment. Ein Passant, der zugesehen hat, sagt, dass ihm die Tränen kamen.

Eine Rose für jede hingerichtete Buxtehuder Hexe: Im und vor dem Rathaus haben Schülerinnen der IGS die historischen Hexenprozesse bearbeitet. Foto: Richter
Die IGS plant, den performativen Stadtrundgang oder Teile daraus zu wiederholen. Wie und wann steht aber noch nicht fest. Die Gemälde der Schüler sind ab sofort zu den üblichen Öffnungszeiten in der Stadtbibliothek zu besichtigen.

Begegnung mit einem Prinzen am Busbahnhof. Foto: Richter
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